Sonderfall bei Jobwechsel

Doppelarbeitsverhältnis und Urlaubsanspruch

27.07.2012
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Ein Mitarbeiter, der nicht gleichzeitig zwei Arbeitsverhältnisse erfüllen kann, hat keinen doppelten Urlaubsanspruch.

Der Anspruch auf Urlaub besteht nach § 6 Abs. 1 BUrlG nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. Die Vorschrift regelt den Urlaubsanspruch, wenn der Arbeitnehmer während des Urlaubsjahres den Arbeitgeber wechselt.

Geht ein Arbeitnehmer ein doppeltes Arbeitsverhältnis ein, heißt das nicht, daß er auch doppelten Urlaubsanspruch hat.
Geht ein Arbeitnehmer ein doppeltes Arbeitsverhältnis ein, heißt das nicht, daß er auch doppelten Urlaubsanspruch hat.
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Sie erfasst jedoch nicht den Fall, dass ein Arbeitnehmer nach einer Kündigung des Arbeitgebers ein anderweitiges Arbeitsverhältnis eingegangen ist und festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. In einem solchen Fall liegt ein Doppelarbeitsverhältnis vor. Hätte der Arbeitnehmer seine Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen nicht gleichzeitig erfüllen können und hat der Arbeitgeber, mit dem er während des Kündigungsrechtsstreits ein Arbeitsverhältnis eingegangen ist, ihm für ein laufendes Kalenderjahr Urlaub gewährt, hat er im Umfang des ihm erteilten Urlaubs grundsätzlich keinen weiteren Urlaubsanspruch für dieses Jahr.

Einem doppelten Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers steht entgegen, so der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Frhr. Fenimore von Bredow, Vizepräsident des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 21.02.2012 zu seinem Urteil vom selben Tage, Az.: 9 AZR 487/10, dass dieser im Falle eines Obsiegens im Kündigungsrechtsstreit grundsätzlich so zu stellen ist, als hätte keine tatsächliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses stattgefunden. Zwar handelt es sich beim Urlaub nicht um Entgelt für geleistete Dienste, sodass die Anrechnungsvorschriften § 11 Nr. 1 KSchG und § 615 Satz 2 BGB keine unmittelbare Anwendung finden. Wegen der Gleichheit der Interessenlage ist jedoch eine analoge Anwendung dieser Bestimmungen geboten.

Die Klägerin wurde bei der Beklagten als Fachexpertin für Fotogrammetrie eingestellt. Im Arbeitsvertrag sind 29 Arbeitstage Urlaub vereinbart. Nachdem die Beklagte das Arbeitsverhältnis mehrmals gekündigt hatte und die Klägerin ein anderweitiges Arbeitsverhältnis eingegangen war, wurden ihr im Kalenderjahr 2008 21 Arbeitstage Urlaub gewährt. Mit einem Schreiben vom 6. November 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erfolglos Urlaub für die Zeit vom 14. November bis zum 30. Dezember 2008. Im Kündigungsrechtsstreit der Parteien wurde rechtskräftig festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen der Beklagten nicht vor Ablauf des Jahres 2008 aufgelöst worden ist. Die Vorinstanzen haben der Klage, mit der die Klägerin einen Ersatzurlaubsanspruch von 29 Arbeitstagen für das Jahr 2008 festgestellt haben wollte, stattgegeben.

Die Revision der Beklagten, mit der diese die Anrechnung von 21 Urlaubstagen auf den Urlaubsanspruch der Klägerin für das Kalenderjahr 2008 erreichen wollte, hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg, so von Bredow.

Nur acht Tage Ersatzurlaub

Der Klägerin steht für das Jahr 2008 nur ein Ersatzurlaubsanspruch von acht Arbeitstagen zu. Da sie nicht gleichzeitig ihre Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen erfüllen konnte, hat sie keinen doppelten Urlaubsanspruch, sondern muss sich die ihr gewährten 21 Urlaubstage auf ihren Urlaubsanspruch gegenüber der Beklagten anrechnen lassen.

Von Bredow empfiehlt, dies zu beachten und bei aufkommenden Fragen dazu Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de) verweist. (oe)

Weitere Informationen und Kontakt:

Frhr. Fenimore von Bredow, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Leiter des VdAA-Fachausschusses "Besondere Arten von Arbeitsverhältnissen", c/o Domernicht, v. Bredow, Wölke, Köln, Tel.: 0221 283040, E-Mail: v.bredow@dvbw-legal.de, Internet: www.dvbw-legal.de