Die Zukunft von Hewlett-Packard

Der Patient braucht Ruhe

09.10.2011
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Alle Versprechen Makulatur

Todd Bradley, Chef der Personal Systems Group, hängt etwas in der Luft. Die Zukunft der PSG und damit von ihm sind noch unklar.
Todd Bradley, Chef der Personal Systems Group, hängt etwas in der Luft. Die Zukunft der PSG und damit von ihm sind noch unklar.
Foto: HP

Ein halbes Jahr später waren alle Ankündigungen Makulatur. Ohne den Chef der Personal Systems Group, Todd Bradley, vorher eingeweiht zu haben - erst drei Tage vor der offiziellen Verlautbarung eröffnete Apotheker dem PSG-Chef die Neuigkeiten beim Abendessen -, teilte der HP-CEO einer irritierten Öffentlichkeit mit, man werde die Produktion des "TouchPad" genannten iPad-Konkurrenten einstampfen. Noch vorhandene Chargen würden für 99 Dollar (etwa 200 Dollar unter Produktionspreis) verschleudert. Ferner plane HP, sich vom PC-Geschäft zu verabschieden und sich damit auch von Tablets und Smartphones zu lösen. Ein Spinoff der PC-Division sei Apotheker die liebste Variante, andere Optionen behalte man sich allerdings vor.

Außerdem werde man den auf die Verarbeitung unstrukturierter Daten spezialisierten Anbieter Autonomy für 10,5 Milliarden Dollar kaufen - ein Preis, der vielen Experten weit überhöht scheint, der Autonomy-Aktionären aber immer noch zu niedrig ist. Prompt ging die HP-Aktie in den Sturzflug über. Binnen Stunden verlor sie 20 Prozent ihres Wertes.

Auftrag zum Umbau

Apotheker hatte bei Amtsantritt nach Meinung von Experton-Analyst Andreas Zilch "offensichtlich den Auftrag zum Umbau des Konzerns erhalten". Mit der Fokussierung auf Software- und Servicethemen habe er wohl versucht, diesen Kurs "aus seiner Sicht konsequent umzusetzen". Seine mangelnde Kommunikationsfähigkeit innerhalb des Konzerns und in die Öffentlichkeit, die ihn auch schon bei SAP um sein Amt brachte, schafften allerdings auch bei HP Probleme - nicht zuletzt mit dem Verwaltungsrat.

Das Ende vom Lied waren anscheinend lancierte Meldungen in der "New York Times" und im "Wall Street Journal", die am 21. September orakelten, Apothekers Tage seien gezählt, Meg Whitman werde ihn beerben. Unklar schien nur noch, ob als vorübergehende oder auf lange Sicht eingesetzte Spitzenfrau von HP. Einen Tag später saß sie im Sattel.

Raymond Lane als amtierender Vorsitzender des Direktoriums begründete den Wechsel mit den Worten: "Leo war durchaus gut darin, herauszufinden, was HP tun musste, um Mehrwert zu schaffen." Aber dem geschassten CEO hätten wichtige Management-Werkzeuge gefehlt, wie etwa "Operational Excellence, Menschenkenntnis und Kommunikationsfähigkeit". Als man am Tisch im Direktorium in die Runde gesehen habe, sei plötzlich allen klar geworden, dass es da jemanden gab, der all diese Fähigkeiten in sich vereinte: "Meg hat all diese Dinge."

Die Analysten von Experton glauben, dass es für Whitman, die sich zuletzt im kalifornischen Wahlkampf aufgerieben hatte, keine leichte Sache wird, HP wieder auf Kurs zu bringen. Ebay habe sie zwischen 1998 und 2008 zwar erfolgreich geführt. "Damit bringt sie jedoch überwiegend Erfahrung aus dem B2C-Geschäft mit, wogegen HP seinen meisten Umsatz im B2B-Bereich - und zwar mit Großkunden - macht."

Massive Änderungen im Board

Die Veränderungen im Board of Directors von Hewlett-Packard reflektieren die Unruhen, von denen dieses Spitzengremium seit der Benennung von Léo Apotheker erschüttert wurde.

Apotheker selbst wurde mit seiner Inthronisation als HP-CEO auch Mitglied des Aufsichtsrats. Dort kam es seit der Bestallung des ehemaligen SAP-Managers im November 2010 zu massiven Auswechselungen.

Sieben neue Mitglieder wurden seither in das 14-köpfige Verwaltungsratsgremium berufen:

  • Shumeet Banerji: CEO von Booz & Company. Im Aufsichtsrat seit 2011.

  • Raymond Lane: Non-executive Chairman seit November 2010, seit Apothekers Entlassung Executive Chairman. Managing Partner der Private-Equity-Firma Kleiner Perkins Caufield & Byers.

  • Ann Livermore: Interimschef von HP Enterprise Services. Im Board seit Mai 2011.

  • Gary Reiner: Berater bei der Equity-Firma General Atlantic. HP-Direktor seit 2011.

  • Patricia Russo: War CEO bei Alcatel-Lucent und dessen Vorgängerunternehmen Lucent Technologies Inc. sowie Lucent. Russo wurde 2011 ins HP-Board berufen.

  • Dominique Senequier: CEO bei der Equity-Firma Axa Private Equity. Seit 2011 im HP-Verwaltungsrat.

  • Margaret Whitman: War CEO von Ebay. Bewarb sich 2010 um die Nachfolge auf dem Gouverneursposten in Kalifornien. Director seit 2011.

Weitere Mitglieder des Board of Directors von HP sind:

  • Kennedy Thompson: Berater der Equity-Firma Aquiline Capital Partners LLC. Im HP-Board seit 2006.

  • John Hammergren: CEO der Healthcare-Service- und IT-Company McKesson Corp. Im HP-Direktorium seit 2005.

  • Rajiv Gupta: Von 1999 bis 2009 CEO von Rohm and Haas Company, einem Hersteller von Sonderwerkstoffen. Im HP-Aufsichtsrat seit Januar 2009.

  • Sari Baldauf: Von 1998 bis Februar 2005 war Baldauf Executive Vice President und General Manager des Netzwerkgeschäfts bei der Nokia Corp. Seit 2006 im HP-Direktorium.

  • Lawrence Babbio: HP-Direktor seit 2002. Babbio ist seit 2007 Berater der Private-Equity-Firma Warburg Pincus.

  • Marc Andreessen: Mitgründer und Partner der Wagniskapitalfirma Andreessen Horowitz. War zudem Mitbegründer von Net-scape Communications Corp. und CTO von America Online Inc. HP-Direktor seit 2009.