Server-Konsolidierung/Server-Auswahl entscheidet über den Erfolg der IT-Konsolidierung

Die richtige Plattform finden

20.06.2003
Kaum ein Schlagwort in der IT-Branche ist derzeit mit so vielen Erwartungen und Hoffnungen verknüpft wie Konsolidierung. Doch um die hochgesteckten Sparziele zu erreichen, müssen IT-Verantwortliche eine Reihe kritischer Fragen beantworten, darunter die nach der geeigneten Konsolidierungsplattform.Von Carlo Velten*

Im weiteren Sinne umfasst IT-Konsolidierung das Rückführen bestehender Infrastrukturen (Server, Speicher, Netze) auf einen ressourcen- und kostenoptimalen Kern: Er verhindert Überkapazitäten und reduziert den Verwaltungsaufwand. Ein weiteres Charakteristikum: Konsolidierungen sollten immer auch einen strategischen Aspekt beinhalten und künftige Entwicklungen wie die Integration neuer Anwendungen durch entsprechende Offenheit, Skalierbarkeit und Managebarkeit berücksichtigen. Eine reine Konzentration auf kurzfristige Einsparpotenziale ist für viele Anwender nicht ratsam, auch wenn dies in der jetzigen Situation en vogue scheint.

Innerhalb der unterschiedlichen Vorhaben stellt die Konsolidierung der Server-Landschaft eine zentrale Aufgabe für die IT-Entscheider dar. Dies resultiert aus dem hohen Anteil an den direkten IT-Gesamtkosten, der auf Server und Speicher entfällt. So haben sich die Aufwendungen für Server und Storage seit Mitte der 90er Jahre annähernd verdoppelt und liegen derzeit bei rund 40 Prozent der direkten IT-Kosten.

Zudem erhöhen sich die Betreuungs- und Management-Aufwendungen kontinuierlich und übersteigen in vielen Fällen die Investitionskosten. Hinzu kommt, dass die Server- und Storage-Infrastrukturen hinsichtlich ihrer Kapazität auf Belastungsspitzen ausgelegt sind, die nur sehr selten auftreten. Betrachtet man die durchschnittliche Auslastung der installierten Systeme, so zeigt sich eine enorme Überkapazität, die für die unterschiedlichen Server-Plattformen zwischen fünf und 25 Prozent beträgt und sich bei vielen parallelen Server-Instanzen noch multipliziert.

Das Potenzial für Server-Konsolidierungen liegt demnach in folgenden Bereichen:

- die Systeme lassen sich optimal nutzen und auslasten;

- der Aufwand für das System-Management kann reduziert werden;

- Transparenz und Kostenzurechenbarkeit werden ermöglicht.

Szenarien der Server-Konsolidierung

Die Konsolidierungsziele können in unter-schiedlichen Formen erreicht werden. So kommen folgende vier Konsolidierungsmaßnahmen in Betracht:

- Konsolidierung durch Zentralisierung

Bisher verteilt existierende Server werden an einem Standort zusammengeführt, um eine zentrale Verwaltung zu ermöglichen und somit den System-Management-Aufwand wie auch gegebenenfalls die Kosten für die Betriebsfläche (Platz und Klimatisierung im Rechenzentrum) zu reduzieren. Allerdings trägt diese reine Standortverlagerung relativ wenig dazu bei, bestehende Überkapazitäten an Rechenleistung und Speicher abzubauen oder besser zu nutzen. Hinzu kommen andererseits etwa Aufwendungen für den Ausbau und das Ma-nagement des Netzes, da die Dienste der ehe-mals standortgebundenen Server nun von einer anderen Stelle angeboten werden müssen.

- Konsolidierung auf physischer Basis

Einen weitaus größeren Nutzen stiftet das Bereinigen von Überkapazitäten, indem eine größere Anzahl an bestehenden Servern durch wenige leistungsstarke Rechner ersetzt wird. Dies verringert in den meisten Fällen den Aufwand für das System-Management, da die neuen Konsolidierungsplattformen der IT-Anbieter mit weitaus besseren "Self-Management"-Funktionen ausgestattet sind als die teils erheblich veralteten Systeme, die beispielsweise noch im Mittelstand eingesetzt werden. Allerdings ist auch hier Vorsicht geboten. Denn der Umstieg auf eine neue, leistungsstärkere und somit auch komplexere Plattform erfordert auch das entsprechende Know-how zur Administration des neuen Systems. So ist fraglich, inwieweit und zu welchen Kosten dieses Wissen intern aufgebaut oder extern bezogen werden muss und in welchem Verhältnis die Risiken einer Migration auf die neue Plattform zum Einsparpotenzial stehen.

Als eindeutig dürfen bei dieser Konsolidie-rungsvariante die Potenziale einer Kostenreduzierung für das Hosting im Rechenzentrum gelten, da der benötigte Platz und der Energieverbrauch mit der Anzahl an konsolidierten Servern deutlich abnehmen.

