Eine Umfrage unter DV-Verantwortlichen: "Gehen Sie den PC-Kauf wie jede andere Investition an?"

01.12.1995

FRAMINGHAM (IDG) - Wenn beim Anwender die neuen PCs ans Netz gehen, laeuft beim Hersteller schon die naechste Generation vom Band, die die Vorgaengermodelle in den Schatten stellt. Aus diesem Teufelskreis weisen aber erfahrene DV-Chefs und Marktforscher einen Weg. Der PC-Kauf ist wesentlich weniger nervenaufreibend, wenn er wie jede andere Investition angegangen und den Meldungen ueber diese und jene Neuentwicklung weniger Beachtung zuteil wird.

Den richtigen PC fuer ein Unternehmen zu finden kann zum Alptraum werden. Die Produktivitaet der Angestellten und damit - wenigstens zum Teil - das gesamte Unternehmen haengt von diesen Rechnern ab. In Zeiten, da den Firmen das Geld nicht mehr so locker in der Tasche sitzt, wird deshalb vor jeder Investition sorgfaeltig geprueft, welcher PC-Typ der richtige ist.

Nur ein regelmaessig ueberarbeiteter Investitionsplan hilft den Ueberblick zu bewahren.

Ziel muss es sein, alle sechs Monate zu pruefen, welche Hardware noetig ist, um eine bestimmte Aufgabe zu erledigen, erklaert Chris Goodhue vom Marktforschungsinstitut Gartner Group in Stamford. "Versuchen Sie nicht, sich an der Jagd nach dem neuesten Rechner zu beteiligen."

Bei der kanadischen Eisenbahn werden die DV-Budgets einmal im Quartal gecheckt, erlaeutert Ronan McGrath, DV-Manager und Controller bei Canadian National Railways. Ein Team aus mehreren Abteilungen prueft die Bestellungen und beantwortet Fragen wie: Welche Programme laufen nur auf einem leistungsstarken Rechner? "Wenn ein Angestellter einen bestimmten Prozessor braucht, kaufen wir ihn", fuegt McGrath hinzu, "doch wir laufen nicht jeder Neuentwicklung hinterher."

Die unterschiedlichen Benutzergruppen brauchen massgeschneiderte Rechner.

Viele Unternehmen teilen die PC-Anwender in Anfaenger, Standardbenutzer und Experten ein. Beim Neukauf gehen die leistungsstaerksten Systeme an die Experten, deren bisherige Rechner an Standardbenutzer oder Anfaenger im Unternehmen weitergereicht werden.

Bei Bayer in Pittsburgh kauft man zum Beispiel keine schwachbruestigen Systeme. "Wir erwerben normalerweise PCs, die auf der Leistungsskala auf Platz zwei oder drei stehen und geben sie im Laufe der Zeit im Unternehmen ein- bis zweimal weiter", sagt Bob Typanski, einer der DV-Manager von Bayer. Zur Zeit kaufe sein Unternehmen Pentium-Rechner mit einer Taktrate von 100 Megahertz, die innerhalb der naechsten fuenf Jahre durch die Abteilungen wandern sollen.

Neue PCs muessen so ausgelegt sein, dass die Benutzer fruehestens nach sechs oder zwoelf Monaten an ihre Leistungsgrenzen stossen.

Legen Sie fest, welche Applikationen wichtig sind, und berechnen Sie dann die dafuer noetige Hardware. Stellen Sie sich Fragen wie: Brauchen die Anwender ein Multitasking-Betriebssystem wie Windows 95? Wenn ja, sollten Sie einen Pentium-Rechner einkalkulieren, der mindestens 16 MB Arbeitsspeicher enthaelt. Wenn Sie in Kuerze auf 32-Bit-Applikationen umsteigen, sollten Sie sogar PCs mit Pentium- Pro-CPU in Betracht ziehen. Und wenn Sie Multimedia-Programme einsetzen wollen, duerfen CD-ROM-Laufwerke und Lautsprecher nicht laenger zu den Extras zaehlen, die nur ausgewaehlte Mitarbeiter erhalten.

Healthsource, ein US-Unternehmen mit rund 1800 Mitarbeitern, schafft zur Zeit nur 100-Megahertz-Pentium-PCs an, obwohl einige Angestellte sicher mit 386-Rechnern auskaemen. "Ich mache den Kauf nicht von der Tippgeschwindigkeit der Benutzer abhaengig. Es gibt keine Textverarbeitung, die einen Pentium-Rechner ueberlasten koennte", erklaert Robert Chin, DV-Verantwortlicher bei dem Krankenhaus-Ausstatter. "Fuer mich ist ausschlaggebend, dass in einem Jahr der 100-Megahertz-Pentium-PC das Geraet fuer Einsteiger ist."

Wenn die PCs keine Leistungsreserven haben, fallen kostspielige Erweiterungen an.

Berater und DV-Verantwortliche empfehlen den Benutzern fast unisono, etwas mehr Leistung als aktuell benoetigt auf den Tisch zu stellen, sonst muesse bereits nach einigen Monaten nachgebessert werden. Joe Pucciarelli, Marktforscher bei der Gartner Group, schaetzt, dass allein der Austausch eines Rechners mit 500 Dollar veranschlagt werden muss.

Komplettangebote sind billiger.

Zusatzkosten wie Wartung, Reparatur, Ausfallzeit und eventuell Entsorgungsgebuehren koennen sich innerhalb von fuenf Jahren auf 40000 Dollar pro PC addieren, schaetzt die Gartner Group.

Es muss ein Limit beim PC-Kauf geben, das nicht unterschritten werden darf.

Die Bank Pioneer Bancshares in Chattanooga kauft seit kurzem nur noch Pentium-PCs mit einer Taktrate von 75 Megahertz oder mehr. "Neben den Beduerfnissen unserer Angestellten ist fuer uns entscheidend, dass ein Einsteigergeraet nicht mehr als 2500 Dollar kosten sollte", sagt der technische Leiter Ralph Petty.

Entscheidend sollte die Summe aller Vorteile sein und nicht ein einzelnes technisches Detail.

Natuerlich gibt es Unterschiede zwischen einem Pentium-PC mit einer Taktrate von 120 Megahertz und dem gleichen Modell mit einer Taktfrequenz von 133 Megahertz. Wenn aber der Vertrag fuer die 120- Megahertz-Maschine alles in allem vorteilhaft ist, sollten Sie diesen Rechner kaufen.

Warum nicht einen PC leasen?

Beim Bankhaus Huntington Bancshares wird man die Rechner in Zukunft leasen. Der DV-Manager der Bank, Cary Serif, wollte sich zu den Details dieser Uebereinkunft nicht aeussern. "Wir haetten gerne einen billigeren Vertrag geschlossen, doch jetzt ist wenigstens sichergestellt, dass wir nie veraltete Rechner haben werden."

Fehlgriffe beim PC-Kauf

"Den meisten Aerger halten Sie sich vom Hals, wenn Sie warten, bis die Kinderkrankheiten der Systeme bekannt sind. Ich wuerde kein System kaufen, das direkt aus der Fabrik kommt." Robert Chin, Healthsource

"Wenn Sie glauben, dass ein 486-Rechner fuer Windows 95 ausreicht, sollten Sie vielleicht noch einmal nachdenken." Chris Goodhue, Gartner Group

"Wenn Sie eine Komponente eines PC-Netzes kaufen, lassen Sie sich die Kompatibilitaet schriftlich bestaetigen." Ralph Petty, Pioneer Bancshares