Meta Group vergleicht 15 Web-Content-Management-Produkte

Documentum liegt im WCM-Ranking vorn

06.08.2004

Bewertet hat die Meta Group unter anderem die Marktpräsenz und Produktstrategie der Firmen sowie deren Leistungsfähigkeit in puncto Technik, das Preismodell und die finanzielle Situation des Herstellers.

Documentum: gut, aber kostspielig

Die beste Bewertung in der Technikkategorie entfiel auf Documentum. Unter sieben der zwölf Kriterien (siehe Tabelle "Einzelwertung der technischen Eigenschaften") erreichte dieser Hersteller die höchstmögliche Punktzahl. Zu den Stärken der Lösung "Documentum 5" zählen unter anderem das J2EE-Framework sowie die Möglichkeiten, mehrere Websites über eine Plattform zu verwalten und dabei verschiedene Distributionskanäle mit Content zu bedienen. Auf ein eigenes Portal verzichtet das amerikanische Unternehmen, verfügt jedoch über enge Partnerschaften mit Portalanbietern wie Oracle und Bea. Obwohl die Software in der Lage ist, verschiedene Repositories anzuzapfen, nutzen Firmen die Lösung in der Praxis meist dazu, Inhalte aus Speichersystemen im Documentum-Repository zu konsolidieren.

Bemängelt haben die Analysten den hohen Bedarf an Services, der für solche Highend-Produkte aber typisch ist.

Interwoven versteht sich mit Netweaver

Eine gute Figur macht auch Interwoven und folgt punktgleich mit dem Erzrivalen Vignette auf dem zweiten Platz. Der ursprünglich allein auf das Web-Content-Management spezialisierte Hersteller liefert eine Reihe von Zusatzmodulen für "Teamsite 6.0", etwa "Open Deploy" zum Verteilen von Inhalten sowie zum Synchronisieren verschiedener Content-Pools und das Klassifizierungswerkzeug "Meta Tagger". Zudem lässt sich die Interwoven-Umgebung gut in Portale und ERP-Umgebungen einbinden. So unterstützt die Software beispielsweise SAPs "Netweaver"-Plattform.

Weniger gefallen hat den Autoren der Studie jedoch, dass Interwoven bisher Standards wie JSR 168, WebDAV und Web Services for Remote Portlets (WSRP) nicht unterstützt.

Vignette hilft bei Content-Erstellung

Die texanische Firma Vignette gehört zu den Wegbereitern des Web-Content-Managements. "V7" ist Teil einer größeren Suite, mit der sich Web-Applikationen in Multisite-Umgebungen bauen lassen. So liefert Vignette ausgereifte Werkzeuge zur Content-Erstellung. Funktionen zum Extrahieren von externen Inhalten sowie Integrationsmodule für verschiedene Repositories und E-Procurement-Lösungen tragen ebenfalls zur guten Benotung bei.

Die Analysten kritisieren hingegen, dass der leistungsstarke Workflow-Editor nicht Teil des Basisprodukts ist. Ferner vermissen sie ein separates Applikationsmodul für das grafische Website-Design.

Day bindet fremde Repositories ein

Der in der Schweiz beheimatete Anbieter Day Software versteht es besonders gut, Inhalte aus fremden Repositories einzubinden. Ihre diesbezügliche Kompetenz hat die Firma in den Standard Java Specification Request (JSR) 170 eingebracht, der eine Programmierschnittstelle für Content-Repositories definiert und den die Eidgenossen maßgeblich begleiten. Die Lösung "Communiqué 3.5" besticht ferner durch eigene Workflow-Features, koppelt dabei aber auch Workflow-Engines von Drittherstellern an. Des Weiteren punktet Day mit Funktionen zum Verwalten von mehrsprachigen Content-Versionen. Laut Meta Group konnte das schweizerische Unternehmen einige Vignette-Kunden dazu bewegen, auf Communiqué zu migrieren.

Ähnlich wie Vignette fährt Day jedoch einen reinen Java-Kurs, was aus Sicht der Analysten Probleme bei der Einführung der Software in Microsoft-Umgebungen bewirken kann.

Stellent weist Templates dynamisch zu

Stellents Produkt "Web Content Management 6.5" eignet sich dazu, Inhalte mehrsprachig vorzuhalten, und unterstützt den Anwender dabei, Texte zu übersetzen. Ähnlich wie beim Day-System kann das Workflow-Tool mit Produkten von Drittherstellern verknüpft werden. Als praktisch erweist sich auch, dass es die Stellent-Software gestattet, Schablonen (Templates) dynamisch mit Content-Elementen zu verbinden. Dieser Mechanismus lässt sich über vom Nutzer definierte Regeln steuern.