- Konsolidierung auf Datenbasis

Diese auch als Storage-Konsolidierung be-kannte Variante der Server-Konsolidierung darf als Voraussetzung für anspruchsvolle Projekte gelten, die nicht nur Rechenleistung besser nutzen, sondern auch Anwendungs- und Daten-Management optimieren wollen. Die Hauptaufgaben bestehen darin, Daten in einheitliche Formate und Repositories zu vereinigen sowie die Speichermedien beispielsweise in Platten-Pools (SAN = Storage Area Network) zusammenzulegen.

- Konsolidierung auf Anwendungsbasis

Das Zusammenführen unterschiedlichster Anwendungen auf einem zentralen Server stellt die höchsten Anforderungen an den IT-Manager hinsichtlich Analyse, Planung und Umsetzung.

Potenzial nach Branchen

Hinsichtlich des Konsolidierungsbedarfs in-nerhalb bestimmter Branchen stechen nach Untersuchungen von Techconsult die Unternehmen des Banken- und Versicherungsgewerbes, die Versorgungsgesellschaften (Utilities) sowie die Telekommunikationsfirmen mit einem besonders hohen Potenzial hervor. In diesen Branchen sind innerhalb der vergangenen fünf Jahre einerseits überdurchschnittliche IT-Investitionen getätigt worden. Andererseits waren diese Branchen auch im An- und Verkauf von Beteiligungen (Mergers & Acquisitions) sehr aktiv, so dass es einen erheblichen Aufwand hervorruft, die unterschiedlichen IT-Infrastrukturen zu bereinigen, zusammenzuführen und zu harmonisieren.

Hinzu kommt speziell bei den Versorgungs- und Telekommunikationsunternehmen ein überdurchschnittlich hoher Einsatz von kostenintensiven Unix-Infrastrukturen. Durch die Alternativen Mainframe/Linux, Clustered/ Linux (Blade-Server) oder teilweise auch Intel/ Windows lassen sich in diesen Branchen erhebliche Einsparungen realisieren, wie unterschiedliche Fälle aus der Praxis belegen. Die Strukturkrise im Banken- und Versicherungssektor hat zu einem Kosten- und Ertrags-druck geführt, der die hohen IT-Betriebskosten nicht länger toleriert und harte Einsparungen erfordert.

Plattformen

Derzeit offerieren nahezu alle großen Hardwareanbieter so genannte Konsolidierungsplattformen, die dem Kunden gemäß den oben beschriebenen Kriterien nutzen sollen. Im Folgenden werden nur diejenigen Plattformen vorgestellt, die nach Erkenntnissen von Tech-consult einen relevanten "Market Impact" ha-ben, sprich die notwendigen Erfolgsfaktoren aufweisen und sich am Markt durchsetzen werden.

Intel/Linux (Cluster, Blades)

Die Entwicklung des Open-Source-Betriebssystems Linux hin zu einer Business-fähigen Plattform mit interessanten Clustering-Eigenschaften hat zu einer preisgünstigen Alternative für bestehende Unix-Workloads geführt. Im Linux-Cluster kann mittlerweile eine Leistung erreicht werden, die annähernd auf dem Niveau von Unix-Systemen liegt. Allerdings fallen die gesamten Anschaffungskosten wesentlich geringer aus. Einerseits ist Intel-basierende Rechenleistung kostengünstiger, andererseits sind die Kosten für das Betriebssystem marginal. Ein entscheidender Faktor sind die im Vergleich zu herkömmlichen Unix-Derivaten deutlich günstigeren Service- und Supportaufwendungen.

Zentrale Faktoren der Entwicklung bei Intel/Linux-Plattformen sind die Anstrengun-gen der Anbieter, bestehende Funktionen aus dem Highend-Cluster-Bereich (zum Beispiel Crash-Simulationen im Automobilbau oder Wettersimulationen) kostengünstig in den normalen Business-Bereich zu transferieren. Daneben hat sich die Blade-Technologie etabliert, bei der Intel-Server im Rack vertikal gesteckt werden und sich in einem Gehäuse-schrank ein leistungsfähiger und wartungs-freundlicher Linux-Cluster aufbauen lässt. Vorteile bringt die damit verbundene hohe Skalierbarkeit, da bei zusätzlich benötigter Rechenleistung einfach weitere Server in das Rack geschoben werden, die sich teilweise eigenständig in das Cluster integrieren. Hinzu kommen Erfolge der Anbieter, logische Parti-tionen auf Intel-Linux-Plattformen zu ermöglichen, so dass auch die Konsolidierung verschiedenster Workloads auf Intel/Linux-Clustern möglich ist.

Auch wenn Intel/Linux-Cluster noch nicht den höchsten Ansprüchen an Verfügbarkeit und Recovery genügen, werden diese Plattformen künftig eine zentrale Rolle bei der Server-Konsolidierung spielen, da das Kosten-Leistungs-Verhältnis für Workloads mit mittlerem Risiko- und Sicherheitsniveau sehr wettbewerbsfähig ist.

