Sparen mit gebrauchten Geräten

Erste Wahl aus zweiter Hand

11.09.2003
Von Katharina Friedmann

Doch die Anschaffungskosten sind nicht das einzige Argument für die Secondhand- Hardware: Im Gros der Fälle lebt die Gebraucht-IT in Form von Einzelteilen in betagteren Gerätegenerationen weiter oder leistet als homogene Erweiterung in älteren Umgebungen ihren Dienst. „Genau hier setzen wir an“, beschreibt Ergotrade-Chef Winter. Zu Zeiten knapper Budgets entschieden IT-Manager nicht selten zugunsten einer - preiswerteren - Erweiterung nach bestehenden Gerätestandards, anstatt das Gesamtvolumen zu erneuern.

So auch die Erfahrung von Matthias Krönke, Gründer und Vorstand der Internetsalesforce AG, einem Dienstleister für Leasinggesellschaften, IT-Hersteller und Großunternehmen, der insbesondere Server und Workstations wiedervermarktet: Ersatzinvestitionen seien eines der Hauptmotive für Firmen, Gebraucht- IT zu kaufen. „Wir haben Kunden wie Siemens (die selbst Siemens-Rechner bei uns beziehen), Daimler- Chrysler oder Audi. Diese Unternehmen legen sich Gebrauchtgeräte nicht primär aus Kostengründen zu, sondern um die Homogenität ihrer Systemlandschaft zu bewahren.“

Last, but not least, kurbelt auch der aktuelle Trend hin zu Terminal- Server-Anwendungen den Absatz an. „Man fängt schon an zu überlegen, ob man als dummen Client mit niedrigen Leistungsanforderungen einen 800- Euro-PC einsetzt, obwohl es auch ein Gebrauchter für 150 Euro tun würde“, erklärt Winter von Ergotrade.

Nur mit gültiger Herstellergarantie

Eckart Reichle, Senior Consultant im Bereich Administration bei der Daimler- Chrysler Bank, nennt ein weiteres Motiv für den Erwerb von IT aus zweiter Hand: die Überbrückung einer technischen Erneuerungsphase. „Der Einsatz von Gebrauchthardware erfolgt nicht unbedingt als Kostensparmaßnahme, sondern auch aus technischen Gründen.“ So behilft sich die rund 1500 Mitarbeiter starke Tochter des Automobilkonzerns am Ende eines Technikzyklus’ mit Gebraucht-Servern. „Wenn die neue Maschinenlandschaft noch nicht verfügbar ist, muss die alte, die ja noch laufen muss, kreativ stabilisiert werden“, schildert Reichle die Lage kurz vor dem Umstieg auf eine neue Gerätegeneration. Die IT-Abteilung müsse in der Lage sein, auch Defekte in betagten Systemen zu kompensieren, da kompatible Ersatzgeräte einige Jahre nach Ablauf der Server-Produktionszeit je nach Hersteller nur noch sehr schwer zu beschaffen seien. „Da kann es trotz eines gewissen Notvorrats, den man sich für alle Eventualitäten zugelegt hat, zu Engpässen kommen“, erläutert der Senior Consultant des Finanzunternehmens.

Um sich bis zu der für April 2003 geplanten, schrittweisen Migration auf die neue Gerätegeneration „durchzuhangeln“, hat die Daimler-Chrysler Bank fünf gebrauchte Systeme verschiedener Hersteller ausgeschlachtet und die bestehende Server-Infrastruktur auf diese Weise aufgerüstet. Allerdings sei dieses Verfahren nur als Überbrückungsmaßnahme am Ende eines Technikzyklus’ bei Intel-basierenden Maschinen sinnvoll. „Bei Highend-Unix-Systemen kommt man mit Secondhand-Material kaum weiter“, schränkt Reichle ein.

Prinzipielle Zweifel an der Qualität von Gebrauchtgeräten scheinen mittlerweile weitgehend ausgeräumt. So sind es etwa beim Bellheimer Metallwerk gerade auch wichtige Bereiche, in denen die nicht mehr ganz jungfräuliche IT zum Einsatz kommt - laut DV-Leiter Albrecht genau dort, wo Investitionen dringend notwendig sind, das Geld aber derzeit nicht so locker sitzt. „Für die gleiche Summe hätten wir uns lediglich einen neuen Server zulegen können, zum Abfangen gewisser geschäftskritischer Prozesse wurden aber drei Systeme benötigt“, schildert der IT-Chef die Überlegungen. Allerdings kommen für viele Unternehmen nur Systeme mit gültiger Herstellergarantie in Frage. Solange diese noch nicht abgelaufen sei, erläutert Albrecht, könne man darüber hinaus noch einen wirtschaftlichen Wartungsvertrag abschließen. Das bedeute zwar einen Aufpreis, sei als zusätzliche Absicherung aber notwendig. „Wer an der Hardware und am Support spart, ist im Ernstfall handlungsunfähig“, warnt der IT-Chef des Bellheimer Metallwerks.

Restgarantie gibt Sicherheit

„Meist gibt es auf unsere aus der Vermietung stammenden Geräte, die in der Regel nur wenige Wochen oder Monate alt sind, noch eine Restgarantie vom Hersteller“, so Livingston-Manager Sulatycki. Wer etwa ein sechs Monate altes Gerät kaufe, habe demnach noch mindestens eineinhalb Jahre Anspruch auf Garantieleistungen. Grundsätzlich variiert die diesbezügliche Kulanz bei den Anbietern, die sich zwischen sieben Tagen und zwei Jahren für die Gebrauchten verantwortlich fühlen. Bei den meisten lässt sich die Garantie jedoch - gegen Aufpreis - gemäß Kundenwunsch verlängern.