Internet als Fortentwicklung von Client-Server

Comdex Frankfurt: Gates fordert Verbindung zwischen Corba und DCOM

17.10.1997

Objektorientierung ist als Schlagwort out, Componentware in, so der Tenor diverser Podiumsdiskussionen auf der Konferenzmesse. Das liegt zum einen daran, daß es nicht mehr ungewöhnlich ist, objektorientiert zu entwickeln. Wie die Finalisten, die sich mit ihren Applikationen bei der Object Management Group (OMG) um eine Auszeichnung beworben hatten, zeigten, verlassen die Anwendungsentwickler in den Unternehmen die Experimentierphase und stellen mittlerweile strategische und durchaus sensible Geschäftsanwendungen objektorientiert auf die Beine.

Die Schweizer Telecom PTT, die den ersten Platz in der Kategorie "Beste Nutzung von Objekttechnologie innerhalb eines Unternehmens oder einer weiträumigen Systemumgebung" belegte, migrierte eine 1980 entstandene IMS-Legacy-Anwendung. Aus der MVS-Host-Applikation zur Gebührenabrechnung, die auf eine Zentrale und 17 Niederlassungen verteilt war, wurde mittels Wrapping eine objektorientierte Anwendung, die auf dem OMG-Standard Common Object Request Broker Architecture (Corba) beruht und mit grafischen Front-ends ausgestattet ist.

Die Möglichkeit, Anwendungsteile zu kapseln, sowie Ergebnisse und Erfahrungen aus mehreren objektorientierten Programmierprojekten führen in den Firmen dazu, daß sich Frameworks entwickeln können und sich auch größere Komponenten wiederverwenden lassen. Corba und der Gegenentwurf von Microsoft, Distributed Component Object Model (DCOM), bilden dafür lediglich die unterste Ebene, die ein Zusammenspiel verschiedener Komponenten ermöglicht. Allerdings, so OMG-Chef Richard Soley, unterschieden sich die konkurrierenden Objektstandards dadurch, daß das Microsoft-Konzept bisher lediglich zwei Betriebssysteme unterstützt (Macintosh und Windows). Sobald ein Unternehmen auch nur eine andere Plattform einsetze, müsse es daher auf zusätzliche Technik zurückgreifen. Auch die Portierung der Software AG auf Solaris ändere nichts an dem Vorsprung, den Corba längst habe.

Laut Bill Gates, der sich in Frankfurt ebenfalls die Ehre gab, sollte sich die Arbeit der OMG stärker darauf konzentrieren, endlich eine Brücke zwischen COM und Corba zu schlagen: "Es gibt eine Menge Leute, die darauf warten." Während die OMG mit der Spezifikation des Internet Inter ORB Protocol (IIOP) eine Möglichkeit geschaffen hat, verteilte objektbasierte Unternehmens-DV mit dem Internet zu verbinden, soll DCOM beziehungsweise die angekündigte Erweiterung COM+ den Active-X-Komponenten erlauben, weltweit miteinander zu kommunizieren.

Plattformunabhängige Front-ends können laut Gates, der zu den Keynote-Sprechern der Konferenzmesse zählte, nur die Dynamic Hypertext Markup Language (DHTML) gewährleisten. Java sei zwar eine gute Programmiersprache und virtuelle Maschine, aber keinesfalls als binärkompatible Grundlage für ein globales Internetworking geeignet, wie Sun es propagiere.

Auch die OMG will in Java vorzugsweise eine Programmiersprache sehen und keinesfalls etwa die Corba-Interfaces, die in der Interdefinition Language (IDL) beschrieben sind, gegen Java-Schnittstellen austauschen. Nur die IBM-Vertreterin Patricia Dock, Director Object Technology Middleware, hielt auf einer Podiumsdiskussion dagegen: "Java ist mehr als eine Programmiersprache unter anderen." Die Foundation Classes etwa seien ein gemeinhin akzeptierter Weg, Java zu einer übergreifenden Plattform zu erweitern.

Technologisch gesehen, so der Konsens auf der Veranstaltung, ist das Internet eine logische Fortentwicklung des Client-Server-Computings. Doch statt der ursprünglich zwei Schichten aus Server und grafischem Front-end stehen den Software-Architekten heute viele Schichten mit dezidierten Rechnern zur Verfügung. Unter Umständen entspricht die Anzahl der Layer der der eingesetzten Plattformen.