Nach Auffassung der Meta-Spezialisten wendet sich das Produkt in erster Linie an Firmen, die Intranets bauen möchten. Gleichwohl seien wesentliche Features für das Einrichten öffentlicher Sites vorhanden, die sich an Konsumenten oder Firmen richten. Für Anwender, die mit einem Enterprise-Content-Management liebäugeln, bietet sich die Stellent-Lösung nicht an, da ihr Schwerpunkt auf dem Web-Content-Management liegt.

Tridion: Offen für ERP und Portale

Zu den lobend erwähnten Eigenschaften von "Tridion R5.1" des gleichnamigen niederländischen Softwarehauses gehört ebenfalls die Fähigkeit, mehrere Websites zentral zu verwalten, etwa solche für Niederlassungen des Anwenders sowie seiner Geschäftspartner. Autoren sind in der Lage, Inhalte direkt im Browser zu editieren ("In-Context Editing"), ein spezieller Editor ist daher nicht erforderlich. Darüber hinaus liefert der Hersteller Schnittstellenbausteine für marktgängige ERP-Systeme sowie Portal- und Applikations-Server mit.

Zwar versucht Tridion den Spagat zwischen Microsofts .NET-Plattform und J2EE, nach Ansicht der Meta Group dürften Puristen des jeweiligen Lagers über die Implementierung jedoch nicht begeistert sein. Zudem eigne sich die Software weniger für Intranets, da sie weder über Collaboration- noch Portalfunktionen verfügt. Der Hersteller stuft sich selbst als Anbieter von Lösungen für das Enterprise-Content-Management ein, die Analysten halten diese Bezeichnung jedoch für nicht gerechtfertigt, da dem Produkt wesentliche Funktionen wie Archivierung, Dokumenten-Management sowie Imaging fehlen.

Polopoly bedient Browser, PDAs und Handys

Ein Highlight der Software "Content Manager 8.4.3" des in Schweden beheimateten Anbieters Polopoly ist ihre Multi-Channel-Fähigkeit. So lassen sich Inhalte sowohl für Web-Browser als auch für persönliche digitale Assistenten (PDAs), Mobiltelefone und für das digitale Fernsehen aufbereiten. Das Produkt stützt sich auf die J2EE-Plattform und lässt sich durch Zusatzmodule für E-Commerce, Personalisierung und Online-Umfragen ausbauen. In Sachen Workflow zieht es mit den Konkurrenten gleich.

Was dem System laut Meta Group fehlt, ist ein integrierter textbasierender Editor zum Bearbeiten von HTML und XML. Auch unterstützt Polopoly den Standard WebDAV nicht. Des Weiteren suchten die Analysten Schnittstellen zu Collaboration-Systemen vergebens.

Coremedia verarbeitet viele Formate

"Smart Content Technology 4.2" von Coremedia aus Hamburg ist eines von vier deutschen Produkten dieser Studie. Positiv bewerten die Autoren die breite Plattformunterstützung. Flexibel zeigt sich das System auch bei den Formaten (HTML, XML, MP3, WAV, Grafikformate und Programmcode). Importfunktionen lesen Word-Dokumente ein und wandeln sie in unterschiedliche Zielformate um. Ein Modul für das Digital-Rights-Management (DRM) ist eine interessante Erweiterung für Medienhäuser, die Inhalte vermarkten möchten.

Nicht überzeugen kann Coremedia in Sachen Integration. So bietet die Software vergleichsweise wenige Funktionen zum Ankoppeln von Programmen beziehungsweise Repositories von Drittherstellern. Die Meta-Analysten vermissen zudem einen textbasierenden Editor für HTML und XML.

Filenet liefert umfassende Suite

Gegenüber der vorwiegend in Deutschland aktiven Coremedia gehört Filenet zu den globalen Anbietern. "P8 WCM" ist eines von mehreren Modulen einer Enterprise-Content-Management-Suite. Pluspunkte sammelt das Unternehmen in der WCM-Disziplin mit den Mechanismen zur Integration externer Inhalte sowie mit den Autorenwerkzeugen.

Obwohl Filenet leistungsstarke Workflow-Tools offeriert und diese auch separat vertreibt, ist diese Komponente nicht vollständig in das WCM-Modul eingebunden. Noch schwerer wiegt jedoch, dass laut Meta Group manche Anwender mit der Produktqualität und -stabilität unzufrieden sind.

