Autonome Autos

Ein feinfühliger Chauffeur namens Computer

03.10.2014
Von Christof Kerkmann und Frank G. Heide

Daimlers Assistenten werden intelligenter

Auch wenn Google gerne den Eindruck erweckt: Vorreiter beim autonomen Fahren sind nicht die Technologiekonzerne, sondern die Autohersteller. Daimler etwa arbeitet seit Jahren an Assistenzsystemen, die dem Fahrer in bestimmten Situationen die Arbeit abnehmen sollen.

Geschwindigkeit, Abstand und Fahrspur halten, das ist für entsprechend ausgestattete (Versuchs-) Fahrzeuge kein Problem mehr. Autos könnten aber noch mehr, wenn man sie ließe, wie ein Prototyp von Mercedes zeigt. Die entsprechend ausgerüstete E-Klasse ist in der Lage, selbsttätig fahrerische Entscheidungen zu treffen und kann die Fahrspur wechseln.

Dass dem Kunden derlei Hightech aber noch in diesem Jahrzehnt angeboten wird, hält Jens Desens für unwahrscheinlich. Der Leiter der Vorentwicklung für Assistenzsysteme bei Mercedes weist nicht zuletzt auf die ungeklärte juristische Situation hin. Schließlich sieht die Straßenverkehrsordnung einen verantwortlichen Fahrer vor, der eben kein Computer sein kann. Zudem ist die Ausfallwahrscheinlichkeit der Anlage zum jetzigen Zeitpunkt noch hoch, was beim Assistentenstatus kein Problem darstellt. Den Anspruch eines problemlosen autonomen Fahrens erfüllt sie jedoch noch nicht.

Das Novum an dem neuen System sind nicht die Hardware-Komponenten. Die schon in der modifizierten E- und kommenden S-Klasse eingesetzte Stereo-Kamera zur Spurerkennung, weitere Linsen zur Verkehrsbeobachtung, sechs Radarquellen und die aktive Lenkung genügen der Elektronik, um ihre Befehle auszuführen.

Allerdings lässt sich die Fahrautomatik - ob nun der weitreichende Prototyp oder die drastisch abgespeckte Serienversion - nur auf Straßen höherer Ordnung mit relativ einfacher Aufgabenstellung realisieren. Das heißt: Auf der Autobahn durch den Stau navigieren geht, Abbiegevorgänge in der Stadt wären für dieses Sensor-Netzwerk aber viel zu komplex.

Mit einem Knopfdruck kann man den Rechner des Versuchsfahrzeugs selbst entscheiden lassen, ob und wann er zum Überholen ansetzt. Er tut es, wenn die zuvor eingestellte Geschwindigkeit auf der rechten Spur nicht mehr eingehalten werden kann, weil zum Beispiel ein langsamer Verkehrsteilnehmer aufgetaucht ist.

Als vor der Forschungs-E-Klasse ein LKW auftaucht, erscheint prompt der Pfeil im Display. Verkehr vorbeilassen, Blinker setzen und sanft am Hindernis vorbeiziehen, danach wieder nach rechts.

Bis diese Funktionen in einem Serienfahrzeug angeboten werden, dürfte es aber noch eine Weile dauern. Die Zwischenzeit überbrücken die Techniker damit, schrittweise noch weitere Funktionen zu den derzeitigen Assistenten hinzuzufügen. So bleibt auch Zeit, um das Problem mit der Straßenverkehrsordnung zu regeln.