Leadership Excellence Program

ChatGPT - wenn der Geist aus der Flasche ist

28.06.2023
Von 

Gerhard Holzwart begann 1990 als Redakteur der COMPUTERWOCHE und leitete dort ab 1996 das Ressort Unternehmen & Märkte.  Ab 2005 verantwortete er den Bereich Kongresse und Fachveranstaltungen der IDG Business Media GmbH und baute „IDG Events“ mit jährlich rund 80 Konferenzen zu einem der führenden Anbieter von ITK-Fachveranstaltungen in Deutschland aus. Seit 2010 ist Gerhard Holzwart geschäftsführender Gesellschafter der h&g Editors GmbH und ist in dieser Funktion als Event Producer, Direktmarketingspezialist und ITK-Fachredakteur tätig.        

Alumnis des Leadership Excellence Program (LEP) diskutierten die Chancen und Risiken generativer künstlicher Intelligenz wie ChatGPT.
Das Leadership Excellence Program (LEP) bietet neben Weiterbildungsmodulen noch diverse andere Touch-Points und Veranstaltungen. Nach erfolgreichem Abschluss des Programms erhalten die Teilnehmer ein WHU Executive Certificate.
Das Leadership Excellence Program (LEP) bietet neben Weiterbildungsmodulen noch diverse andere Touch-Points und Veranstaltungen. Nach erfolgreichem Abschluss des Programms erhalten die Teilnehmer ein WHU Executive Certificate.
Foto: IDG

An der "transformativen Kraft" von Artificial Intelligence (AI) unter dem Eindruck von ChatGPT scheiden sich die Geister. Während immer mehr KI-basierte Geschäftsprozesse in den Unternehmen für einen weiteren Modernisierungsschub sorgen, äußern IT-Führungskräfte zum Teil auch Bedenken hinsichtlich fehlender Regulierung und neuer Sicherheitsrisiken.

Brenton House, Vice President und Digital Evangelist der Software AG, ließ in der virtuellen Runde mit Alumnis des Leadership Excellence Program (LEP) an seiner Einschätzung keinen Zweifel: "ChatGPT ist mehr als ein Hype. Das AI-Tool verändert signifikant die Workflows und Geschäftsprozesse in allen Branchen. Die Unternehmen müssen handeln - und zwar jetzt." Damit schrieb der Manager des LEP-Exklusiv-Partners Software AG den IT- und Business-Verantwortlichen vor allem eines ins Stammbuch: Reden ist Silber, konkrete Erfahrungen mit ersten AI-Projekten zu sammeln und daraus möglichst schnell skalierbare Geschäftsprozesse zu entwickeln, hingegen Gold.

Das LEP ist eine gemeinsame Initiative des CIO-Magazins und der WHU-Otto Beisheim School of Management. Es ist speziell auf erfahrene Führungskräfte im höheren Management der IT sowie in den in die Digitalisierung involvierten Fachbereichen zugeschnitten. Das Programm aus mehreren Modulen umfasst Unternehmermentalität, inspirierende Führungskompetenzen, Change-Management, Strategie, Innovation und Best Practices.

Unternehmermentalität ist ein gutes Stichwort, auf das sich Software-AG-Manager House im weiteren Verlauf des virtuellen Roundtables bezog. CIOs stünden vor der Herausforderung, die IT- und Geschäftsprozesse auf die Chancen, die die künstliche Intelligenz bietet, vorzubereiten. Es gehe darum, diese Technologie anzunehmen, deren potenzielle Vorteile zu nutzen und gleichzeitig deren Risiken zu erkennen. Vor allen Dingen müsse jedes Unternehmen aufpassen, dass Wettbewerber nicht schneller KI-Technologien erfolgreich zum Einsatz bringen als man selbst.

