CAD/CAM-Messerundgang Unix-Gemeinde haelt sich bei C-Technik weitgehend zurueck

13.10.1995

MUENCHEN (CW) - Die Systems 95 wartet erstmals mit einem gesonderten Bereich "C-Techniken" auf. Die in Halle 21 konzentrierte Ausstellung fuer CAD/CAM-Software soll das Thema der frueheren Systec aufgreifen. Das Engagement der CAx-Hersteller ist allerdings zwiespaeltig: Waehrend die PC-Angebote dominieren, verhaelt sich die Unix-Gemeinde vorerst zurueckhaltend.

Mit dem Einzug der Objekttechnik, etwa auf Basis des Acis- Geometrie-Kernels, wurde in den vergangenen Jahren ein wesentlicher Schritt hin zum intelligenteren CAD-System vollzogen. Feature-based-Modelling oder parametrische Volumenmodellierung sind die Schlagworte, denen sich heute kaum ein Hersteller entziehen kann. Gemeint sind Konstruktionssysteme, die einem Bauteil ausser der reinen Geometrie noch zusaetzliche technische Informationen zuweisen. Mittlerweile gibt es bereits Hybrid- Systeme, mit denen wahlweise an 3D-Draht-, Flaechen- oder Volumenmodellen gearbeitet werden kann und die eine nachtraegliche Parametrierung der Modelle oder auch nur von Teilen daraus ermoeglichen.

Die auf Unix-Seite begonnene und dort mittlerweile zum Stand der Technik gehoerende Parametrie- oder Variantentechnik ist inzwischen auch in fuehrenden PC-CAD-Loesungen zu finden. Aber nicht nur softwareseitig, sondern auch im Hardwarebereich wachsen die beiden Welten zusammen. Der frueher als Hilfsmittel fuer komplexere Konstruktionsaufgaben eher belaechelte Desktop ist heute etwa als Pentium-basiertes Mehrprozessorsystem zur Workstation herangewachsen, die als preisguenstige Alternative von der Unix- Gemeinde ernstgenommen wird: Immer mehr Hersteller bieten ihre Produkte auch in einer Windows-NT-Portierung an.

Meist nur auf Partnerstaenden

Das neue Messekonzept fuer die Systems scheint allerdings von beiden Seiten noch sehr unterschiedlich bewertet zu werden. Waehrend in der fuer C-Techniken reservierten Halle 21 die PC-CAD- Hersteller dominieren, reagieren viele der klassischen Unix- Anbieter eher abwartend. Fuer Branchengroessen wie IBM oder Hewlett- Packard ist CAD/CAM nur ein untergeordnetes Thema auf den jeweiligen Staenden. Nach dem enttaeuschenden Verlauf der letztjaehrigen Systec wolle man die Neuorganisation der Messe zunaechst einmal beobachten und hinsichtlich des CAx-Engagements im naechsten Jahr neu entscheiden, heisst es.

Aehnliches gilt fuer CAD/CAM-Anbieter wie die Muenchner Matra Datavision GmbH oder die Computervision GmbH aus Ismaning bei Muenchen. Auch dort will man die Messe zunaechst analysieren und spaeter ueber weitere Systems-Aktivitaeten beraten. Vorerst beschraenkt man sich auf einen Partnerstand als Unteraussteller. Matra Datavision ist bei Silicon Graphics (Halle 21, Stand E10/F11) zu finden. Praesentiert werden unter anderem die CAD/CAM/CAE-Loesung "Euclid 3", das neue Produktmodelliersystem "Euclid/Designer" und die CAD-Einstiegsfamilie "Prelude Design" mit 3D-Volumenmodellierung.

Management von Produktdaten

In ebenfalls kleinem Rahmen zeigt sich Computervision auf den Staenden von Sun (Halle 25, Stand B07 und Halle 24, Stand B14/B16) sowie Silicon Graphics (Halle 21, Stand E10/F11). Das Unternehmen praesentiert seine Strategie in Richtung Electronic Product Definition (EPD), die sich unter anderem an dem neuen Produkt "Optegra TDM" (Total Data Management) festmacht. Die objektorientierte Software dient dem Management verteilter Datenbestaende. Zu den TDM-Modulen gehoeren das Kernsystem "Vault" mit seinen Datenverwaltungsfunktionen, der "Locator" als aufgabenorientierte Benutzer-Schnittstelle sowie ein "Navigator" als Oberflaeche zur Bearbeitung von Produktstrukturen einschliesslich der dazugehoerigen Dokumente.

