Der Eiertanz ist eroeffnet

15.07.1994

In normalen Unternehmen nach Mac-Anwendern zu fahnden gleicht der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen - irgendwo stecken sie. In unserem Verlag sitzen die Apple-User vor allem am DTP-Arbeitsplatz und in der "Macwelt"-Redaktion. Lobeshymnen liegen Redakteuren ihrer Natur nach fern, aber zugegeben: Neidisch ist unsereiner trotz schneller 486er schon, zum Beispiel auf die Drag-&-Drop- Moeglichkeit, die das heutige Windows, ueberspitzt gesagt, zum Prototypen degradiert. Ach, waer' man doch... Obwohl es gaengige PC- Programme wie Word, Wordperfect oder Excel auch als Mac-Versionen gibt: Im Office sind Macs gegenueber PCs deutlich in der Minderzahl.

Die Gruende dafuer sind schon oft genannt worden: Hoehere Kompatibilitaetshuerden zwischen Mac und der nahezu allgegenwaertigen IBM-370-Architektur, verglichen mit den IBM-kompatiblen PCs. Hohe Preise, nur moeglich durch einen abgeschotteten Markt. Apples Fahrt auf der Luxusschiene endete, ob gewollt oder nicht, unweigerlich in der Nische. Dort, wo die PCs nicht hinkamen: im grafischen Bereich. Spaetestens mit den 486ern waren die PCs aber auch auf diesem Feld konkurrenzfaehig.

Mit dem Power-Chip hat sich Apple jetzt auf die Seite desjenigen geschlagen, der trotz Open-Systems-Tendenzen letztlich immer noch bestimmt, wie im Unternehmen die DV-Musik spielt: Big Blue. Da aber ein Prozessor allein noch keinen Computer macht, hat sich an der Marktposition Apples nicht viel geaendert. Dass Soft Windows den Anschluss an das breite Software-Angebot der Windows-Welt herstellen soll, ist eine Sache, ob es sinnvoll ist, PC-Programme als Emulation auf einem Mac laufen zu lassen, eine andere. Ein Mac um des lieben Macs Willen - das hat auf dem Corporate-Sektor ja bereits vorher nicht funktioniert.

Apples eigentliches Kapital ist das an Benutzerfreundlichkeit bisher unuebertroffene Mac-Betriebssystem. Das bleibt fuer Softwarehaeuser aus der kommerziellen Ecke allerdings uninteressant, solange es nicht lizenziert wird - was wiederum den Kaufreiz fuer die Office-Anwender nicht sonderlich erhoeht. Fuer Apple besteht aber Handlungsbedarf, soll das Unternehmen nicht zum Statisten im Computermarkt degradiert werden. Doch der Wettbewerb auf dem PC-Parkett ist hart. Mit dem Power-PC-Chip und einer Windows-Emulation wird sich Apple kaum aus der proprietaeren Nebenrolle befreien koennen. Ob es mit einer offenen Systemsoftware gelingt, ist fraglich - der Star heisst Microsoft und hat eine grosse Fangemeinde. Ein erster Blick auf Chicago laesst erwarten, dass diese sogar noch groesser wird. Apple als reiner Hardwarehersteller - das kann aber wohl nicht sein. Der Eiertanz ist also unvermeidlich.