Applikationen sollen Marktchancen erhöhen

Bringt Corel das bessere Linux?

19.11.1999
LAS VEGAS (ba) - Corel Corp. hat auf der Comdex offiziell seine eigene Linux-Distribution vorgestellt. Einfache Handhabung und zusätzliche Applikationen sollen der stark an das Look and feel von Windows angelehnten Freeware zum Durchbruch auf dem DesktopMarkt verhelfen.

"DOS hatte zehn Jahre die Vorherrschaft, Windows besaß während der letzten zehn Jahre die Oberhand, und Linux werden die nächsten zehn Jahre gehören", zeigte sich Corel-Chef Michael Cowpland anläßlich der Produktvorstellung in Las Vegas zuversichtlich. Das Open-Source-Betriebssystem der Kanadier soll in drei Varianten auf den Markt kommen. Eine freie Version sollen sich Anwender von der Web-Seite des Herstellers (www.corel. com) herunterladen können. Die darauf aufbauende Standard-Edition enthält zusätzlich eine Light-Version des Textverarbeitungsprogramms "Wordperfect" sowie einen 30 Tage lang zur Verfügung stehenden E-Mail-Support. Die Deluxe-Ausführung umfaßt eine Vollversion von Wordperfect, eine Backup-Software sowie E-Mail- und Telefonsupport für 30 Tage.

Professional Services für die Unternehmens-DV

Laut Corel wird die Standard-Variante 49 Dollar, die Deluxe-Ausgabe zwischen 79 und 89 Dollar kosten. Beide Linux-Versionen sollen ab Ende November verfügbar sein. Ferner plant die Software-Company bereits internationale Versionen ihrer Linux-Distribution. Anfang nächsten Jahres soll das Betriebssystem in einer internationalen englischen Version vorliegen. Ein Corel-Linux in deutscher und französischer Sprache soll Ende Februar 2000 folgen. Über die Preise dieser Versionen gibt es noch keine Angaben.

Zusätzlich beabsichtigt der Hersteller, eine eigene Abteilung für die Corel Professional Services (CPS) einzurichten. Anwender sollen hier bei Fragen zur Systemintegration und Software-Entwicklung Hilfe finden. Außerdem wird es laut Corel verschiedene Trainigsangebote für Linux geben. Die Kosten für diese Dienste orientieren sich an der Art der Serviceleistung sowie der Anzahl der installierten Linux-Systeme. Dieses Angebot soll Corel-Linux die Tür zum Unternehmensmarkt öffnen.

Die neue Plattform des Office- und Grafikspezialisten baut auf der Debian-Distribution Version 2.2 auf. Die KDE-Benutzeroberfläche hat die in Ottawa ansässige Softwareschmiede um weitere Features ergänzt. So haben die Entwickler eine einfachere Installationsroutine und einen Datei-Manager integriert. Strukturell und optisch erinnert die Betriebssystem-Oberfläche jedoch stark an Windows.

Die Verantwortlichen bei Corel rechnen sich vor allem durch die nach eigenen Angaben sehr leichte Handhabung gute Marktchancen aus. Besonders die komplizierte Installation, bisher ein Schwachpunkt vieler Linux-Distributionen, wurde stark vereinfacht. Corel-Linux sei wie Windows zu bedienen, versprach Cowpland. Außerdem sollen zusätzliche Applikationen Corel-Linux beim Start in den Markt unterstützen. Während der offiziellen Vorstellung präsentierte der Hersteller Linux-Varianten der Tabellenkalkulation "Quattro Pro" und des Grafikprogramms "Corel Draw". Mitte nächsten Jahres wird den Angaben zufolge ein Office-Paket unter anderem mit der Datenbank "Paradox" folgen.

Dan Kusnetzky, Analyst bei International Data Corp. (IDC), räumt der Corel-Distribution gute Chancen ein. Die zahlreichen Applikationen, an denen es vielen Distributionen bislang oft mangelte, würden die Corel-Variante für einen breiteren Markt interessant machen. Allgemein erwarten die Analysten im Linux-Markt durchschnittliche Wachstumraten von etwa 25 Prozent pro Jahr.