Carsten Eickert antwortet

FAQ zum Thema Smart Grid

22.11.2010
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Data Center sollten dem Energiefluss folgen

CW: Wie könnte nun so ein Zusammenspiel in der Praxis aussehen?

EICKERT: Nehmen Sie Ihr künftiges Elektromobil als Beispiel. Tagsüber steht es in der Tiefgarage des Bürogebäudes und hängt zum Laden an der Steckdose. Es ist also Teil des Smart Grids und speichert nicht benötigte Energie zwischen. Abends zu Hause wird Ihr Fahrzeug dann ein Bestandteil ihres heimischen Micro Smart Grid und speist dort Energie ein, während Solaranlagen und Windkraft in der Nacht keinen Strom liefern. Das geht nur mit einer intelligenten Vernetzung, bei der alle beteiligten Komponenten miteinander kommunizieren.

CW: Okay, das betrifft den Consumer-Bereich. Wie wirken sich Smart Grids auf die Unternehmens-IT aus?

EICKERT: Immer mehr IT-Jobs werden in die Cloud verlagert, um die Aufgaben möglichst günstig zu erledigen. Nur, warum müssen diese Jobs in der Cloud zu den Hochlastzeiten erledigt werden, wenn der Strom besonders teuer ist? Weshalb verlagern wir in der Cloud nicht Rechenaufgaben in Zeiten, in denen es viel Strom gibt und so die Kosten sinken? Oder warum transportieren wir den Strom mit Verlusten über große Entfernungen zu den Rechenzentren? Effizienter wäre es, wenn die Data Center in der Cloud künftig der Energie folgen, etwa wenn bei der Gletscherschmelze in der Mittagszeit Wasserkraft zur Verfügung steht oder abends und morgens die Windkraftwerke an der Küste viel Strom erzeugen. Hierzu müssen wir die Cloud mit den Smart Grids verknüpfen. Dabei stellt sich die Frage, ob unsere heutige Art der Informationsverarbeitung diesem Modell gerecht wird. Oder benötigen wir neue modulare Softwareansätze, da es kaum sinnvoll erscheint, große Datenmengen über weite Strecken zu den Cloud-Zentren nahe der Energieerzeugung zu transportieren? Zumal wir die Energieeffizienz unsere Datennetze noch drastisch verbessern können, woran wir mit unserer Efficency-Initiative arbeiten.

CW: Das klingt in der Theorie alles überzeugend. Wie kann aber eine Volkswirtschaft damit ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern?

EICKERT: Nehmen Sie Deutschland als Beispiel. Wir haben heute in der Spitze einen Strombedarf von 70 Gigawatt. Nach Vorhersagen soll sich dieser Wert verdoppeln. Mit den bisherigen Konzepten müssten wir also neue Kraftwerke bauen. Gelingt es uns dagegen mit Smart Grids, Verbrauch und Erzeugung anzugleichen sowie mit Puffern wie Speicherseen die Spitzennachfrage abzufedern, dann benötigen wir dieses Kraftwerke nicht. Hier reden wir über ein enormes Sparpotenzial.