Mainframe/Linux

Als Konsolidierungsplattform für Großunter-nehmen mit bestehendem Mainframe-Know-how und entsprechender Infrastruktur bietet sich die Kombination von Linux auf dem Großrechner an. Die derzeit nur von IBM ver-triebene Kombination aus ursprünglich pro-prietärer Zentralrechner-Technologie und of-fenen Standards bietet für große Organisatio-nen Vorteile: Einerseits können sie bestehen-des Wissen und teilweise Infrastrukturen weiter nutzen. Andererseits eröffnen die ausgereiften Virtualisierungsfunktionen die Chance, annähernd alle Linux-fähigen Workloads im Rahmen einer logischen Partition zu betreiben. Neben diesen Stärken im Hinblick auf die Skalierbarkeit bietet Mainframe/Linux für Unternehmen weiterhin die Vorteile einer großrechnerspezifischen Infrastruktur, die Intel-basierenden Linux-Systemen bisher versagt blieb: absolute Robustheit, höchste Sicherheits- und Recovery-Funktionen und Verfügbarkeit.

Diese Vorteile werden allerdings auch künftig wohl eher Großunternehmen zugute kommen, die mit der Konsolidierung weiterer Anwendungen unter Linux den Lebenszyklus ihrer Mainframe-Infrastrukturen verlängern können. Für mittelgroße oder kleine Unternehmen kommt diese Variante nicht in Betracht.

Intel/Windows

Mit "Windows Server 2003" wird Microsoft seine Aktivitäten in Richtung Server-Konsolidierung weiter verstärken und eine wettbewerbsfähige Konsolidierungsplattform für diejenigen Unternehmen bereithalten, die im Anwendungsbereich stark Microsoft-lastig strukturiert sind. So bestehen auf Kundenseite vornehmlich Konsolidierungspotenziale im Bereich der Groupeware-Lösung Exchange. Allerdings ergeben sich bei der Konsolidie-rung der älteren Exchange-Versionen mit Windows Server 2003 einige technische Probleme, so dass abzuwarten bleibt, wie auf Anbieter- und Anwenderseite reagiert wird. Weiterer Konsolidierungsbedarf wird sich künftig im Bereich von Dokumenten- und Web-Content-Management-Lösungen ergeben.

In annähernd "reinen" Microsoft-Umgebungen sind Konsolidierungen auf die neuen Windows-Server-Versionen unvermeidlich, da die Risiken und Migrationskosten beim Wechsel auf andere Plattformen sehr hoch sind oder komplett neue Anwendungen erfordern. Will der Anwender seine Microsoft-Lösungen wei-terhin betreiben, muss er sich mit den vom Hersteller angebotenen Konsolidierungsmöglichkeiten begnügen. In diesen Fällen kann zumindest das interne Know-how optimal genutzt werden.

I-Series

Mit der neuen Version der I-Series (ehemals AS/400) hat IBM eine Konsolidierungsmög-lichkeit für mittelständische Anwender ge-schaffen und analog zu Mainframe/Linux den Lebenszyklus eines seiner Klassiker verlän-gert. So hat auch die I-Series entsprechende Virtualisierungsfunktionen (logische Partitio-nen) und eignet sich für den parallelen Betrieb von OS/400 und Linux. Eine integrierte Intel-Server-Umgebung mit eigenem Prozessor un-terstützt Microsoft Windows 2000 Server auf den Rechnern. So trägt die I-Series weiterhin den Charakter einer Allround-Plattform, auf der neben der ERP-Lösung und weiteren Datenbankanwendungen auch neuere Web-Workloads laufen.

Fazit

Aufgrund ihres Preis-Leistungs-Verhältnisses haben die geclusterten Intel-Linux-Plattformen das größte Wachstumspotenzial unter den skizzierten Konsolidierungsplattformen. Gleichauf dürfte Windows Server 2003 auf Intel-Hardware liegen, da diese Variante in homogenen Microsoft-Umgebungen annähernd konkurrenzlos ist. Für die Konsolidierungsvorhaben mittelständischer Unternehmen wird IBMs I-Series weiter an Bedeutung gewinnen. Das Einsatzpotenzial von Mainframe/Linux-Plattformen bleibt hingegen schmal, auch wenn weiterhin Konsolidierungen großer Unix-Infrastrukturen auf den Host vorgenommen werden. Risc/Unix-basierende Systeme wählen Anwender nur vereinzelt als Konsolidierungsziel. Mittel- und langfristig werden die proprietären Unix-Derivate die Verlierer im Server-Markt sein und vielfach den Ausgangspunkt für Konsolidierungsprojekte bilden. (wh)

*Carlo Velten ist Consultant beim Kasseler Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Techconsult.

Abb: Server-Konsolidierung nach Branchen

Versorgungs- und Telekommunikationsunternehmen weisen aufgrund teurer Unix-Infrastrukturen ein hohes Konsolidierungspotenzial auf. Quelle: Techconsult GmbH