Branche fuerchtet monopolistische Tendenzen beim Netzwerkgiganten Novell aendert den System-V-Code und verbindet Net- mit Unixware

17.09.1993

MUENCHEN (CW) - Novell hat nicht nur die Absicht, Unixware mit Netware-Features zu verquicken, sondern auch den Sourcecode von Unix selbst zu veraendern. Die Branche sieht am Horizont bereits als Horrorvision eine Netz-Unix-Ausgabe des Microsoft-Monopols entstehen. Das berichtet der amerikanische "IDG-News Servive" in Uebereinstimmung mit dem britischen Informationsdienst "Computergram".

"Ob als Binaerausgabe oder als Sourcecode, Unix-Kunden werden das Novell-Zeug bekommen, ob sie wollen oder nicht", erlaeutert Unixware-Produkt-Manager James Barker gegenueber dem IDG News Service. Allerdings wuerden Unix-Wiederverkaeufer in die Lage versetzt, unerwuenschte Komponenten wieder zu entfernen.

Netware-Funktionen fuer Unix vorgesehen

Diese Wiederverkaeufer sowie Novell-Konkurrenten sehen sich laut "Computergram" in der Zwickmuehle. Zu einen fuehrten sie einen Kampf gegen die Unuebersichtlichkeit des Unix-Angebots, gegen den Konkurrenzdruck und die zunehmende Marktsegmentierung. Auf der anderen Seite fuerchteten sie das Schreckgespenst eines potentiellen Monopolisten.

In jedem Fall aber wird Novell, um das Produkt in Konkurrenz zu Windows NT attraktiver zu gestalten, Unixware zunehmend mit Netware-Funktionen ausstatten. Bislang, nunmehr seit einem Jahr, verkauft sich Unixware mit nur maessigem Erfolg.

Wie die CW-Schwester-publikation "Networld" berichtet, plant Univel, in die zur Netware-Version 4.0.1 kompatible Unixware- Ausfuehrung den Zugriff auf die Netware-Verzeichnisse einzubauen. Darueber hinaus wird Novells Netzprotokoll "Internetwork Packet Exchange" (IPX) in das PC-Unix integriert.

Laut Barker sind dies die ersten Features, die auch in den Unix- Sourcecode Eingang finden werden.

Vieles in der Novell-Politik deute darauf hin, dass Unixware mit Unix zu einem Produkt verschmelzen werde. Wie auch immer - Novell scheint in jedem Fall den Vorteil auf seiner Seite zu haben: Das Unternehmen kann zum einen den Unix-Sourcecode ueber Anbieter wie IBM, Sun Microsystems und Hewlett-Packard vermarkten. Zum anderen hat es die Moeglichkeit, System V, verpackt als abgespecktes Betriebssystem Unixware, direkt an die Endkunden ueber die eigenen Vertriebskanaele zu verkaufen.

Bei der vereinnahmenden Geschaeftspolitik des Netzwerkriesen erscheint alles moeglich. Nachdem Novell den Unix-Lizenzgeber, die Unix-Systems Labora-tories Inc. (USL), sowie Univel, das urspruengliche Joint-Venture zwischen USL und Novell, in der eigens geschaffenen Organisationseinheit Unix Systems Group (USG) absorbiert hat, herrscht jedenfalls bange Besorgnis in der Branche.

Auf die Frage, ob Netware, Unixware und Unix verschmelzen werden, gab Novell Deutschland eine eindeutig mehrdeutige Antwort. Es sei kein plausibler Grund zu erkennen, warum aus Net- und Unixware ein einziges Produkt werden solle. Allerdings bringe es nur Vorteile, wenn Netware-Features in Unixware eingebaut wuerden. Die Veraenderungen am Sourcecode von System V haelt die deutsche Gesellschaft fuer selbstverstaendlich, da Novell dieses Produkt nun einmal besitze.

Eine vorlaeufige Klaerung, welche Marschrichtung Novell einschlaegt, ist von einem Vortrag zu erwarten, den Ray Noorda, President und CEO der Novell Inc., am 22. September 1993, anlaesslich der Unix Expo in New York halten wird. Thema der Ausfuehrungen wird sein: "Novell + USL = Unix-Loesungen fuer das gesamte Unternehmen".