Studie: Oracle, Sun, IBM, Bea, Microsoft und SAP im direkten Vergleich

Bei Portalen entscheiden die Details

07.05.2004
MÜNCHEN (fn) - Portale haben sich in der IT-Landschaft etabliert. Orientierungshilfen bei der Produktauswahl gibt eine Studie des Beratungshauses CSC Ploenzke, die sechs Systeme miteinander vergleicht. Da die Anbieter verschiedene Schwerpunkte setzen, muss bei der Auswahl auch die Zielsetzung des Anwenders berücksichtigt werden.

Viele Firmen entwerfen neue Portale oder migrieren bestehende Intranets in umfangreichere Websites. Der Web-Zugriff auf Informationen und Anwendungen soll das Zusammenarbeiten von Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten effizienter machen. Darüber hinaus erwarten die Anwender, dass der Zugriff auf Informationen kostengünstiger vonstatten geht. Eine Reihe von Herstellern bieten komplette Portalsysteme an. Das Beratungshaus CSC Ploenzke hat sechs Anbieter ausgewählt und deren Erzeugnisse anhand von zehn Kriterien bewertet und in einem Labor getestet (siehe Kasten "Kriterienkatalog").

"Weblogic Portal 8.1" von Bea Systems eignet sich gut für Firmen, die ein individuelles Portal für eine heterogene IT-Landschaft bauen möchten. Dementsprechend bietet das Produkt ein flexibles Programmiermodell. Allerdings schneidet Bea in dieser wie auch in vorangegangenen Studien vergleichsweise schlecht in den Kategorien Content-Management und Integration ab, da im Standardlieferumfang zwar brauchbare, aber nicht sehr umfassende Funktionen enthalten sind. In Sachen Content-Verwaltung stützt sich der Anbieter vornehmlich auf Partnerschaften. Gelungen sind die Implementierung von Java- und Web-Services-Standards, ebenso die Infrastruktur-Features wie Load Balancing und Failover. Auch die Präsentations- beziehungsweise Personalisierungsmechanismen sowie das integrierte Kampagnen-Management zum Anpreisen von Produkten auf Kundenportalen gefielen den Testern. Bemängelt wurde in diesem Zusammenhang jedoch das Fehlen von Layout- und Navigationsvorlagen sowie der hohe Entwicklungsaufwand für Java Server Pages (JSPs).

Auch Beas schärfstem Konkurrenten IBM ist mit dem "Websphere Portal" die Java- und Web-Services-Unterstützung gelungen. Zudem liefert Big Blue zur Anwendungsintegration viele Konnektoren für Standardsoftware sowie eine Prozessintegration mittels "Websphere Process Choreographer" mit. Allerdings müssen Kunden auch bei diesem Produkt für komplexe Integrationsvorhaben ein Zusatz-Tool kaufen. Beim User-Management fielen die Single-Sign-on-Methoden, also der Zugang zu allen Funktionen über ein einziges Passwort, positiv auf, nicht jedoch die Benutzeradministration, die als "undurchsichtig" kritisiert wird. Ferner ist das Delegieren der Portaladministration an verschiedene Benutzergruppen zwar möglich, gestaltet sich jedoch umständlich.

Portalentwickler können auf die reichhaltigen Features des auf der Open-Source-Technik Eclipse basierenden "Websphere Studio Site Developer" zurückgreifen. Den Portalbau beschleunigen zudem eine Reihe vorgefertigter Portlets. IBM liefert ein umfangreiches Content-Management-System mit, allerdings harrt das recht neue Modul noch der vollständigen Portalintegration.

Im Gegensatz zu allen anderen in dieser Studie in Augenschein genommenen Lösungen arbeiten die "Microsoft Integrated Portal Technologies" (MIPT) nur mit dem hauseigenen Betriebssystem Windows und der Datenbank SQL Server zusammen. Die Lösung besteht aus sechs Server-Produkten nebst der Entwicklungsumgebung "Visual Studio .NET". Nach Angaben des Herstellers werden die einzelnen Produkte entsprechend der Anforderungen im Projekt ausgewählt. Allerdings sind die Komponenten noch nicht optimal aufeinander abgestimmt. Als störend bezeichnet CSC Ploenzke beispielsweise die schwache Integration zwischen dem "Microsoft Office Sharepoint Portal Server 2003" und dem "Content Management Server 2002". Hier sei eine Kopplung über die Datenbank wünschenswert.