Der von Computervision eingeschlagene Weg in Richtung Engineering Data Management (EDM) beziehungsweise Produktdaten-Management (PDM) als abteilungsuebergreifende Loesung zum Umgang mit Produktdaten kennzeichnet inzwischen die Strategie vieler CAD/CAM- Anbieter. So auch bei der Frankfurter Control Data (CD) GmbH (Halle 2, Stand D05/C06), deren Messeschwerpunkte mit Loesungen fuer das Electronic Messaging und Product Data Management im Bereich unternehmensweite Informations- und Kommunikationstechniken liegen. Der CD-Geschaeftsbereich Icem-Technologies (CAD/CAM/CAE) als drittes strategisches Standbein ist indes nicht vertreten. Icem-Marketing-Leiter Peter Mehlstaeubler begruendet dies: "Die letzte Systec wie auch die Stuttgarter CAT waren fuer uns und ebenso fuer viele andere CAD-Anbieter enttaeuschend. Jetzt warten wir ab, ob die Zusammenlegung mit der Systems von den fuer uns relevanten Zielgruppen positiv aufgenommen wird, bevor wir ueber eine zukuenftige Messebeteiligung entscheiden."

Ebenfalls mit einer EDM-Loesung praesentiert sich die Procad GmbH & Co. KG aus Karlsruhe (Halle 21, Stand F06). Das System "Pro*File" dient der Produktdaten- und Zeichnungsverwaltung sowie der Archivierung und Dokumentation in der Fertigungsindustrie. Es bietet Schnittstellen zu verschiedenen CAD/ CAM-, PPS- sowie DTP- oder Textverarbeitungsprodukten und laeuft auf DEC-, HP-, SGI- und Intel-Plattformen. Bei den Datenbanken werden Informix, Oracle, CA-Ingres und Microsofts SQL-Server unterstuetzt.

Plattformen mit Branchenloesungen

Als CAx-Branchengroesse mit Komplettloesungen einschliesslich Hardware geizt die Intergraph GmbH, Ismaning, auf der Systems nicht mit Standflaeche (Halle 21, Stand D12/E09). Zum Angebotsschwerpunkt gehoeren CAD/CAE-Produkte auf Basis von "Jupiter", eine Windows- Strategie, mit der das Unternehmen bereits seit Anfang des Jahres fuer Aufsehen sorgt. Das Prinzip dabei ist die Objektorientierung auf Basis von OLE, wobei die Microsoft-APIs um 3D-CAD-Funktionen erweitert werden. Als eines der ersten Jupiter-Resultate hat Intergraph kuerzlich das Interface "Auto GL 1.0" vorgestellt. Die 3D-Grafikbibliothek ist ein auf

"Autocad" zugeschnittener Software-Layer, der zwischen Autocad und der in Windows NT enthaltenen Grafik-Schnittstelle

"Open GL" liegt. Damit sollen sich laut Hersteller Konstruktionsanwendungen besonders im 3D-Bereich wie Drahtmodelle, Renderings oder leicht schattierte Ansichten erheblich beschleunigen lassen. Mit der neuen Grafik-Engine will Intergraph auch die unter Unix arbeitenden Konstrukteure zum Umstieg auf

NT bewegen, indem ihnen eine vergleichbare Systemloesung auf guenstigeren, Intel-basierten Windows-Workstations angeboten wird.

Profitieren wird davon auch die Muenchner Autodesk GmbH, die auf ihrem Partnerstand (Halle 21, Stand E08/F09) ein grosses Anwendungsspektrum rund um Autocad gruppiert hat. Das klassische PC-CAD-System, das mittlerweile auch unter Windows NT und mehreren Unix-Varianten laeuft, wird auf der Messe als Windows-95-Portierung vorgestellt, die voraussichtlich bis Jahresende verfuegbar sein wird. Als Vorteil von "Autocad 13 fuer Windows 95" gilt unter anderem die 32-Bit-Performance. Neben OLE 2.0 mit Drag and drop und langen Dateinamen werden ueber die Win-32-Technik Multisessions unterstuetzt, die unter Windows 3.1 nicht zur Verfuegung standen.

Eine Premiere feiert auf der Systems Autodesks "Mechanical Desktop". Die Software kombiniert Funktionen der parametrischen Volumenmodellierung, des Freiformflaechen-Entwurfs und der Zusammenbaukonstruktion mit der Erstellung von technischen Zeichnungen. Neu im Autodesk-Produktspektrum ist auch das Werkzeug "View", mit dem sich Konstruktionen, Zeichnungen sowie zugeordnete Informationen als Dateien ansehen lassen. Ausserdem besteht die Moeglichkeit, Informationen herauszufiltern und gegebenenfalls Korrekturen oder Anmerkungen vorzunehmen.

