DSAG Technologietage 2014

Die Pläne von SAP und seinen Kunden sind nicht kongruent

24.02.2014
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Während SAP mit neuen Lösungen rund um HANA und Cloud Computing vorprescht, kämpfen die Anwender noch mit der Komplexität ihrer Systeme. Sie wollen sich nicht unter Druck setzen lassen und ihr eigenes Innovationstempo gehen.

SAP gebe einen sehr schnellen Takt hinsichtlich Innovationen vor, konstatierte die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) anlässlich ihrer Technologietage Mitte Februar in Stuttgart. Nicht alle Kunden könnten und wollten mit dem größten deutschen Softwarehersteller Schritt halten.

Konsolidierung bleibt ein Dauerthema

Grund dafür sei, dass SAPs Innovationslevel und der Status quo der Installationen beim Anwender nicht immer zusammenpassten. Das hat einmal mehr auch die aktuelle Investitionsumfrage der Anwendergruppe bestätigt.

DSAG-Vorstandsvorsitzende Marco Lenck.
DSAG-Vorstandsvorsitzende Marco Lenck.
Foto: DSAG

Als Topthema nannten drei Viertel der über 400 befragten IT-Verantwortlichen Aufgaben rund um die Harmonisierung und Konsolidierung ihrer IT-Landschaften. "Projekte im Bereich Konsolidierung und Harmonisierung sind immer noch das Brot- und Buttergeschäft der SAP-Anwender", sagte der DSAG-Vorstandsvorsitzende Marco Lenck.

Hohen Stellenwert haben mittlerweile auch mobile Anwendungen, die drei von vier Anwendern als Topthema identifizierten. Dagegen spielen Software as a Service (SaaS) und In-Memory-Computing eine weniger wichtige Rolle. Lediglich jeder Dritte bezeichnete diese Techniken als relevant für seine IT-Planungen. Auch die Verteilung der SAP-Budgets in den Unternehmen belegt, dass die Anwender nach wie vor etliche Basis-Hausaufgaben zu erledigen haben.

Zwei Drittel der Befragten wollen im laufenden Jahr in ihr Kern-ERP-System investieren. Dabei geht es in erster Linie darum, die Komplexität der SAP-Systeme zu verringern, berichtet Andreas Giraud, Mitglied im DSAG-Vorstand und dort verantwortlich für Technologiethemen. Vor allem die Rückführung der Systeme in den Standard stehe dabei im Fokus fast aller befragten CIOs.

Kundenspezifische Modifikationen hätten in der Vergangenheit das Komplexitätsproblem drastisch verschärft. Damit kämen viele Unternehmen heute nicht mehr alleine zurecht. Über die Hälfte der SAP-Budgets wird in Beratungsleistungen investiert. Ein Drittel fließt in Lizenzen, 16 Prozent in Hardware.

SAP ist nicht zwangsläufig gesetzt

Auch wenn die ERP-Basis weiterhin im Mittelpunkt steht, wächst das Anwenderinteresse an neuen Themen. Bei mobilen Anwendungen beträgt das Plus im Vergleich zum Vorjahr 13 Prozentpunkte auf 75 Prozent der Anwender, die entsprechende Pläne verfolgen - bei In-Memory legte der Anteil der Interessenten von zehn auf 31 Prozent zu, in Sachen SaaS von 25 auf 34 Prozent.

Auffällig sei dabei jedoch, so die DSAG-Sprecher, dass die Kunden an diesen Themen zwar hochinteressiert seien, aber SAP deswegen noch lange nicht den Zuschlag für entsprechende Aufträge bekommen müsse. Laut Investitionsumfrage will jeder Dritte in mobile SAP-Anwendungen investieren, für SAP HANA wollen 18 Prozent der Befragten Geld in die Hand nehmen und für SaaS-Anwendungen aus dem Hause SAP lediglich drei Prozent.

"DSAG-Mitglieder kümmern sich um die aktuellen Topthemen wie Mobility, In-Memory und Cloud, nutzen aber nicht nur SAP-Produkte für die Umsetzung", interpretiert DSAG-Vorstand Lenck diese Ergebnisse. "Kunden analysieren ihre Ausgangssituation sehr genau und suchen sich dann die Produkte, die zu ihrer Landschaft im Unternehmen passen."

Diese Botschaft dürfte bei den SAP-Verantwortlichen nicht gut ankommen, haben sie doch gerade die Geschäftsfelder rund um Cloud-Lösungen und HANA zu den wichtigsten Hoffnungsträgern für ihr künftiges Business erklärt. Die Ziele sind ehrgeizig. So wollen die Softwerker schon im kommenden Jahr zwei Milliarden Euro mit Cloud-Anwendungen umsetzen. Das wären dann bereits zehn Prozent vom Gesamtumsatz. Dafür müssten sich die Cloud-Einnahmen im Vergleich zu 2013 (knapp 700 Millionen Euro) fast verdreifachen.

Um diese Ziele zu erreichen, braucht das SAP-Management die Unterstützung seiner Klientel. Der Softwarekonzern müsse wieder stärker an seine Kunden heranrücken, fordern die Anwendervertreter. "Wir rufen SAP dazu auf, ihre Produkte konsequent auf die Bedürfnisse der Kunden auszurichten und konkrete greifbare Anwendungsszenarien aufzuzeigen", sagte DSAG-Mann Giraud. Der Softwarehersteller müsse Unternehmen helfen, Innovationen hinsichtlich ihrer Relevanz und der möglichen Implikationen einzuordnen, und dürfe "nicht die Innovation um der Innovation willen pushen".

Andreas Giraud, Vorstand Technologie bei der DSAG
Andreas Giraud, Vorstand Technologie bei der DSAG
Foto: DSAG


Tempo selbst bestimmen

Anwenderunternehmen sollten in der Lage sein, Innovationen in dem für sie geeigneten Tempo zu realisieren. Dafür brauche es jedoch erst die passenden Rahmenbedingungen und einen entsprechenden Business Case. Doch hier herrscht oft noch Unklarheit. Als Beispiel führt Giraud SAPs In-Memory-Datenbank-Architektur HANA an. Damit ließen sich zwar Analysen und Daten-Handling deutlich beschleunigen. Vielen Anwendern komme es jedoch gar nicht auf die Geschwindigkeit an - häufig kämpften sie eher mit grundlegenden Aufgaben wie der Sicherung der Datenqualität. Darüber hinaus müsse auch der Investitionsschutz gewährleistet sein, fordert die DSAG. SAP verspreche mit HANA eine Vereinfachung der Infrastruktur wie beispielsweise den Wegfall eines Data Warehouse. Doch genau in diese Infrastruktur hätten die Anwender viel Geld investiert.

DSAG-Investitionsumfrage

Für die jüngste Investitionsumfrage hat die DSAG vom 14. November 2013 bis 10. Januar des laufenden Jahres 413 Vertreter von Mitgliedsunternehmen befragt. Dabei ging es um:

  • Veränderungen im Investitionsverhalten,

  • Relevanz der Innovationsthemen und

  • Investitionen in SAP-Anwendungen.

Insgesamt wachsen die Budgets langsamer als in den Vorjahren. Laut Umfrage legen die SAP-Budgets 2014 im Vergleich zu 2013 um sechs Prozent zu. Damit hat sich das Wachstum im Vergleich zum Vorjahr (plus 11,2 Prozent) fast halbiert. Die Gesamt-IT-Budgets wachsen um 2,1 Prozent. Im Vorjahr hatte das Plus noch bei 5,9 Prozent gelegen.