Der Markt für mobile Lösungen steckt noch in den Kinderschuhen

16.12.2005

Nach einer Studie der IDC-Marktforscher ist die Integration von Backend-Anwendungen in mobile Szenarien noch immer die Ausnahme: „Der größte Teil der befragten Unternehmen verfügt über ein Budget für mobile Lösungen, das unter 100 000 Euro liegt.Davon werden derzeit mehr als 50 Prozent in Hardware und Mobilfunk investiert. Dies kennzeichnet den produktzentrischen Markt für mobile Lösungen in Deutschland, der E-Mail- und PIM-Lösungen ohne größere Integration mit unternehmenskritischen Applikationen einsetzt“, sagt Thomas Reuner, Senior Consultant und Projektleiter bei IDC in Frankfurt am Main.

IDC hatte im Juli und August dieses Jahres 962 Unternehmen in Deutschland zum Thema „Mobile Enterprise“ befragt. Danach herrscht in Deutschland Verunsicherung vor: 79 Prozent der Befragten hatten sich überhaupt noch nicht mit der Thematik auseinander gesetzt, nur 17 Prozent nutzen mobile Lösungen.

Tablet-PC- oder Notebook-basierte Außendienstlösungen gibt es schon lange; die meisten dieser Anwendungen beruhen jedoch auf Festnetzverbindungen. Der Außendienstler gleicht seinen Datenbestand in der Regel ein- bis zweimal täglich über DSL-, ISDN- oder Modemverbindung mit der Zentrale ab. Kein zukunftstaugliches Modell, sagt Professor Gruhn: "Mobile Thin Clients, die in Echtzeit auf die zentralen Systeme zugreifen, bieten die beste Kosten-Nutzen-Relation. Die Unternehmen machen sich noch zu wenig Gedanken um die Konzeption mobiler Anwendungen."

Gruhn hat sich besonders mit der Versicherungsbranche befasst und nennt einen weiteren Grund für die zögerliche Haltung, mobile Lösungen einzuführen.Viele Unternehmen begingen schon bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung einen grundsätzlichen Fehler, indem sie sich nur auf Rationalisierungseffekte aus Einsparungen im Bereich der Technik - wie geringerer Entwicklungs-, Betriebs- und Wartungsaufwand - konzentrieren. Die Chancen der Prozessrationalisierung blieben damit auf die IT-Prozesse beschränkt, Rationalisierungspotenziale in den Kerngeschäftsprozessen ergäben sich bestenfalls zufällig. Kosten-Nutzen-Betrachtungen, die Aufschluss über die Entlastung des Innendienstes geben - wie etwa durch die Fertigstellung der Schadensberichte vor Ort durch den Außendienstmitarbeiter - würden oft nicht in die Betrachtung miteinbezogen.

Weitere Unsicherheitsfaktoren sind die komplexe Technik und Sicherheitsbedenken. Gerade Mittelständler mit kleinen, oft überlasteten IT-Abteilungen verfügen nicht über das Know-how, mobile Lösungen zu planen und zu implementieren. Sie müssen sich auf die Hilfe von Produktanbietern und Beratern verlassen und treffen häufig auf vollmundige Marketing-Versprechen statt auf konkrete Lösungen. "Anbieter von mobilen Lösungen müssen die Bedürfnisse der Anwender stärker adressieren. Die Unternehmen erwarten transparente Nutzungsszenarien, die ihre Strategie unterstützen und messbar sind", so IDC-Mann Reuner.

Der Bedarf für mobile Lösungen wird steigen: "Über 15 Prozent der Beschäftigten in Unternehmen ab 20 Mitarbeitern sind mehr als ein Fünftel ihrer Arbeitszeit unterwegs", sagt Frank Heuer,Leiter des Compentence Centers Communication des Kasseler ITK-Marktforschers und –Unternehmensberaters TechConsult. Dieser Anteil wird in den nächsten Jahren weiter ansteigen. Zaudern könnte zum Wettbewerbsnachteil werden: "Die Mobilität der Mitarbeiter wird zum Schlüssel für den Unternehmenserfolg", ist Louis Jouanny, Leiter Business Development Support bei Fujitsu Siemens Computers, überzeugt. Den Anbietern rät IDC-Analyst Reuner: "Nur wenn sie die Anwender von mobilen Lösungen überzeugen können,wird sich der deutsche Markt dynamisch entwickeln."