Erste Eindruecke zu Star Office 3.0 Suite-Update zeigt Staerken im Bereich der Plattformvielfalt

17.11.1995

Von Michael Matzer*

Internationale Marktpraesenz fuer ihr "Star Office" versprach sich die Star Division GmbH von der Partnerschaft mit IBM. Doch der Traum ging nicht in Erfuellung: Nach der Uebernahme von Lotus hat Big Blue das Konkurrenzprodukt "Smartsuite" zum strategischen Bueropaket erklaert. Nun muessen sich die Hamburger wieder eigener Staerken besinnen - und dies ist in erster Linie die Multiplattformfaehigkeit.

Im Gegensatz zu MS-Office 95, Lotus Smartsuite 96 und Perfect Office 3.0 will die Star Division ihr Bueropaket plattformuebergreifend anbieten (Windows 3.1x, 95 und NT, OS/2 Warp, Power-Mac sowie verschiedene Unix-Derivate). Die Intel-Basis wird noch in diesem Jahr abgedeckt, die anderen Varianten folgen 1996. Anwender in heterogenen Netzen koennen ihre Daten immer in der gleichen Software-Umgebung austauschen. Auch OLE 2.0, In- place-Editing und Drag and drop sind leichter zu realisieren. Allerdings verfuegen die systemuebergreifenden Applikationen noch nicht ueber ein gemeinsames Dateiformat - dies will Star Division erst in der naechsten Version realisieren.

Der Integrationsgrad der Anwendungen in Star Office 3.0 soll etwa 60 Prozent betragen, nur 40 Prozent der Module benutzen also keinen gemeinsamen Code. Dadurch verringern sich die Ansprueche an die Systemressourcen: Auf der Festplatte sind rund 33 MB erforderlich, beim RAM mindestens 8 MB.

Das Paket besteht aus drei auch getrennt erhaeltlichen Hauptmodulen: Der Textverarbeitung "Star Writer", der Tabellenkalkulation "Star Calc" und der Grafikloesung "Star Draw", die Vektorgrafikzeichnen und Praesentationen ermoeglicht. Mit Hilfe der VBA-2-kompatiblen Makrosprache "Star Basic", die allen Applikationen zur Verfuegung steht, lassen sich die Anwendungen an die jeweilige Einsatzumgebung anpassen.

Die Module "Star Chart" (Geschaeftsgrafiken), "Star Org" (Organigramme), "Star Gallery" (Clipart-Verwaltung), "Star Math" (Formel-Editor), "Fontwork" (Schriftengestalter) sowie "Star Image" (Bildbearbeitung) sind von allen drei Programmteilen aus erreichbar. Eine Dokumentenverwaltung rundet das Paket ab. Zusaetzliche Multimedia-Dateien und Schriften werden auf einer Doppel-CD-ROM unter der Bezeichnung "Star Media" zu einem Preis von rund 100 Mark angeboten.

Im Update von Star Writer gibt es einige Detailverbesserungen wie den Absatzformatgestalter, den Navigator und das WYSIWYG mit Doppelseitenvorschau. Die Autoformat-Funktion laesst sich nun auf Tabellen anwenden. Moeglich ist auch, dass man Textbereiche mit Namen versehen und so schuetzen kann oder ueber Hyperlinks zu bestimmten Textstellen etwa in Formularen gelangt. Bemerkenswert sind die Funktionen Wasserzeichen und Initialen. Letztere sind skalierbar, zum Beispiel wenn sich der Zeilenabstand des Fliesstextes aendert. Star Writer liest und schreibt das HTML-Format (World Wide Web), auch die Konvertierung in das eigene Format klappt gut.

Die Tabellenkalkulation Star Calc verfuegt ueber diverse Funktionen fuer automatisierte Ablaeufe: so etwa das logische Auffuellen leerer Felder (Autofill) und die Tabellengestaltung nach Vorlagen (Autoformat). Es laesst sich auf SQL-Datenbanken zugreifen, ausserdem stehen High-end-Funktionen wie Solver, Szenarien-Verwaltung oder Pivottabellen zur Verfuegung. Der "Detektiv" unterstuetzt beim Verfolgen und Aufzeigen von Kalkulationswegen. Ueber eine Add-in- Schnittstelle kann der Benutzer beliebige Module in Star Calc nachruesten. Das Spreadsheet beherrscht die objektorientierte Bedienung mit automatisch wechselnden Objektleisten und dem stets passenden Objektmenue auf der rechten Maustaste.

Um eine konkurrenzfaehige Professional-Variante von Star Office 3.0 offerieren zu koennen, ist der Hersteller gezwungen, seine Dbase- kompatible Datenbank "Star Base 2.0" auf eine relationale Datenbank umzustellen. Dies erfordert einige Entwicklungsarbeit, so dass mit dem Release 3.0 nicht vor Januar 1996 gerechnet wird.

Fuer Windows und OS/2 kostet das Vollprodukt der Suite (ohne Datenbank) rund 500 Mark, die Updates sind fuer 300 Mark erhaeltlich.

Solar ebnet den Weg zum Betriebssystem

Das "Geheimnis" der Multiplattform-Faehigkeit von Star Office steckt hinter einer vom Hersteller als "Solar" bezeichneten Layer- Technik. Wesentlicher Bestandteil dieses Schichtenmodells ist "Star View", eine Sammlung Betriebssystem-spezifischer Klassenbibliotheken mit Funktionsaufrufen, die direkt auf die APIs der jeweiligen Plattformen zugreifen. Darueber liegt ein sogenanntes "Application Framework", das aus einem Star-Basic- basierenden Funktionsbaukasten verschiedene Systemfunktionen wie Dialoge, MAPI und Drucken bereitstellt. Die Verbindung zu den eigentlichen Applikationen beziehungsweise programmspezifischen Teilen uebernimmt ein Software-Bus, der die Ablaufsteuerung regelt.

*Michael Matzer ist freier Autor in Herrsching bei Muenchen.