Reddot: Punkte für bequemes Editieren

Die Software von Reddot Solutions aus Oldenburg bezeichnet Meta Group als "Midrange Web-Content-Management", das leicht zu bedienen ist, wenig kostet und viele Funktionen beinhaltet. Das Unternehmen vermarktet den "Content Management Server 5.0" weltweit und verfügt schon deshalb über Mechanismen, um globale Websites zu verwalten. Der Name "Reddot" leitet sich von einer vom Hersteller populär gemachten Funktion ab, die ein einfaches In-Context Editing im Browser erlaubt. Das Produkt verarbeitet ähnlich wie Coremedia viele Medienformate.

Eine WebDAV-Schnittstelle blieb der Hersteller bislang schuldig, diese ist jedoch für eine der nachfolgenden Versionen geplant. Allerdings mangelt es der Software auch an Schnittstellen zu Collaboration-Werkzeugen.

Hyperwave: Web-Content und Wissen vereint

Die Software der ebenfalls in Deutschland ansässigen Hyperwave AG zeichnet sich durch eine Kombination aus Web-Content- und Dokumenten-Management, Collaboration und E-Learning aus und liefert eine Reihe von vertikalen Industrielösungen. Das Produkt "IS/3 Release 3" verfügt über umfangreiche Workflow-Mechanismen.

Vermisst hat die Meta Group ein Werkzeug zur Analyse von Websites. Einerseits seien die eng miteinander verzahnten Module für E-Learning und Teamarbeit von Vorteil, andererseits überschnitten sie sich aber oft mit Produkten, die Kunden bereits erworben haben.

Infopark setzt komplett auf Java

Der Berliner Hersteller Infopark AG hat sein "NPS CMS 5.5" komplett auf die Java-Plattform abgestimmt. Die Lösung eignet sich unter anderem für Abteilungen eines Unternehmens, die auf geringe Lizenz- und Implementierungskosten Wert legen. Auch das Verwalten mehrsprachiger Inhalte auf verschiedenen Websites beherrscht dieses Produkt. Dokumente lassen sich per Drag and Drop importieren.

Wie bei den anderen auf Java spezialisierten Anbietern könnte es auch Infopark-Kunden schwer fallen, die Software in .NET-Umgebungen auszurollen. Etwas dürftig sind die Workflow-Funktionen ausgefallen: Sie beschränken sich auf das Erstellen von Inhalten.

Merant koppelt Change-Management an

Kerngeschäft des amerikanischen Softwarehauses Merant sind Change-Management-Lösungen, die Firma liefert mit "Collage 4.0.1" jedoch auch eine Web-Content-Software, die sich in das Kernprodukt integrieren lässt. Die Bedienelemente der Workflow-Engine und des Editors verfügen über Wizards, die dem Anwender die Handhabung beziehungsweise Konfiguration wesentlich erleichtern.

Als Einschränkung bezeichnet Meta Group, dass der Hersteller das Verwalten von Web-Inhalten als Teil der Softwareentwicklung ansieht. Aus diesem Grund empfiehlt sich die Lösung weniger für das Erstellen von Inhalten im Team. Collage mangelt es zudem an einem textbasierenden Editor.

IBM integriert eigene Software

IBM hat mit "Lotus Workplace Web Content Management 1.1" ein Produkt entwickelt, das sich in die zahlreichen anderen Softwarelösungen (Websphere, DB2 und DB2 Content Manager) integrieren lässt. Das Programm verwaltet Office-Dokumente, strukturierte Inhalte, Bilder sowie Audio- und Binärdateien. Wie manch anderer Hersteller unterstützt auch IBM die Content-Distribution auf mehreren Sites und stellt ein umfangreiches Workflow-System bereit.

Im Gegensatz zur Konkurrenz unterstützt das System jedoch weder Rich Site Summary (RSS) noch WebDAV. Auch das Editieren von Inhalten im Browser (In-Context Editing) sowie der Import von Dateien mittels Drag and Drop sind nicht möglich.

Microsoft beschränkt sich auf Windows

Ähnlich wie IBM hat auch Microsoft beim "Content Management Server" daran gedacht, andere hauseigene Produkte anzubinden. Dazu zählen "Sharepoint Portal Server", "Commerce Server" und Office. Bedient wird das System über den Browser. Dies erlaubt es dem Anwender, Inhalte im Web-Kontext zu editieren. Auch die Workflow-Mechanismen sind gelungen und reichen an die Fähigkeiten der Konkurrenz heran.