Gegenüber dem Vorgängerprodukt "Microsoft Solution for Internet Business" hat der Hersteller die Integrationsmöglichkeiten ausgeweitet. Dies liegt unter anderem am "Biztalk Server 2004", der mittlerweile zu einer Integrationsplattform herangewachsen ist. Das User-Management profitiert von der tiefen Integration mit Windows und dem Verzeichnisdienst "Active Directory".

Im Gegensatz zu Microsoft hat Oracle die einzelnen Komponenten der Portallösung gut aufeinander abgestimmt. Das "Oracle Application Server Portal" setzt auf dem Applikations-Server "10g" und der Datenbank auf. Zudem liefert der Hersteller die "Collaboration Suite" mit, die ein Dokumenten-Management-System sowie Instant-Messaging- und Document-Sharing-Mechanismen bereithält. Auch ein Content-Management-System ist dabei. Mit dem Oracle-Produkt lassen sich Portale dank zahlreicher Wizards und vieler vorgefertigter Portlets ohne großen Aufwand aufsetzen. Wie die anderen J2EE-Anbieter verstand es auch Oracle, Java- und Web-Services-Standards im Produkt umzusetzen. Zur Anwendungsintegration stehen mehrere Adapter zur Auswahl. Allerdings gibt es keine Tool-Unterstützung für das Erzeugen von Adapter-Portlets.

Mit der Version 6.0 des "Enterprise Portal" hat SAP einige Schwächen der Vorgängervariante beseitigt. Vor allem die Unix-Unterstützung ist ein Plus. Lief das Produkt früher nur unter Windows, können Kunden es jetzt ebenso unter Solaris, HP-UX und AIX betreiben. Mit der Freigabe von "Netweaver 2004" wird die Software auch unter Linux verfügbar sein. SAP nutzt das Portal als Frontend für seine Business-Applikationen. Dementsprechend weit reicht die Verzahnung mit der "Mysap Business Suite". Von allen Portalsystemen konnte Enterprise Portal die meisten Punkte für das User-Management sammeln. So bietet es ein Single-Sign-on, das an die SAP-Logon-Tickets gekoppelt ist. Leider ist die Portalfunktion "Unification" noch nicht unter Unix verfügbar. Sie erlaubt es, Inhalte und Daten aus unterschiedlichen Quellen zueinander in Beziehung zu setzen. Auch die schon seit langem versprochene .NET-Anbindung für die Portalentwicklung lässt weiter auf sich warten.

Obwohl Sun Microsystems selbst Applikations-Server anbietet, unterstützt das Portalsystem des Herstellers zusätzlich die Ablaufumgebungen der Konkurrenz. So verträgt sich der "Java System Portal Server" sowohl mit dem hauseigenen "Java System Application Server" als auch mit IBMs "Websphere Application Server" sowie dem Weblogic Server von Bea Systems.

Flexibles User-Management

Herausragend sind das User-Management und die Sicherheitsfunktionen, die auf die integrierten Produkte "Java System Identity Server" und "Directory Server" zurückzuführen sind. Dieser stellt beispielsweise ein LDAP-Verzeichnis für Benutzeridentitäten bereit und unterstützt viele marktgängige Authentifizierungsverfahren wie Secure ID, Radius, Windows NT Domains und X.509-Zertifikate. Zwar liefert Sun mit "Fatwire Sparc PCM" ein einfaches Content-Management-System aus, stützt sich aber ansonsten auf Partnerprodukte. Bemängelt wurde, dass die Administationsoberfläche für die Präsentation sich an technisch versierte Anwender richtet. Zudem vermissen die Autoren der Studie hierbei ein zentrales Navigationskonzept, was die Verwaltung des Portals erschwert. Für die Anwendungsintegration stehen zwar Java- und Web-Services-Funktionen bereit, Konnektoren für Fremdsysteme sind, ebenso wie Lösungen zur Datentransformation und Prozessintegration, jedoch nur über Dritthersteller zu beziehen.

Alle Portale erlauben die Suche in externen Systemen, jedoch berücksichtigen sie die dazu erforderlichen Berechtigungen oft nur zum Teil. Dieser und andere Aspekte in der Studie zeigen die Grenzen von Out-of-the-Box-Funktionen auf.

