Anwendungsintegration im Unternehmensportal

Der Begriff des Portals wird über kurz oder lang verschwinden

12.01.2001
Portalanwendungen hat derzeit fast jeder Softwarehersteller im Programm. Zu den wenigen Spezialanbietern gehört die Offenbacher Appsolut Software GmbH. Mit Steven Blythe, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des in Offenbach ansässigen Unternehmens, sprach CW-Redakteur Uwe Küll über Unternehmensportale, Anwendungsentwicklung und -integration.

CW: Bei Ihrem Hauptprodukt "Enterprise Portal Suite" weisen Sie darauf hin, dass es sich dabei nur um eine spezielle Ausprägung einer Entwicklungstechnologie handelt, grundsätzlich soll sie sich auch für andere Einsatzgebiete eignen. Wie verhalten sich nun Technologie und Produkt zueinander?

BLYTHE: Wir verkaufen eine Anwendung, nämlich die Enterprise Portal Suite. Die darunter liegende Technologie ist aber universell und eignet sich daher auch für die Entwicklung anderer Unternehmensapplikationen.

CW: Dann ist also das Portal ein Vehikel, mit dem Sie Ihre Technologie verkaufen?

BLYTHE: In gewisser Hinsicht ja. Der Kunde erhält eine Entwicklungsumgebung, die darauf spezialisiert ist, Portale per Drag and Drop zu erstellen. In der Tat haben wir aber auch einige Kunden, die mit der Technologie Anwendungen für Prozesse umgesetzt haben, die mit einem Portal eigentlich nichts zu tun haben.

CW: Wie definieren Sie denn den Begriff des Enterprise Portals?

BLYTHE: Heute ist der Begriff geprägt von dem, was man auch als Knowledge-Management bezeichnet: Zugriff auf strukturierte und unstrukturierte Informationen innerhalb des Unternehmens, dargeboten auf einer einheitlichen Benutzeroberfläche. Wir erleben aber auch, dass man nicht nur auf Informationen zugreifen, sondern diese auch in der Oberfläche prozedural verarbeiten will.

CW: Wie sieht das aus?

BLYTHE: Der Trend geht dahin, dass man beispielsweise SAP- und Baan-Daten nicht nur zur Darstellung in einem Portal zusammenführen, sondern dort gleich bearbeiten und in die Systeme zurückschreiben will. Wir glauben, dass das Portal zu einer einheitlichen Oberfläche für alle Anwendungen wird.

CW: Denken Sie, dass sich der Begriff Portal in diesem Sinne auf Dauer durchsetzen wird?

BLYTHE: Nein, dafür ist er mittlerweile nicht mehr trennscharf genug und wird zunehmend ausgehöhlt.

CW: Aber derzeit erlebt der Begriff doch einen regelrechten Hype.

BLYTHE: Es gibt inzwischen viele Versuche, die Bezeichnung Portal zu präzisieren: Enterprise Information Portal von IBM ist ein Beispiel. Andere sprechen von Enterprise Information Integration Portals - jeder versucht irgendwie, dem Thema ein Label aufzudrücken. Ich denke, dass der Begriff des Portals über kurz oder lang verschwinden wird.

CW: Was macht Sie da so sicher?

BLYTHE: Schauen Sie doch die aktuellen Entwicklungstendenzen an: Die heutigen Windows-Desktops oder Linux-KDE-Clients entwickeln sich zu einem Webtop in einem Browser. Dieser wird dann nicht nur aus lauter Icons bestehen, sondern Anwendungen beinhalten, die der Benutzer arrangiert. Jeder User wird nach seinem Wunsch selbst bestimmen, wie seine Anwendungen und Inhalte angeordnet sind, so wie er auch jetzt festlegt, wie sein Desktop aussieht.

CW: Von der Client-Seite betrachtet, klingt das recht einfach. Anwendungsintegration ist aber ein sehr aufwändiges Thema, für das Sie Konnektoren zu SAP, Notes und Baan anbieten. Sie haben auch darauf hingewiesen, dass Appsolut Software auf spezialisierte Enterprise-Application-Integration-(EAI-)Systeme zugreift. Inwiefern sind Sie nun abhängig vom Vorhandensein eines solchen - meist kostspieligen - Systems bei Ihren Kunden?

BLYTHE: In den großen Banken und Versicherungen sind EAI-Systeme mittlerweile üblich. Diese Unternehmen haben alle schon solche Systeme oder sind dabei, sie einzurichten. Derartige Projekte fangen in der Regel nicht unter einer halben Million Dollar an. Das heißt, EAI kommt nur für Großkunden in Frage wie etwa Banken, Energieversorgungsunternehmen oder Fluggesellschaften. Und genau da sehen wir unseren Zielmarkt. Wo es um High Performance mit Hunderttausenden von Transaktionen geht, sind diese Kosten kein Problem und damit auch kein Hindernis für uns.

CW: Und in den anderen Marktsegmenten?

BLYTHE: Wenn wir anfangen, kleinere Versionen des Produkts zu bauen, und in andere Segmente einsteigen, dann würde uns die Abhängigkeit von EAI-Software vielleicht behindern. Das kompensieren wir aber damit, dass wir die Unternehmen auf unsere direkten Konnektoren hinweisen.