Zum Thema Multimedia wird Release 4 des 3D-Grafik- und Animationsprogramms "3D-Studio" sowie die seit August verfuegbare 2D-Animationssoftware "Animator Studio fuer Windows" gezeigt.

Der Branchenorientierung Autodesks verleihen folgende Partner Ausdruck:

- Acadgraph GmbH, Sofistik GmbH und Technoline (Architektur, Bauwesen und Ingenieurbau),

- Genius GmbH, TID Informatik (Maschinenbau, technische Dokumentation),

- MG-Data GmbH (Elektrotechnik),

- Open Mind (Werkzeug- und Formenbau),

- RMR Softwareentwicklungsgesellschaft (Vermessung, Strassenbau, Deponiewesen) sowie

- Voegtlin GmbH (Anlagenbau, Verfahrenstechnik).

Ein breitgefaechertes Branchenangebot deckt auch die Systemreihe "Hicad" von der Dortmunder ISD GmbH ab (Halle 21, Stand C03). Die Konstruktionsloesung arbeitet mit einem 3D-Volumenmodell inklusive Freiformflaechenmodeller und wurde fuer die Variantenkonstruktion mit vier verschiedenen Techniken von der Parametrik bis zur regelgesteuerten Konstruktionsautomation ausgestattet. Das Spektrum umfasst neben der mechanischen Konstruktion Loesungen fuer den Fassadenbau, fuer die Elektrotechnik, die Moebelindustrie und fuer die Blechbearbeitung. Simulations- und Analysemodule lassen sich ebenso integrieren wie eine EDM-Komponente. Mit "Hicam" steht ausserdem ein NC-Modul fuer die Fertigung zur Verfuegung.

Ein Loesungsangebot rund um die eigene CAD-Plattform zeigt auch die Ziegler Informatics GmbH aus Moenchengladbach (Halle 21, Stand C08). Das Unternehmen wartet mit Version 11 des unter DOS laufenden "Caddy" auf. Wichtigste Neuerung des Updates ist die Integration des 3D-Moduls, so dass nun dreidimensionales Zeichnen und Darstellen mit dem Konstruktionspaket moeglich ist. Eine weitere Verbesserung bildet ein Feature zur Einbindung von farbigen Pixelbildern in CAD-Zeichnungen. Die Vorlagen lassen sich veraendern und mit Vektorgrafiken kombinieren. Zusammen mit dem Update werden Neu- und Weiterentwicklungen aus den Bereichen Fertigung sowie Bauwesen (Vermessung, Tiefbau und Architektur) gezeigt.

Den Windows-Kurs hat nun auch Ziegler mit dem CAD-Basispaket "Caddy++" eingeschlagen, einer NT-Applikation, die in C++ programmiert wurde und damit auf einem objektorientierten Programmkonzept beruht. Das Tool stellt 2D-Zeichnungsfunktionen auf Basis einer 3D-Datenstruktur zur Verfuegung.

Ein weiterer Plattform-Anbieter ist die Berliner Just In Time GmbH (Halle 21, Stand F02). Zu den Highlights des Messestandes gehoert Version 13 von Megacad. Das Windows-3D-Programm ermoeglicht die Volumenmodellierung und soll laut Hersteller bedeutend schneller arbeiten als das Vorgaenger-Release. Bereits vorhandene 2D- Zeichnungen, etwa Gebaeudegrundrisse, lassen sich in dreidimensionale Objekte, also Etagen, umwandeln. Frei positionierbare Kamera-Einstellungen erlauben das Betrachten auch aus dem Inneren einer Konstruktion heraus.

Neu im Produktspektrum von Just In Time ist die Lite-Version 1.5 von Megacad, die als 2D-Tool fuer den CAD-Einsteiger gedacht ist und unter DOS beziehungsweise Windows laeuft. Mit dem ebenfalls neu vorgestellten Hybrid-Rendering-Programm "2M-Studio" lassen sich fotorealistische Praesentationen erzeugen. Zu den Features gehoeren Funktionen fuer Schattenwurf, Transparenz, Reflexionen und Lichtgeometrie sowie zur Darstellung von Materialoberflaechen.

Architektur und Bauwesen

Stellvertretend fuer Architektur- und Bauloesungen seien hier die IEZ AG aus Bensheim und die Muenchner Nemetschek GmbH genannt. "Speedikon" von IEZ (Halle 21, Stand D08A), das seit Mitte 1994 mit dem Zusatz "M" ueber ein Front-end fuer Bentleys CAD-Plattform "Microstation" verfuegt, soll Ende 1995 als "Speedikon A" in Form eines Autocad-Aufsatzes auf den Markt kommen. Bei dem Programm handelt es sich um ein modellorientiertes 3D-CAD-System, dessen Vorteil laut Hersteller darin besteht, dass sich durch die Trennung von grafischer Benutzeroberflaeche (Front-end) auf der einen Seite sowie Funktionen und Datenkern mit Gebaeudemodell (Back-end) auf der anderen Seite die Datenredundanz und der Aufwand fuer Zeichnungsaenderungen wesentlich reduzieren laesst.

