"ONE:ALL" - SAP bei Winkhaus

Bloß nicht diese anonymen Nummern

25.01.2010
Von Andreas  Schmitz

Am 1. Januar 2005 begann Josef Brösterhaus bei Winkhaus, daran etwas zu ändern - "das größte IT-Projekt in der 150-jährigen Geschichte", wie Brösterhaus stolz ergänzt. Die besonderen Anforderungen: Neben Deutschland und anderen westeuropäische Staaten auch osteuropäische Staaten (Polen, Tschechien und die Ukraine) mit dem SAP-Standard zu "versorgen". Vorsorglich setzte der IT-Verantwortliche dafür auf IT-Dienstleister Itelligence, der eine Expertise in Hinsicht auf Projekte in Osteuropa mitbrachte. "Es gibt dort eine Reihe von landesspezifischen Besonderheiten zu beachten", sagt Brösterhaus. Um dafür gewappnet zu sein, macht es nicht nur Sinn, jemanden vor Ort zu haben, der die Sprache spricht, sondern auch jemanden, der die gesetzlichen Spezifika besonders gut kennt. In der Ukraine etwa gab es besondere steuerliche Anforderungen, die mit einem westeuropäischen Verständnis schwer durchschaubar sind: "Meine Mitarbeiter hatten einige harte Nüsse zu knacken", umschreibt Brösterhaus die Situation. Im Falle Winkhaus hat Berater Itelligence offenbar diese Lücke geschlossen, da er ukrainische SAP-Experten im Lande beschäftigt, die mit den Besonderheiten vertraut waren.

Lenkungsausschuss entscheidet gegen "sprechende Nummern"

Neben den unkalkulierbaren Sonderanforderungen muss das Projektmanagement jedoch immer wieder die Mitarbeiter in den Gesellschaften für das Projekt ONE:ALL gewinnen und Widerstände überwinden. Beispielsweise entschied der Lenkungsausschuss, künftig die Materialnummern völlig neu zu vergeben. Die so genannten sprechenden Nummern wurden aufgegeben. Damit gehen jedoch auch die Informationen, etwa über die Produktgruppe oder den Änderungsindex verloren, die sich jeweils in den Ziffern verbargen und für den Lageristen oder den Maschinenführer sehr hilfreich waren. Mitarbeiter sperrten sich gegen das neue anonyme Nummernsystem, das einfach nur noch hoch zählte. Die Eskalation in den Lenkungsausschuss war nötig. "Hier half eine transparente Projektorganisation mit klaren Entscheidungs- und Eskalationswegen", erläutert Brösterhaus: "Die Besetzung des Lenkungsausschusses mit Top-Management, der Projektleitung und dem Berater garantierte ein hohe Wahrnehmung und schnelle Entscheidungen auf höchster Ebene."

Sind alle Entscheidung dann umgesetzt, sind die Mitarbeiter nochmals "mitzunehmen". Auf einen 6 stelligen Eurobetrag beziffert der IT-Chef Brösterhaus das Engagement des Unternehmens, die Mitarbeiter in den Gesellschaften gezielt durch Schulungen auf die Veränderungen vorzubereiten. Neben den Anwenderschulungen zur Bedienung des SAP Systems wurden die neuen Abläufe und Abhängigkeiten vor Ort geschult. Durch Kickoff-Veranstaltungen, Newsletter und Berichten im Intranet wurden alle Mitarbeiter über die Projektentwicklung auf dem Laufenden gehalten.

"Nüchtern genug, um zu sehen, was realistisch ist"

"Vom ersten Tag an waren die Mitarbeiter sicher in der Bedienung und nur wenige Unwägbarkeiten hemmten den Start", so der Eindruck von Brösterhaus. Aber das Unternehmen entwickelt sich weiter und "erste große Erweiterungen" stehen an, die wieder zu neuen Prozessen im Winkhaus SAP System führen. Etwa ein SAP-CRM-Projekt, das derzeit auf den Startschuss wartet.

Pragmatisch nahm den Wechsel auf SAP ein Lagerist aus Großbritannien hin: "Was soll ich mich beschweren. Würde ich jetzt deswegen meinen Job wechseln, habe ich bei meinem neuen Arbeitgeber vermutlich auch wieder eine neue Software zu lernen". Widerstande können Josef Brösterhaus ohnehin nicht aus der Ruhe bringen: "Im Westfalenland sind wir nüchtern genug, um zu sehen, was realistisch ist".