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Einzelkämpfer und Marktmacher

12.02.2003
Von Thomas Lünendonk

Die Idee dazu hatte Heinz Streicher, damals bei SCS, Hamburg, und heute noch dem einstigen Auftragnehmer, Thomas Lünendonk, verbunden: „Es gibt zwar alle möglichen Statistiken, aber kein Mensch weiß etwas über Software und Services. Wir müssen das Thema mehr in die Medien bringen.“ 1984 stand das erste, auf Zahlenmaterial von 1983 basierende, unabhängige Ranking der Softwareindustrie in Deutschland. „Es war eine Höllenarbeit, aber das Vertrauen der Nutzer wuchs von Jahr zu Jahr“, erinnert sich Lünendonk. Er weiß, vor welchem Hintergrund er das jeweilige Zahlenwerk einzuschätzen hat, schließlich beobachtet das versierte Fünf-Personen-Team in Wörishofen inzwischen kontinuierlich, Jahr für Jahr, den Software- und IT-Beratungsmarkt. Ursprünglich lief die Liste „so nebenher“ zum Imagegewinn; den Umsatz brachten Kommunikationstrainings für die IT-Branche.

Erst als die COMPUTERWOCHE Ende der 80er Jahre titelte: „Neue Lünendonk-Listen“, wurde dem Kommunikationsexperten so richtig klar, wie wichtig sie für das Benchmarking der Firmen der gesamten IT-Branche geworden waren. Inzwischen liefert er sechs Listen: IT-Beratungs- und Systemhäuser über Softwareunternehmen bis hin zu Zeitarbeits- und Weiterbildungsfirmen. Lünendonks Hang zum „Wechsel zwischen Systematik, Konfusion und ständiger Lernbereitschaft“ - so die Selbstauskunft - brachte ihn schließlich darauf, die neuen Listen nach einer zweiten Stufe der ausführlichen Befragung zu veritablen Marktstudien auszubauen - „und damit verdienen wir Geld.“

„Professor für deutsche Literatur an einer kleinen Universität an der amerikanischen Ostküste“, wie er es sich einst gewünscht hatte, ist der heutige analytische Marktbeobachter und Berater Lünendonk nicht geworden. Doch erfüllt er sich Tag für Tag einen anderen Wunsch: „Mit den Ergebnissen meiner Arbeit Nutzen und auch Freude zu schaffen - für andere und für mich.“ Dass das gelingt, beweist eine weitere erfolgreiche neue Dienstleistung im Repertoire seiner Gesellschaft: Benchmarking.

Wolfgang Schwetz Schwetz Consulting, CRM-Studien und -Beratung, Karlsruhe (www.schwetz.de)

Mit den drei Buchstaben SFA für Sales Force Automation fing die Erfolgsgeschichte des Betriebswirts Wolfgang Schwetz an. Heute bekannt als der führende Spezialist für Customer-Relationship-Management (CRM), folgte er Anfang der 80er Jahre einem in der CW veröffentlichenten Call for Papers für ein Symposium an der Universität Innsbruck zu den Themen „Marketing, Information und Management“. Nach seinem Vortrag, erinnert sich Schwetz, war er zu seiner Verblüffung umringt von Professoren, Dozenten und Studenten aller Länder - von Rumänien bis USA: „Die Resonanz war toll.“ Aber erst die Veröffentlichung seines Manuskripts in der damaligen Zeitschrift „Information Management“, einem Objekt der CW, brachte das Aha-Erlebnis: „Da ist was!“

Seine Geschäftsidee kristallisierte sich heraus. Ein erster CRM-Marktspiegel erschien 1992 und umfasste 100 Anbieter; nur 25 von ihnen haben heute noch einen Listenplatz, obwohl die Über-sicht inzwischen 120 CRM-Anbieter enthält. Wo Schwetz vor Jahren noch um Informationen bet-teln musste - häufigste Frage der Unternehmen war: „Wozu soll das gut sein?“ - heißt es jetzt: „Wir müssen da rein - unbedingt.“ Stark verändert haben sich auch die Produkte. Genügte es zunächst, ein Rationalisierungs-Tool für „Papiervernichtung durch Technik“ und „Auftragserfassung vor Ort“ anzubieten, steht heute das eigentliche Kundenbeziehungs- Management beziehungsweise der Kunde selbst im Mittelpunkt.

Ursprünglich hatte der Liebhaber klassischer Musik einmal praktischer Arzt werden wollen. Als Diagnostiker mit dem Stethoskop am CRM-Markt ist er bekannt geworden. Von schlichten Rankings beispielsweise nach Umsatz und Mitarbeiterzahl hält Schwertz wenig. Ihn interessieren Qualität und Potenzial der Produkte - vielleicht sieht er deshalb auch vergleichsweise kleine Unternehmen wie CAS oder Cursor sogar in fünf Jahren noch erfolgreich im Markt. Diese Unternehmen sind Spezialisten in ihrer Nische - ähnlich wie Schwetz.

Thorsten Wichmann Geschäftsführer der Berlecon Research GmbH, Berlin (www.berlecon.de)

Mit Marktstudien zunächst zum Thema Internet allgemein, dann über Business-to-Business-Marktplätze, mobiles Internet und schließlich E-Learning und E-Business im weitesten Sinn ist der Volkswirt Thorsten Wichmann mit seiner Berlecon Research GmbH, Berlin, bekannt geworden. Der akademische Ansatz seiner Arbeit hat den Dr. rer. oec. von Anfang an aus dem Dunstkreis der marktgetriebenen, häufig selbst ernannten E-Commerce-Experten hervorgehoben, was früh von Presse und öffentlichen Institutionen wie dem Bundeswirtschaftsministerium oder der EU-Kommission mit Forschungsaufträgen honoriert wurde.

So ist es auch zu erklären, dass der Niedergang der New Economy seiner Reputation keinen Abbruch tun konnte, obwohl sich Wichmann auf das E-Business konzentriert hatte. Seine Beratung, zurzeit fokussiert auf E-Business-Standards, bleibt auch seitens der Regierenden nachgefragt. Die Ergebnisse gehen ein in Politikentscheidungen unter anderem im Zusammenhang mit Konjunkturforschung, Projektförderung und Wettbewerben.

Wichmann fällt auf durch die Gradlinigkeit seiner Entwicklung. Er blieb bei seinem wissen-schaftlichen Leisten, der „Wachstumstheorie“, einem Gegenstand aus der Entwicklungsökonomie, dem Thema seiner Doktorarbeit, inzwischen allerdings „heruntergebrochen“ auf konkrete Fälle der heutigen und hiesigen Wirtschaft. Damit hat er gleichzeitig sein wichtigstes berufliches Ziel erreicht, nämlich „den eigenen Ansprüchen und Prinzipien treu zu bleiben“. So ist er denn auch durchaus zufrieden mit dem, was er geworden ist: ein Marktforscher, dem es Spaß macht zu analysieren, „wie sich entwickelt, was sich am Ende herauskristallisiert“. Rockstar stand wohl nie auf seiner Agenda.