7 Lügen

Das kann IT-Entscheider den Kopf kosten

30.11.2022
Von 
John Edwards ist freier Autor für Themen rund um die Business-IT.
Als Führungskraft zu lügen, ist nie empfehlenswert – ganz zu schweigen davon, sich dabei erwischen zu lassen. Diese sieben Lügen gehören zum Standardrepertoire mancher IT-Entscheider – und können in ein karrieretechnisches Desaster münden.
Mit diesen sieben Lügen befördern sich IT-Entscheider aufs Abstellgleis.
Mit diesen sieben Lügen befördern sich IT-Entscheider aufs Abstellgleis.
Foto: lucaeffestock - shutterstock.com

Wenn IT-Manager und CIOs sich selbst über den Zustand des IT-Betriebs belügen, ist das eine Sache (die durchaus ebenfalls zu Problemen führen kann). Der immense Druck, der heutzutage auf IT-Führungskräften lastet, kann diese aber leicht dazu verleiten, die Wahrheit über den Zustand der IT-Umgebungen "zurechtzubiegen" - in der Hoffnung, gegenüber Anderen den Eindruck zu erwecken, alles im Griff zu haben oder zumindest einem schwierigen Gespräch aus dem Weg zu gehen.

Egal, ob große, kleine oder Notlüge: Kein IT-Manager oder CIO sollte jemals seine Mitarbeiter, Kunden oder Managementkollegen täuschen. Die Wahrheit zu sagen, kostet Sie in der Regel nichts - eine einzige Lüge kann Sie unter Umständen hingegen Ihren Job oder gar Ihre Karriere kosten.

Wenn Sie sich bei einer der folgenden sieben Lügen ertappen, beißen Sie sich auf die Zunge, waschen Sie ihren Mund mit Seifenlauge aus - und nehmen Sie sich anschließend fest vor, das künftig zu vermeiden.

1. "Die IT weiß immer, was das Beste fürs Business ist"

Die Corona-Pandemie rückte IT-Führungskräfte ins Rampenlicht der Business-Welt und erhöhte deren Stellenwert innerhalb der Unternehmen beträchtlich. Doch gerade weil die IT für Unternehmensplanung, -betrieb und -erfolg so wichtig ist, sollten IT-Entscheider weder sich selbst noch anderen vorgaukeln, dass ihre Abteilung der Nabel der Welt ist.

"Die besten Ideen entstehen durch Zusammenarbeit - deshalb sollte die IT-Abteilung als Partner und Berater fungieren und nicht als allwissende Instanz", unterstreicht Saket Srivastava, CIO beim Collaboration-Anbieter Asana. "Fragen stellen, lernen, zuhören, neugierig sein und sich anpassen - das sollten die wichtigsten Werkzeuge jeder IT-Führungskraft sein, um effektiv mit den wichtigsten Stakeholdern zusammenzuarbeiten und das Unternehmen voranzubringen."

Trotz ihrer engen Einbindung in alle Business-Abteilungen seien CIOs nicht immer in die Herausforderungen der einzelnen Teams eingeweiht, gibt der Manager zu bedenken: "Jeder, der vorgibt, alle Antworten zu kennen und dabei die schwierige, aber lohnende Arbeit des Lernens und Entdeckens negiert, verpasst erstaunliche Gelegenheiten und Inspirationen, die möglicherweise nur ein Gespräch entfernt wären."

2. "Jeder ist ersetzbar"

Diese Lüge wird in der Regel als Drohung ausgesprochen - Elon Musk lässt grüßen: "Arbeitet mehr, arbeitet besser, macht den Rückstand wett, oder kündigt." Der Glaube, man kann Teammitglieder dazu zwingen, härter zu arbeiten, ist toxischer Natur und schafft eine entsprechende Kultur, die von Angst und internem Wettbewerb geprägt ist.

Volodymyr Shchegel, Vice President of Engineering beim Cybersicherheitsanbieter Clario, warnt vor den Folgen einer solchen Vorgehensweise: "Als Führungskraft werden Sie aufgrund der hohen Fluktuation und der Verzögerungen bei Projekten und Initiativen am Ende ohne Job dastehen. Wenn Mitarbeiter wegen schlechter Führung und mangelnder Wertschätzung das Unternehmen verlassen, fallen Wissensaustausch und Teamwork flach - was für langfristige IT-Projekte unerlässlich ist."

Müssen IT-Entscheider auf Drohgebärden und Einschüchterungen zurückgreifen, weil sie das Gefühl haben, ihr Team nicht unter Kontrolle zu haben, ist es vielleicht an der Zeit, sich erst einmal mit sich selbst auseinanderzusetzen, meint Shchegel: "Sie sollten Ihre Einstellung ändern und offener für Kritik und Zusammenarbeit sein. Gut zu führen, heißt nicht, besser als alle anderen zu sein, sondern ein Team zusammenzustellen, das die besten Leute für alle anfallenden Tasks enthält."

3. "Gegen Cyberangriffe sind wir immun"

Angesichts des Drucks, der heutzutage von der Geschäftsführung und den Vorständen ausgeübt werde, neigen CIOs allzu oft zu Beschwichtigungen, weiß A.J. Lenkaitis, Chef-Berater bei BARR Advisory. Etwa, wenn sie Kollegen, die sich nach dem Stand der Cybersicherheit erkundigen, versichern, dass die Umgebung des Unternehmens zu einhundert Prozent sicher ist. "Das ist der beste Weg, um von einem neuen Angriff überrascht zu werden - oft mit drastischen Folgen", so Lenkaitis. "Diese Denkweise kann nicht nur zu unangemessen definierten Systemgrenzen und -anforderungen führen, sondern auch dazu, dass nachgelagerte Kontrollen, die für die Langlebigkeit des Unternehmens unerlässlich sind, entfallen."

