Test Synology DS207+

Billig-NAS mausert sich zum Linux-Server

31.07.2008
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Die überarbeitete Admin-Oberfläche

Nach diesen Vorarbeiten kann der Administrator die eigentliche Konfiguration, also das Anlegen von Usern, Benutzerrechten und das Freischalten von Server-Diensten, angehen. Hierzu benutzt er unter Windows entweder das beiliegende Konfigurationsprogramm, das mit Hilfe von Assistenten durch die Einrichtung führt, oder er greift direkt per Browser auf das Web-Interface des Gerätes zu, das standardmäßig über Port 5000 adressiert wird. Wir wählten zur weiteren Konfiguration den Weg per Browser. Bereits der erste Kontakt mit der Konfigurationsoberfläche der DS207+ zeigt, dass Welten zwischen diesem Modell und der ersten NAS-Generation von Synology liegen. Im Vergleich zur 101g+ wirkt das Ajax-basierende Management moderner und aufgeräumter, obwohl es mehr Informationen, wie etwa über die Temperatur der Festplatten, liefert und für die Steuerung des gewachsenen Funktionsumfangs verantwortlich ist. Zur Benutzer- und Rechteverwaltung hat der Administrator jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder er entscheidet sich für das systeminterne Authentifizierungssystem, oder er verwendet in einem Windows-Domain-Netz das ADS als übergeordnete Kontrollinstanz.

Dank Ajax kann jetzt auch mit der internen Rechteverwaltung vernünftig gearbeitet werden. Gerade das Zusammenspiel zwischen Shares, Usern und Gruppen sowie die dadurch direkt oder indirekt vererbten Zugriffsrechte werden deutlich übersichtlicher dargestellt als bei der DS101g+. Obwohl sich im Prinzip am Konzept der Rechteverwaltung nichts verändert hat, erscheint sie nun deutlich intuitiver. Das gilt übrigens für die gesamte Benutzeroberfläche. So wurden Dienste wie die Web, FTP oder Netzsicherung übersichtlich in unterschiedlichen Kategorien zusammengefasst. Bei der aktuellen Firmware-Version ist der User zudem in der Lage, eigene Applikationen beziehungsweise deren Administration in die Management-Oberfläche zu integrieren.

Alt gegen Neu

Mit der Vergabe der Benutzerrechte steht einem ersten Geschwindigkeitstest nichts mehr im Wege. Besonders interessierte uns, inwieweit das Raid 0 der NAS in einem Gigabit Ethernet LAN Geschwindigkeitsvorteile bringt. Als Testwerkzeug setzen wir wie bei der 101g+ den ATTO-Diskbenchmark ein. Dieser Benchmark bescheinigte 207+ Leseraten von über 37 MB/s und Schreibraten bis zu 35 MB/s. Exzellente Benchmark-Werte, wenn man bedenkt, dass selbst die alte Diskstation mit Transferraten von 25 MB/s beziehungsweise 20 MB/s damals zu den Höchstleistern im unteren NAS-Segment zählte.

Im Alltag - fern aller synthetischen Testwerte - übertrug die DS207+ im Netz rund 1 GB pro Minute. Zwar kann auch die 207+ nicht mit teuren professionellen Netzspeichern mithalten, aber ihre Geschwindigkeit sollte für einen Abteilungs-NAS oder in Zweigstellen ausreichen - selbst wenn größere Multimedia-Dateien ausgetauscht werden.

Der Web-Server der 207+

Zumal die NAS in Zweigstellen nicht nur die Funktion eines File-Servers übernimmt, sondern gleichzeitig auch als Linux-Appliance die Rolle eines Application Servers ausfüllen kann. Dank des integrierten Apache Web-Servers in der Version 2.28, kombiniert mit dem MySQL Server 5.0.5 und php 5.2.6, eignet sich die Diskstation auch zur Realisierung eigener dynamischer Web-Auftritte oder Intranet-Anwendungen. Selbst ein Corporate-Blog lässt sich mit der 207+ einfach verwirklichen. Sie hat die hierzu erforderliche Software inklusive entsprechender Design-Templates von Haus aus vorinstalliert, so dass innerhalb weniger Minuten ein eigener Blog eingerichtet ist. Allerdings erkauft sich der Anwender diese schnelle Einrichtung mit einem Manko: Die von Synology gelieferte Blog-Software eröffnet nur wenig Spielraum beim Gestalten eines individuellen Blog-Auftritts. Wer hier mehr gestalterische Freiheiten wünscht, sollte auf andere Blog-Software wie Wordpress ausweichen. Auch der Apache Web-Server überrascht bei tieferer Beschäftigung mit einigen unschönen Besonderheiten: So hat der Hersteller nicht alle Apache-Module (etwa die Proxy-Module) auf der Diskstation vorinstalliert, so dass der Anwender sie im Bedarfsfall nachinstallieren muss. Positiv ist dagegen anzumerken, dass der User zumindest die Möglichkeit hat, die NAS an seine persönlichen Bedürfnisse anzupassen - wie das im Detail geschieht, dazu später mehr. Im Zusammenspiel mit dem Apache Web-Server fiel noch ein anderer Punkt negativ auf: Während manche Web-Seiten ohne Geschwindigkeitsprobleme ablaufen, werden andere nur gähnend langsam abgearbeitet. Ein Anfangsverdacht, dass der integrierte MySQL Server mit dynamischen Web-Seiten überfordert sein könnte, bestätigte sich nicht. Vielmehr scheint es einen Zusammenhang zwischen der Anzahl der Include-Dateien und der späteren Performance einer Web-Seite zu geben. Bei der Programmierung eigener Web-Projekte sollte deshalb die Include-Anweisung mit Bedacht verwendet werden, und vorgefertigte Pakete wie das CMS-System Joomla sollten diesbezüglich einer Schlankheitskur unterzogen werden.