ERP-Trends

ERP-Systeme - zu langsam für das Business?

07.12.2011
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Das ERP-Problem

Die meisten ERP-Systeme sind von ihrer Historie her viel zu statisch und zu starr. Service-orientierte Architekturen (SOA) haben dies noch nicht hinreichend gelöst. Anpassungen im Zuge einer Business Transformation fallen den Firmen nach wie vor schwer. "ERP muss zum Technologie- und Innovationshebel werden und darf kein Hinderungsgrund für erforderliche Business Transformationen mehr sein", mahnt Heinen.

Professor Arnold Picot: "ERP-Systeme können nur begrenzt unternehmensübergreifend arbeiten."
Professor Arnold Picot: "ERP-Systeme können nur begrenzt unternehmensübergreifend arbeiten."

Viele ERP-Systeme wurzelten entwicklungsgeschichtlich in der industriellen Welt, erläutert Arnold Picot, Professor und Leiter des Instituts für Information, Organisation und Management an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Für andere Bereiche wie Wissens-Management und Dienstleistungen, die für die Wertschöpfung immer wichtiger würden, seien diese Applikationen nur bedingt tauglich. Heute gehe es vor allem darum, Information und Kommunikation innerhalb der Unternehmen, aber auch mit Kunden und Partnern richtig zu steuern. Diese Prozesse seien üblicherweise nicht in den Referenzarchitekturen der ERP-Anbieter hinterlegt. "ERP-Systeme können nur begrenzt unternehmensübergreifend arbeiten", so Picots Fazit. Dabei stellten gerade die Vernetzung mit Kunden und Partnern sowie der damit zusammenhängende Datenaustausch eine der größten IT-Herausforderungen dar, der sich Unternehmen heute stellen müssten.

Doch das sei dem Management oft gar nicht bewusst, warnt FIR-Experte Schoth. "Viele Firmenlenker nehmen gar nicht wahr, wie wichtig ERP für ihr Unternehmen ist." Letztlich steuere das ERP-System aber sämtliche grundlegenden Prozesse. Je nachdem, wie effizient die Software die Abläufe unterstützt, funktionieren sie besser oder schlechter. Viele Manager wissen das nicht. Sie sehen laut Schoth ERP als Tool, das einfach funktioniert und genau das macht, was sie wollen.

"Das kann die IT jedoch nicht erfüllen", stellt Schoth klar. IT glänze in der Regel nicht gerade als Innovationstreiber in den Unternehmen. Das liege jedoch nicht am fehlenden Eifer der IT-Abteilungen. Schuld daran sei meist die Komplexität der Systeme. "Es ist nicht trivial, diese miteinander zu verbinden, zu integrieren und zu verändern." Schließlich kostet dieser Aufwand auch Geld - und das war gerade im vergangenen Jahr bei den Finanzchefs kaum locker zu machen.

"ERP-Anbieter dürfen ihre Kunden nicht vergessen"

Waldemar Metz, Mitglied im Vorstand der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG), Fachressort Prozesse/Anwendungen, zu aktuellen Entwicklungen im ERP-Markt:

Anforderungen der Anwender an ein modernes ERP-System: Wir brauchen eine sichere, stabile, performante, einfach und intuitiv zu bedienende, flexible und einfach anpassbare sowie erweiterbare IT-Lösung zur effizienten und effektiven Durchführung aller Geschäftsprozesse mit einem vernünftigen Kosten-Nutzen-Verhältnis.

Das Verhältnis zu den Softwareanbietern: Wir sind in ständigem Dialog mit SAP zu all den Themen, die den gesamten Lebenszyklus der IT-Anwendungen umfassen. In vielen Workshops haben wir auf Verbesserungspotenziale bei den Applikationen, der Infrastruktur und des anschließenden Betriebs hingewiesen. SAP hat diesbezüglich einige Punkte aufgegriffen und bereits umgesetzt. Beispielsweise lässt sich das SAP Supplier Relationship Management ab dem Enhancement Package 1 auch ohne Portal nutzen. Es ist ein ständiger Verbesserungsprozess, der von der DSAG gelebt wird.

Trends in der ERP-Entwicklung: Aktuell erleben wir den iPhone-, iPad und Apps-Hype. Die Integration mobiler Geräte in die Geschäftsprozesse des Unternehmens als Gesamtlösung und nicht als weitere Komponente ist eine Herausforderung. Hier stehen Anbieter noch am Anfang. Anwender sind in erster Linie an Lösungen für die Abwicklung ihrer Geschäftsprozesse interessiert und erst dann an Themen wie Cloud Computing oder der In-Memory-Technologie, die letztendlich nur Mittel zum Zweck sind. Sicher sind Innovationen notwendig, und die ERP-Anbieter müssen am Puls der Zeit bleiben und nach vorne schauen. Dabei dürfen sie aber ihre Kunden nicht vergessen beziehungsweise abhängen.