Die Kriterien

User-Management: Benutzermodell, Verwaltung von Anwendern und Berechtigungen, LDAP-Verknüpfung;

Sicherheit: User-Autorisierung, Single-Sign-on, Hacker-Abwehr;

Präsentation: Layout, Präsentation der Inhalte, Navigation, Mulit-Channel-Fähigkeit, Sprachunterstützung, Hilfefunktionen;

Personalisierung: Personalisierung des Layouts, implizite und explizite Personalisierung, Administration, Kampagnen-Management;

Content-Management (CM): CM im Front- und Backend, Anbindung von Dokumenten-Management- und CM-Lösungen;

Suche: Volltextsuche, Metadatensuche, Recherche in unterschiedlichen Datenquellen, Kategorisierung und Taxonomien;

Collaboration: Dokumenten-Management, Wissens-Management, Kalender und Adressbücher, Instant Messaging;

Applikationsintegration: Integration von Daten, Objekten und Softwarekomponenten, Prozessintegration;

Infrastruktur: Ablaufumgebung, Skalierbarkeit, Load Balancing, Administration, Staging und Deployment;

Entwicklung: Programmiermodell, APIs, Portalmodule (Portlets), Unterstützung von Entwicklungsumgebungen, J2EE-Funktionen.

Stärken und Schwächen

Anbieter / Produkt / Anwendungsschwerpunkt / Stärken / Schwächen / Preis

Bea-Systems / Weblogic Portal 8.1 / Entwicklung von Portalen für Kunden, Mitarbeiter und Lieferanten in heterogenen Umgebungen / Flexibles Programmiermodell, Sicherheit, Personalisierung, Web-Services, Java / Kein eigenes CMS/DMS, Applikationsintegration erfordert Zusatzprodukte von Bea (diese sind aber sehr leistungsfähig) / 69000 Euro pro CPU

IBM / Webphere Portal Extend for Multiplatforms 5.02 / Entwicklung von Unternehmensportalen in heterogenen Umgebungen mit Anforderungen an Collaboration. Verschiedene Lösungspakete auch für den Mittelstand. / Entwicklungsunterstützung, Web-Services, Java, Integration von Lotus-Software, vier Lösungspakete adressieren unterschiedliche Firmengrößen. / User-Management kompliziert, tiefergehende Anwendungsintegration erfordert Zusatzprodukt / zwischen 90 000 und 145 000 Euro pro CPU (inklusive ein Jahr Wartung)

Microsoft / Microsoft Integrated Portal Technologies (MIPT) / Portale für Microsoft-lastige Anwender / Gut in Windows und Office integriert. Alle Komponenten aus einer Hand, umfangreiche Integrationsfunktionen / Unterstützt nur Microsoft-Produkte, einzelne Komponenten zum Teil schlecht integriert, keine zentrale Administration der Komponenten. / Produktpreis richtet sich nach den verwendeten Komponenten. Content Management -Server, Commerce Server und Biztalk Server (jeweils Enterprise Edition) kosten jeweils 25 000 Dollar pro CPU, Sharepoint Portal Server kostet 4000 Dollar pro Rechner sowie 70 Dollar pro Anwender.

Oracle / Oracle Application Server 10g Portal und Collaboration Suite / Mächtiges Portalsystem mit homogener Technik. Auch für kleinere Firmen geeignet. / Entwicklungsunterstützung, Personalisierung, Content-Management, Sicherheit, Web-Services, Java / Entwicklungswerkzeug kostet extra, User-Authentifizierung unterstützt SAML noch nicht / 16 786 Euro pro CPU für Oracle AS 10g Enterprise Edition, 50 Euro pro Anwender der Collaboration Suite, 12 589 Euro pro CPU für Oracle 10g Database (Standard Edition)

SAP / Enterprise Portal 6.0 SP2 / Portal für SAP-Kunden, die R/3 sowie Fremdprodukte einbinden wollen / User-Management, Präsentation, Collaboration und Knowledge Management / Unification-Technik läuft noch nicht unter Unix, Prozessintegration erst mit XI 3.0 möglich / Keine allgemeine Aussage zu Lizenzkosten. Hängt von Lizenzsituation des Anwenders ab. Portal im Lieferumfang der Mysap-Produkte/Netweaver enthalten.

Sun Microsystems / Sun Java System Portal Server 6.2 / Entwicklung und Betrieb von Portalen für Firmen und Diensteanbieter mit hohen Anforderungen an Sicherheit und User-Management / User-Management, Sicherheit, Unterstützung mehrerer Applikations-Server, Remote und Mobile Access / Administration komplex, nur rudimentäres Content-Management, keine Monitoring- und Analysewerkzeuge im Lieferumfang / 57 000 Euro pro CPU oder 100 Dollar pro Firmenmitarbeiter im Rahmen des Pricing des Java Enterprise System