Trovarit ERP-Zufriedenheitsstudie 2016

Die Ansprüche der Anwender an ihre ERP-Systeme steigen

28.09.2016
Von  und
Karsten Sontow ist Vorstand der Trovarit AG in Aachen.
Analyst bei der Trovarit AG

Die Aufsteiger 2016 …

Nachdem die Positionierung 2014 durchaus noch Luft nach oben aufwies, ist IFS Applications im Verlauf der vergangenen zwei Jahre wie der Phönix aus der Asche aufgestiegen. Die Software verzeichnet auf breiter Front Verbesserungen, insbesondere bei Ergonomie, Release-Fähigkeit sowie Anpassbarkeit & Flexibilität. Auch wenn die neue Version 9 von "IFS Applications" bis dato bei weitem noch nicht bei allen Kunden installiert ist, wirft das aktuelle Release mit einer völlig neuen Benutzeroberfläche, Auswertungsmöglichkeiten und mobilen Anwendungsszenarien möglicherweise schon in vielen Anwenderunternehmen deutliche Schatten voraus. Hinzu kommen spürbar bessere Noten für die Betreuung der ERP-Kunden. Im Hinblick auf die Dienstleistungen fallen insbesondere deutliche Verbesserungen bei der Beratung zur Einsatzoptimierung beim Schulungs- & Informationsangebot sowie beim Ansprechpartner auf. Offenbar erntet IFS hier die Früchte weit reichender organisatorischer Umstellungen, in deren Zuge die Betreuung des Kundenstamms deutlich aufgewertet wurde.

"MAJESTY", eine Branchenlösung, die vor allem im Bereich der Elektro- und Medizintechnik zu Hause ist, schneidet bei der Zufriedenheitsstudie seit Jahren deutlich überdurchschnittlich ab. 2016 verzeichnet die Software nochmals Verbesserungen. Dazu tragen insbesondere Fortschritte bei der mobilen Einsetzbarkeit, der Stabilität und der Funktionalität bei. Die Steigerungen auf der Dienstleistungsseite sind offenbar einer deutlich besseren Betreuung durch den "Ansprechpartner" zuzuschreiben.

Auch "GUS OS", eine Branchenlösung für die Prozessindustrie (Chemie, Pharma und Nahrungsmittel) schneidet 2016 aufgrund deutlicher Fortschritte in der "Ergonomie" sowie bei der "Anpassbarkeit" deutlich besser ab. Dirk Bingler, Sprecher der Geschäftsführung der GUS Group, führt dies auf die rollenbasierte Benutzerführung in Verbindung mit einer Web-Oberfläche zurück, deren Bedienung stark an Elemente aus der von vielen Usern gewohnten Office-Umgebung angelehnt ist.

… und die Absteiger unter den ERP-Anbietern

ERP-Zufriedenheitsstudie 2016 von Trovarit: Trend "Anwenderzufriedenheit – Insgesamt".
ERP-Zufriedenheitsstudie 2016 von Trovarit: Trend "Anwenderzufriedenheit – Insgesamt".
Foto: Trovarit

Am Beispiel der auf die Belange größerer Automobilzulieferer zugeschnittenen Lösung "Infor ERP Expert" zeigt sich der Einfluss von Installationsgröße und Release-Alter recht deutlich. Die im Zuge der Studie bewerteten Installationen wurden durchschnittlich vor knapp sechs Jahren letztmalig per Release-Wechsel modernisiert. Der Bestand ist damit im Vergleich zur letzten Studie 2014 (erneut) gealtert. Entsprechend bewerten die Anwender die Release-Fähigkeit nochmals schwächer. Möglicherweise als Folge daraus schneidet die Lösung auch in Punkto Schnittstellen spürbar schwächer ab. Technologiebezogene Aspekte wie Ergonomie, Anpassbarkeit und Formulare & Auswertungen werden ebenso weit unterdurchschnittlich bewertet. Im Vergleich zum Marktdurchschnitt positiv eingestuft werden dagegen die Performance und Stabilität der Software.

Das spürbar schlechtere Abschneiden des Anbieters insgesamt lässt sich allerdings nur zum Teil mit der gesunkenen Zufriedenheit bei einzelnen Leistungsaspekten wie dem Support bei Updates und Release-Wechseln oder dem Schulungs- & Informationsangebot erklären. Vielmehr scheint sich hier eine Art Pauschalkritik der Xpert-Kunden am Anbieter Infor die Bahn zu brechen.

Bei der Lösung "Infor Blending" stellt sich das Bild insofern ähnlich dar, als die Abstriche in der Gesamtnote eher auf negative Entwicklungen aus dem Zeitraum 2012 bis 2014 zurückzuführen sind. Bei einzelnen Zufriedenheitsaspekten hat die Software seinerzeit deutliche Einbußen hinnehmen müssen, wie zum Beispiel Schnittstellen, Formulare & Auswertungen und Anpassbarkeit. Während Infor bei einigen dieser Einzelaspekte in der jüngeren Vergangenheit sogar etwas Boden gut machen konnte, hat sich das Gesamturteil erst mit einiger Verzögerung auf den Status der einzelnen Zufriedenheitsaspekte nivelliert.

Ausgehend von einem recht hohen Zufriedenheitsniveau verzeichnet die Software "FOSS" spürbare Abstriche in der Gesamtzufriedenheit mit der Software. Diese etablierte ERP-Lösung findet sich vielfach bei anspruchsvolleren Einsatzszenarien im Automobilzulieferbereich aber auch bei Gießereien. Im Vergleich zu anderen Lösungen mit ähnlicher Einsatzcharakteristik erzielt FOSS überragende Ergebnisse zum Beispiel im Hinblick auf die Release-Fähigkeit. Auch Stabilität und Performance werden überdurchschnittlich bewertet. Allerdings trüben spürbare Verschlechterungen der Zufriedenheit zum Beispiel mit der Bedienerfreundlichkeit, der mobilen Nutzbarkeit, bei Formularen & Auswertungen, der Flexibilität und der Funktionalität das Bild. Das deutet auf technologisch bedingte Restriktionen hin, die auch mit dem Alter der Software zusammenhängen können.

Bei "ams.erp", der Speziallösung für die Einzelfertigung, fällt zunächst einmal die ungewöhnliche Spreizung zwischen den guten Noten für die Software und der deutlich abfallenden Bewertung für den Anbieter auf. Hier schlagen sich offensichtlich spürbar nachlassende Bewertungen für das Schulungs- und Informationsangebot, die Beratung zur Optimierung des ERP-Einsatzes und die Unterstützung bei Release-Wechseln nieder. Auch fällt auf, dass die Schnelligkeit bei der Bereitstellungen von Problemlösungen im Support-Fall deutlich schwächer bewertet wird als im Branchendurchschnitt. Möglicherweise schlagen sich hier Veränderungen der jüngeren Vergangenheit derzeit (noch) negativ nieder. So wurde das Funktionsspektrum der Lösung zuletzt deutlich erweitert, was erfahrungsgemäß einen deutlich größeren Informationsbedarf bei den Kunden nach sich zieht. Gleichzeitig wurde der Support für Drittprodukte, die mit ams.erp ausgeliefert werden, durch die ams selbst übernommen, um den Kunden Lösungen aus einer Hand bieten zu können. Die Studienergebnisse deuten hier auf Anlaufschwierigkeiten hin.