Die Annahme, eine Unternehmensumgebung sei immun gegen Angriffe, ist höchst gefährlich, weil sie die Strategie der kontinuierlichen Verbesserung untergräbt. Diese ist aber erforderlich, um in einer sich ständig weiterentwickelnden Cybersicherheitslandschaft widerstandsfähig zu bleiben. "Neue Viren, Malware und Ransomware sind speziell darauf ausgelegt, archaische Cybersecurity-Kontrollen zu umgehen", argumentiert Lenkaitis. "In der heutigen Umgebung kommt es nicht darauf an, ob ein Angriff stattfindet, sondern wann. Die Zeit und die Ressourcen, die in die Abwehr künftiger Angriffe investiert werden, zahlen sich enorm aus."

4. "Unsere Technologie ist ausfallsicher"

Dinge gehen kaputt - oft auch überraschend. Die IT besteht aus vielen Systemen, die in unterschiedlichem Maße miteinander verknüpft sind und überwacht werden müssen. Dabei zu jedem Zeitpunkt alles zu wissen, ist deshalb diffizil. Um Ausfälle zu minimieren, gilt es, proaktiv zu handeln - nicht einfach abzuwarten, dass etwas passiert.

Deshalb sollten IT-Entscheider nicht nur damit rechnen, dass es zu Ausfällen kommt, sondern auch offen mit ihren Teammitgliedern und Business-Kollegen darüber kommunizieren, rät Andre Preoteasa, Internal IT Director beim IT-Anbieter Electric: "Es gibt Dinge, die man weiß, Dinge, die man nicht weiß, und Dinge, von denen man nicht weiß, dass man sie nicht weiß. Schreiben Sie die ersten beiden auf und denken Sie dann endlos über das letzte nach - so sind Sie besser auf die unbekannten Dinge vorbereitet."

Dabei sei es essenziell, detaillierte Disaster-Recovery- und Business-Continuity-Pläne zu erstellen und zu pflegen, wir Preoteasa betont: "IT-Leiter, die nicht über solche Pläne verfügen, bringen das Unternehmen - und sich selbst - in eine denkbar schlechte Position."

5. "Hybrid Work ist nur ein Modegag"

Die Arbeitswelt hat sich verändert - das hat auch Folgen für IT-Entscheider, erklärt Chris Anello, Director of Digital Platforms bei der Technologieberatung iTech AG: "Es geht nicht mehr darum, wann und wo die Arbeit erledigt wird, sondern um das Ergebnis. Der Schwerpunkt hat sich darauf verlagert, wie Unternehmen die Veränderungen am Arbeitsplatz unterstützen und wie sie es den Mitarbeitern ermöglichen, sich weiter zu entfalten und die Unternehmensziele zu erreichen."

Diesen Paradigmenwechsel sollte nach Meinung von Anello unbedingt auch IT-Führungskräfte akzeptieren - und in digitale Transformationsinitiativen investieren, die die neue Arbeitsplatzrealität unterstützen: "Führungskräfte müssen akzeptieren, dass es kein Zurück in Vor-Pandemiezeiten geben wird. Deswegen sollten sie sich darauf konzentrieren, welche Investitionen nötig sind, um den neuen Ansatz zu unterstützen. Dabei wird das IT-Team die technologischen Bemühungen anführen. Nichtsdestotrotz sollte an dieser Stelle ein interdisziplinäres Team zusammenarbeiten. So wird sichergestellt, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen und Erkenntnisse und Feedback darüber austauschen, was sie für den Erfolg benötigen."

6. "Ich bin immer verfügbar"

Diesen Satz hört man von Führungskräften häufig - sowohl gegenüber den ihnen unterstellten Teammitgliedern als auch gegenüber Business- und Führungs-Kollegen. Aber wie steht es um den Wahrheitsgehalt dieses Satzes? Ständige, einhundertprozentige Erreichbarkeit ist einfach nicht möglich und deswegen ein offensichtlich leeres Versprechen, das unrealistische Erwartungen weckt.

"Obwohl diese Lüge harmlos klingt, kann sie Karrieren zerstören, weil sie für eine kontinuierliche Erwartungshaltung sorgt und Druck erzeugt", erklärt Farzad Rashidi, Mitbegründer der Online-Plattform Respona. Der Technologieexperte empfiehlt IT-Entscheidern stattdessen, ehrlich zu kommunizieren: "Auch IT-Führungskräfte müssen in der Lage sein, Pausen einzulegen und sollten ein Leben außerhalb der Arbeit führen."

7. "Alle Daten sind vollkommen sicher"

Wenn IT-Entscheider von Management-Kollegen über den Stand der Datensicherheit befragt werden, greifen manche auf diese Lüge zurück. Auch wenn sie wissen, dass vollständige Datensicherheit unmöglich zu erreichen ist, hoffen diese Führungskräfte schlicht und ergreifend, dass die ergriffenen Maßnahmen ausreichen, um Unternehmen, Kunden und Geschäftspartner vor Data-Security-Katastrophen zu bewahren.

So könne es dazu kommen, dass zwischen der Realität und den Erwartungen des Managements an technologische Resilienz eine enorme Lücke klaffe, wie Rick Vanover, Senior Strategy Director bei Veeam, weiß: "Anstatt die technischen Möglichkeiten überzubewerten, sollten IT-Verantwortliche die Datenportabilität sicherstellen, extrem widerstandsfähige, unveränderliche Datensicherungen verwenden und eine Wiederherstellungsverifizierung implementieren. Aber egal was Sie tun: Versprechen Sie niemals totale Resilienz in Sachen Daten." (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.