Im Mittelpunkt der Nemetschek-Praesentation (Halle 21, Stand C05) steht Version 11 von "Allplan", die seit September auf dem Markt ist. Das Upgrade der integrierten Architektur- und Bauloesung enthaelt neue Module wie den "Planmanager", die "Fertighausplanung" oder die "Raumtechnik". Neu in Version 11 ist die raumorientierte Eingabe, so dass sich zum Beispiel Waende nahezu per Knopfdruck konstruieren lassen. Mit dem Modul "Bestand Scan" koennen eingescannte Plaene vom Anwender bearbeitet und anschliessend farbig ausgeplottet werden. Die hybride Datentechnik ermoeglicht auch eine neue Plangestaltung: Pixelelemente wie handgezeichnete Personen oder Baeume lassen sich wie CAD-Konstruktionselemente behandeln. Neue Module wurden auch im Bereich Ingenieurbau eingefuehrt: "Bamtec" (Bewehrung), "Universal Bewehren Rundstahl", "Stahllisten" sowie eine Schnittstelle zu Biegemaschinen. Allplan soll nach Herstellerangaben bis zu zehnmal schneller sein als in der Vorgaengerversion.

Anlagen- und Maschinenbau

Im Bereich Maschinen-, Anlagen- und Schiffsbau zeigt die Ruesselsheimer Applicon GmbH (Halle 21, Stand D11) ihre Gesamtkonstruktionsloesung "Bravo". Wichtigster Bestandteil der neuen Version 5.0 ist der Volumenmodellierer "Bravo Solids XL", der auf dem Acis-Geometriekern basiert. Applikationen fuer die NC- Programmierung koennen jetzt direkt auf die Acis-Modelle in den unterschiedlichen Geometrie-Formaten (.SAT-Dateien, Volumen-, Flaechen- oder Drahtgeometrie) zugreifen. Die Daten werden dabei nicht erst kopiert und dann konvertiert, sondern sofort referenziert. Das hat den Vorteil, dass bei Modellaenderungen die NC-Programme automatisch angepasst werden. Neu im Bravo- Produktspektrum, dessen CAM-Loesungen fuer spanende Bearbeitungsarten nun ausser auf Workstations auch auf PCs laufen, ist "Bravo Norm". Das Modul enthaelt Bibliotheken fuer Norm- und Standardteile und ermoeglicht die Auswahl, Plazierung und Verwaltung von DIN- beziehungsweise anderen VDAPS-konformen Katalogen.

Ebenfalls fuer den Bereich Anlagenbau zeigt die Sulzbacher Niederlassung des britischen Herstellers Cadcentre auf einem Partnerstand bei Silicon Graphics (Halle 21, Stand E10/F11) Add- ons fuer die Konstruktionssysteme "PEGS" (2D) und "PDMS" (3D). Das Abfrage-Tool "Query" stellt eine bidirektionale Verbindung sowohl zwischen den Cadcentre-Produkten als auch zu externen Systemen mit ASCII-Schnittstellen her. Auf einen breiteren Anwenderkreis zielt das Unternehmen mit der Light-Version seiner Visualisierungssoftware "Review". "Personal Review", so die Bezeichnung, dient der Betrachtung (Walk through) von Anlagen oder Teilen daraus. Animationen, die im groesseren System erstellt wurden, laufen auch im Personal-Release, wobei man Einschraenkungen bei der Darstellung reflektierender Oberflaechen und beim Setzen von Lichtquellen in Kauf nehmen muss.

Die auf die mechanische Konstruktion spezialisierte TCM GmbH aus Friedrichshafen (Halle 21, Stand B10A) hat ihre Loesung "Micro Cadam" um das 3D-Paket "Helix" erweitert, dessen Solid-Modeler auf dem Ricoh-Design-Base-Modeler und dem D-Cubed Variational Design System basiert. Die Software arbeitet nach dem Prinzip der Teile- Zusammenstellung und bietet Parametrik- und Analysefunktionen. Fuer die Prototypenerstellung steht eine Schnittstelle zur Stereolithografie zur Verfuegung. Micro Cadam Helix laeuft auf IBM- sowie HP-Workstations und demnaechst auch unter Windows NT.