Allerdings haben Anwender Mühe, die Software mit Portalen und Repositories zu integieren, die nicht auf Microsoft-Technik aufsetzen. Punktabzug gab es auch für das grafische Web-Design, da Kunden hierzu "Visual Studio .NET" anschaffen müssen. Wiedem IBM-Produkt fehlen Drag-and-Drop-Mechanismen zum Datenimport.

Glossar

- In-Context Editing: Anwender können in der Browser-Ansicht in den Editiermodus schalten, ohne zum Bearbeiten von Inhalten ein spezielles Programm starten zu müssen.

- JSR 168: Dieser Java Specification Request definiert Interfaces für Portlets und spielt bei der Integration von Portal-Servern eine wichtige Rolle.

- JSR 170: Standardisierte Programmierschnittstelle für Content-Repositories.

- RSS: Rich Site Summary ist ein XML-Format zum Publizieren von Schlagzeilen beziehungsweise Zusammenfassen von Web-Seiten.

- WebDAV: Schnittstelle zum Integrieren von Office-Programmen oder Web-Design-Werkzeugen an Content-Management-Software

- WSRP: Web Services for Remote Portlets definiert einen Fernzugriff auf Portalmodule über den Web-Services-Standard Simple Object Access Protocol (Soap).

So wurde gewertet

Berücksichtigt wurden nur Softwarehäuser, die in Europa vertreiben. Unter den bekannten Namen fehlt lediglich Open Text. Die Meta Group begründet dies damit, dass die Integration der von Open Text übernommenen Firmen Gauss VIP und Ixos/Obtree zum Zeitpunkt der Erstellung der Studie noch nicht abgeschlossen und eine Bewertung der Produkte nicht möglich war.

Den größten Einfluss auf die Rangfolge hatten die technischen Fähigkeiten der Hersteller. Die Meta Group hat die Produkte hinsichtlich der Technik anhand verschiedener Kriterien begutachtet:

- Skalierbarkeit, High Availability (Hochverfügbarkeit), Reliability (Zuverlässigkeit) und Performance (kurz "SHARP");

- Repository-Services: Unterstützung verschiedener Repositories, Replikation, Archivierung sowie

- Unterstützung von Standards wie JSR 170, WebDAV und anderer Web-Services-Spezifikationen.

Nach den Erfahrungen der Analysten sind außerdem Merkmale wie die Anbindung von Autorenwerkzeugen, Workflow-Module und Publishing-Mechanismen relevant. Da jedoch alle Hersteller mittlerweile zumindest akzeptable Funktionen für diese Aufgaben liefern können, eignen sich diese Fähigkeiten nicht mehr so gut zur Differenzierung. Web-Content-Management ist für Unternehmen inzwischen von strategischer Bedeutung. Entsprechend hoch sind die Erwartungen der Anwender in Sachen Multisite-Verwaltung, einfache Bedienbarkeit, Integration sowie dem Support durch Partnerfirmen.

Abb.1: Marktpräsenz und Leistungsfähigkeit

Die "Leistungsfähigkeit" umfasst Kriterien wie Technik, Preis, Geschäftserfolg und Finanzkraft des Anbieters. Unter die "Präsenz" fallen die Aspekte Vision und Strategie, Marktanteil, Vertriebskanal und Partnernetz, Bekanntheit und Ansehen. Quelle: Meta Group

Abb.2: Einordnung der Anbieter

Zum Marktführer zählen Firmen, die bei Präsenz und Performance zwischen 78 und 100 Prozent erreichen. Herausforderer liegen in beiden Kategorien zwischen 51 und 77 Prozent. Quelle: Meta Group

Abb.3: Einzelwertung der technischen Eigenschaften

Der Gesamtwert des jeweiligen Anbieters setzt sich aus den Prozentangaben der einzelnen Bewertungspunkte (beispielsweise Offenheit und Workflow) zusammen. Die Gewichtung der Kriterien soll deren Bedeutung für den Anwender widerspiegeln. Die Technik ging mit 40 Prozent in die Bewertung der Leistungsfähigkeit des Anbieters ein. Darüber hinaus wurden dessen Preismodell, finanzielle Situation und Geschäftserfolg berücksichtigt. Quelle: Meta Group

*SHARP steht für Skalierbarkeit, High-Availability (Hochverfügbarkeit), Reliability (Zuverlässigkeit) und Performance.