ChatGPT wirkt als Katalysator

Wie viele Marktbeobachter bezeichnete House dabei den KI-basierten Bot ChatGPT als eine Art Katalysator für den Einsatz von KI in Wirtschaft und Gesellschaft - technologisch und öffentlichkeitswirksam zugleich. Die Offenlegung des Quellcodes durch OpenAI habe dazu geführt, dass künstliche Intelligenz für die breite Öffentlichkeit erfahrbar und anwendbar geworden sei. Sein Kollege Sven Mentl, Director Corporate Cloud & Identity Services bei der Software AG, wies ebenfalls auf diesen Aspekt hin: "Der wesentliche Grund für den Hype um ChatGPT ist die Tatsache, dass OpenAI die Anwendung für jedermann zugänglich gemacht hat. Man benötigt lediglich einen Webbrowser, und schon kann es losgehen."

Beide Branchenkenner betonten, dass ChatGPT mit Blick auf das Potenzial von generative AI nur die Spitze des Eisberges darstellt. Während der heutige Bereich der generativen KI sehr den Anfängen der App-Stores für Mobiltelefone ähnele, als kreative Einzelpersonen und Teams neue Wege zur Entwicklung und Nutzung mobiler App-Technologie entwickelten, liege das eigentliche Momentum jedoch im Markt domänenspezifischer Lösungen, die auf allgemeinen Modellen aufbauen können - Fähigkeiten, die besonders für Unternehmen im digitalen Wandel attraktiv sein könnten, die die Vorteile neuer Technologien nutzen und gleichzeitig die Arbeit vereinfachen möchten. Generative AI sei also bei weitem mehr als nur ein Chatbot.

Was ist generative AI? Der Begriff bezieht sich auf eine Kategorie von KI-Algorithmen, die auf der Grundlage der Daten, mit denen sie trainiert wurden, neue Ergebnisse generieren und dabei Methoden des sogenannten Deep Learnings nutzen. Generative AI verfügt über ein breites Anwendungsspektrum, einschließlich der Erstellung von Bildern, Text und Audio. Im Fall von ChatGPT oder ähnlichen Textgeneratoren "lernt" das System aus Textdaten, um Kontext und Relevanz zu verstehen und menschenähnliche Antworten auf Fragen zu generieren. Anstatt nur vorhandenen Text zu replizieren, identifizieren die generativen AI-Algorithmen Muster im Text und erstellen dann etwas Originelles.

Generative AI kann zudem auch Daten umwandeln, beispielsweise eine Audioaufnahme in einen Text oder Text in Sprache. Sie kann auch verwendet werden, um Sprachen zu übersetzen, die Auflösung vorhandener Bilder zu verbessern und sogar Bilder von einem Medium in ein anderes umzuwandeln - beispielsweise um Fotos in Gemälde mit einem bestimmten künstlerischen Stil umzuwandeln.

Generative AI verändert Unternehmensprozesse

"Ist dies alles also nur ein Hype?", stellte House die rhetorische Frage. Der Software-AG-Manager prognostizierte in seiner Antwort darauf signifikante Veränderungen in wesentlichen Unternehmensprozessen - beispielsweise in den Bereichen Customer Experience, Content-Erstellung, Datenanalyse, Softwareentwicklung, Qualitätssicherung und der Abwehr von Cyberangriffen. Man werde insbesondere einen Innovationsschub bei der Personalisierung bestehender und neuer digitaler Produkte sowie in der generellen Automatisierung erleben.

Doch AI sei bei weitem nicht ausgereift und müsse kontrolliert zum Einsatz kommen. House schrieb insofern den CIOs neben der erwähnten Initiativfreude auch entsprechendes Führungsverhalten und Skill-Management ins Stammbuch. Bei der Ausbildung von Mitarbeitern und der Einbindung von AI in Prozesse empfehle es sich, proaktiv vorgehen, um der Organisation im laufenden Betrieb ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten zu können. Dadurch sei man in der Lage, gleichzeitig auch Innovationen anzugehen und zu fördern. Sein Credo: "Investieren Sie jetzt in Ihre AI-Fähigkeiten und identifizieren Sie die Bereiche und Anwendungsfälle, wo Sie noch Defizite sehen. AII ist nicht nur ein Technologiethema, sondern setzt vor allem auch fokussierte Weiterbildung der Mitarbeiter und strategische Führung voraus."