Seit Jahrzehnten immer wieder propagiert, ist das Engineering-Prinzip immer noch nicht in der IT angekommen, sagt Der das sagt, muss es wissen: Rainer Janßen, CIO der Münchner Rück, ist einer der erfahrensten deutschen IT-Chefs - und von seinen Standeskollegen gewählter "CIO der Dekade" in der Rubrik "Durchsetzungskraft".
Janßens Vortrag auf den diesjährigen Hamburger IT-Strategietagen trug die Überschrift: "SOA für die IT - oder Warum wir unsere bittere Medizin auch selbst schlucken müssen". Sein Thema war die Industrialisierung, oder besser: Professionalisierung der IT-Bereiche. Und er sorgte für lebhafte Diskussionen in den Kaffeepausen.
Infrastruktur ist einfacher
Nun kann niemand behaupten, die IT befinde sich noch im vorindustriellen Zeitalter. Teilweiseist sie auf dem Weg zur Vereinfachung von Prozesse und Strukturen schon recht weit vorangeschritten. Allerdings gilt das vor allem für Infrastrukturen (Stichwort: Virtualisierung), weniger für die Anwendungsentwicklung. "Infrastruktur ist einfacher", konstatierte Janßen. Schon die Begriffe seien dort viel leichter zu kategorisieren.
Die Anwendungsentwicklung hingegen falle immer noch in die Rubrik "Kunsthandwerk", so der Münchener-Rück-CIO. Beispielsweise grassiere dort häufig das NIH-Syndrom, kurz für: "not invented here". Anstatt auf dem aufzubauen, was andere Entwickler bereits geschaffen haben, also deren Code wiederzuverwenden, tendierten die Development-Bereiche nach wie vor dazu, jede Codezeile neu erstellen zu wollen.
Janßen plädierte dafür, das SOA-Prinzip (Service-oriented Architecture) in die Anwendungsentwicklung einzuführen: Die Entwicklung sollte nicht mehr nach Kunden, also Teilunternehmen oder Fachbereichen, aufgeteilt sein, sondern nach Services organisiert werden. Beispielsweise sei es Unfug, für jede Applikation ein eigenes Testing aufzubauen, wenn man die Funktion "Softwaretest" auch als übergreifenden Service installieren könne.