Fehlender NDS-faehiger Netztreiber verzoegert Windows-95-Einsatz Win 95: BASF wagt den Sprung ins kalte Wasser

08.09.1995

HEIDELBERG (hi) - Wer braucht Windows 95? Waehrend fuer den Consumer klar zu sein scheint, dass er das neue Microsoft-Betriebssystem als Statussymbol der 90er Jahre auf seiner Festplatte haben muss, stellt sich der professionelle Anwender die Frage, ob die Kosten fuer einen Umstieg ueberhaupt gerechtfertigt sind. Mit einem klaren Ja hat man diese Frage bei BASF beantwortet.

Der Chemiegigant, der rund 20 000 PCs im Einsatz hat, will mittelfristig auf Windows 95 als Client-Betriebssystem umsteigen. Selbst Abteilungen, die bislang auf Macintosh-Rechner von Apple schworen, sollen zu Windows 95 migrieren.

Bisher hatte BASF Windows 3.x im Einsatz, das Dieter Geiss vom Zentralbereich Informatik und Informationstechnik jedoch als "eine Zeitbombe" bezeichnet. An den bisherigen Versionen bemaengelt er vor allem den chronischen Systemressourcen-Mangel sowie die komplizierte Bedienung der Netzkomponenten. Ein weiteres grosses Manko, so der BASF-Mitarbeiter, sei die Administration, die einen Vor-Ort-Service erfordere.

Dieses Problem will der Informatiker durch die in Windows 95 implementierte Moeglichkeit der remoten Administration loesen. Geiss, der mit Umstellungskosten von rund 30 Millionen Mark rechnet, hofft, dass durch die Installation des neuen Releases rund 50 Prozent weniger Vor-Ort-Besuche notwendig sein werden. Darueber hinaus schaetzt er vor allem die Connectivity-Moeglichkeiten von Windows 95 im Netz. So sei der Anschluss an Netware-3.x-Server gut geloest; besser sogar als die von Novell mitgelieferte Client- Software.

An Windows 95 im Enterprise Network gefaellt dem Informatiker vor allem, dass kein Laufwerk-Mapping mehr notwendig ist und beim Drucken im Netz die bisher uebliche LPT-Umleitung entfaellt. Zudem erleichtert die Universal Naming Convention (UNC) den Administratoren die Arbeit, da nun alle Netzkomponenten nicht mehr ueber kryptische Zeichenfolgen angesprochen werden muessen, sondern sich unter ihrem Namen (

server

share...) nutzen lassen. Positiv vermerkt man bei BASF auch, dass bei einem Netzausfall am PC problemlos weitergearbeitet werden kann.

Kopfzerbrechen bereitet hingegen, dass es momentan noch keinen NDS- faehigen Treiber fuer die Anbindung an Netware 4.x gibt, da das Unternehmen schon 16 Prozent seiner mehr als 250 Netware- Fileserver auf Netware 4.x umgestellt hat. "Deshalb" so Geiss, "koennen wir Windows 95 wegen der fehlenden Netware-4.x- Unterstuetzung nicht einsetzen, obwohl der Druck von der Basis unheimlich stark ist." Hier kann er nur auf Microsoft hoffen, da Anwender den Novell-Treiber, der sich derzeit im Alphastadium befindet, schlichtweg als ungeeignet bezeichnen.

Ein weiteres Problem sieht Geiss in den Hardware-Anforderungen von Windows 95, da bei BASF vom 286er mit 640 KB RAM bis zur 120 Megahertz schnellen Pentium-Maschine mit 64 MB Hauptspeicher alles im Einsatz ist. Allerdings ergaben sich in Versuchen mit 386SX- Rechnern, die mit 8 MB RAM ausgestattet waren, Ladezeiten von sieben Minuten. Deshalb haelt Geiss auch Microsofts Angaben, Windows 95 laufe auf einem 386er mit 4 MB RAM, fuer eine Fehlinformation.