Micropro erwartet hohe Zuwachsraten:

Der Software-Markt im Wandel

30.11.1984

MÜNCHEN (pi) - Für das kommende Jahr sieht die Roland Berger Unternehmensberatung einen Umsatz-Zuwachs im Bereich der Arbeitsplatzrechner um etwa 69 Prozent. Dies deckt sich nach Angaben aus dem Softwarehaus Micropro, München, nahezu mit deren Erwartungshaltung.

Dies sind jedoch Umsatzzahlen; ganz anders sieht die Situation bei den Stückzahlen aus. Der Preisverfall der Hardware hat nun auch die Softwarebranche eingeholt. So müssen in Zukunft für gleichbleibenden Umsatz viel mehr Pakete verkauft werden als 1984.

Fehlender Support schadet Anwendern

Diese Entwicklung wurde durch viele kleine Unternehmen in den USA eingeleitet, die gute Produkte, aber keine Distributionskanäle haben. Die Distributionskanäle werden nun über den Preis erschlossen. Professionelle Softwarepakete für 99 Dollar sind durchaus keine Seltenheit mehr.

Man kann zwar sagen: Konkurrenz belebt das Geschäft, aber in diesem Fall hilft dies keinem der Beteiligten. Die Softwarehersteller müssen immer schneller neue Produkte marktreif machen, die immer preisgünstiger werden, der Handel verdient weniger und kann dann - wie auch der Hersteller - keinen Support mehr anbieten und schadet damit dem Anwender; womit der Kreis geschlossen ist. Der Weg in die Massensoftware ist trotz negativer Begleitumstände jedoch bereits vorgezeichnet.

Das Jahr 1984 war eindeutig das Jahr der integrierten Softwarepakete. Dabei war nicht die Datenkompatibilität zwischen Einzelprogrammen gemeint sondern die Totalprogramme wie Symphonie oder Framework (ein Programm für alle).

Unix-Durchbruch nicht in Sicht

Diese Modeerscheinung neigt sich jedoch dem Ende zu, wie die stagnierenden Absatzzahlen in USA deutlich zeigen. Das Jahr 1985 wird das Jahr der Einzelprogramm-Integration, das Jahr von Topview und/oder MS Windows. Diese Integration auf höherer Betriebssystem-Ebene setzt natürlich ein Multitasking Betriebssystem voraus, gibt dem Anwender jedoch die volle Funktionalität der mächtigen Einzelprogramme.

Laut Micropro bringt 1985 noch nicht den Durchbruch für Unix im Markt der Arbeitsplatzrechner, aber es wird eine wichtige Vorphase sein. Das Warten auf eine noch leistungsfähigere Hardware (Intel 80386) fällt jedoch leicht, da noch viele "persönliche" Anwendungen des PCs nicht erschlossen sind. Der Eigentumsgedanke hat den Mikro zu dem gemacht, was er ist, ein Milliarden- Ding.

Hardware steuert Software-Entwicklung

Selbstverständlich beeinflussen Hardware-Innovationen auch die Richtung der Software-Entwicklung Eine Hardware-Revolution ist derzeit nicht in Sicht, jedoch ist der Trend von den 16/32-Bit-Maschinen zu den reinen 32-Bit-Rechnern (Intel 80386) ersichtlich. Der erste Ein-Megabit-Chip steht vor der Serienreife, ebenso ist die Technologie der Spracheingabe beziehungsweise Spracherkennung (Speech Recognition) schon weit fortgeschritten.

Kurzfristig erwarten wir die breite Einführung von high-resolution Screens (Pixel Graphic) und die breite Eröffnung von Communications-Möglichkeiten für Arbeitsplatzrechner (öffentliche Netze und Groß-EDV-Anbindung).