Branchenexperten und Generalisten

02.06.2006

Also ein sehr begrenztes Potenzial?

Die Wachstumsraten liegen im unteren einstelligen Bereich. Da passiert nicht mehr so viel. Deshalb investieren ERP-Anbieter vermehrt in angrenzende Bereiche wie BI, SCM oder CRM. Da gibt es noch unerschlossenes Potenzial, und daraus generieren die Anbieter auch den größten Teil des Wachstums.

Lohnt es sich für die kleineren Anbieter, die komplexen Funktionen selbst zu entwickeln?

Die Anbieter haben drei Möglichkeiten. Entweder sie entwickeln selbst, mit dem Vorteil eines einheitlichen Look-and-Feel und einer besseren Datenintegration. Alternativ dazu kaufen viele Unternehmen Module wie SCM, CRM, BI oder sogar die FiBu hinzu und binden sie als OEM-Produkte in das eigene System ein. Oder sie nutzen ihr über Jahre gewonnenes Branchenwissen und bauen Branchen-Templates auf Basis von beispielsweise Microsoft- oder Sage-ERP-Produkten. Das ist nicht immer klar abgrenzbar – manche Systemen enthalten mehrere der Komponenten.

Welche Rolle spielen offene Architekturen und Schnittstellen für ERP-Anbieter?

Gerade im Zuge von SOA-Architekturen spielt die Offenheit und Integrierbarkeit von Systemen eine zunehmende Rolle. Die App- Exchange-Initiative von Salesforce etwa zielt darauf, Module und Produkte verschiedener Hersteller per SOA zu verbinden. Ob das dann hinterher so funktioniert wie man das am Reißbrett geplant hat, und ob und in welchem Umfang die Anwender das dann tatsächlich nutzen, kann man noch nicht absehen.

Worauf sollte man bei der Auswahl der ERPSoftware achten?

Das kann man nur im Einzelfall beurteilen. Grundsätzlich geht es darum, wie viele der benötigten Funktionen bietet das System, wie viel muss ich selbst daran machen. Hundert Prozent Abdeckung gibt es meist nicht; aber das ist auch nicht immer gefragt: Oft macht ja die Abweichung vom Branchenstandard das Alleinstellungsmerkmal eines Unternehmens aus. Anwender sollten jedoch auf die Verlässlichkeit und die Perspektiven des Anbieters achten. Ein Unternehmen, bei dem der Gerichtsvollzieher ein- und ausgeht, ist vielleicht nicht die richtige Wahl, wenn es um kritische Unternehmensanwendungen geht. Aber vor Überraschungen ist man nie sicher. Selbst Große wie Siebel oder PeopleSoft werden gelegentlich geschluckt. Dann kann man nur hoffen, dass der neue Besitzer weiterhin die Software wartet oder vernünftige Migrationspfade anbietet.