Magnetbandspeicher

Backup-Lösung für Profis und Unternehmen

01.05.2013
Von David Wolski
Der Bandspeicher Magnetband ist der Methusalem in der IT. Und trotzdem ist die Technologie dank aktuellen Entwicklungen wie LTO-5, LTO-6 und dem Dateisystem LTFS nicht obsolet. Mit einer zukünftigen Speicherdichte bis 32 Terabyte pro Band wird der LTO-Standard auch bei wachsenden Datenmengen relevant bleiben. Wir erklären die Vorteile dieser unverwüstlichen Speichertechnik und sagen, für wen sie sich eignet.

Digitale Bandlaufwerke sind keinesfalls tot, auch wenn Tapes als Speichermedium nach fallenden Festplattenpreisen heute nur noch eine Nische bedienen. Denn Bandlaufwerke sind weiterhin relevant, wenn es um regelmäßige Backups großer Datenmengen in der Größenordnung von Terabytes und mehr geht.

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Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass Bänder jetzt erhebliche Fortschritte bei Speicherkapazität und sequenzieller Schreib- und Lesegeschwindigkeit machen. Mit dem aktuellen Standard LTO-5 erreichen Bänder Datentransferraten von bis zu 140 MB/s. Und das zu einem unschlagbar günstigen Preis pro Terabyte, der sogar Desktop-Festplatten teuer erscheinen lässt. Daraus wird zwar noch keine Renaissance der Bandlaufwerke. Bänder werden aber auch in Zukunft ihren Platz als Backupmedium für große Datenmengen verteidigen.

Bandmaschine: Methusalem im digitalen Zeitalter

Erstmals kam ein Magnetband als Speichermedium für digital gespeicherte Daten mit der UNIVAC I zum Einsatz, einem frühen Großrechner von 1951, der noch auf Röhrentechnologie basierte. Mit 224 Kilobyte war die Speicherkapazität pro Band bescheiden. Die Medien und Laufwerke waren den damals üblichen analogen Tonbändern ähnlich und hatten etwa den Umfang einer Pizza.

Ein Jahr später stellte IBM bereits ein Bandlaufwerk mit 1,4 Megabyte Speicherkapazität vor: Das IBM 726 war ab 1952 als Peripheriegerät für Großrechner von IBM verfügbar und speicherte Daten auf einem 720 Meter langen Celluloseband mit einer Eisenoxid-Schicht. Lese- und Schreibgeschwindigkeiten von 7500 Zeichen pro Sekunde waren für damalige Verhältnisse schnell genug und das Laufwerk von der Größe eines Bücherregals wurde der erst kommerziell relevante, digitale Bandspeicher. Im Vergleich zu den gebräuchlichen Trommelspeichern hatten Bandmaschinen einen gewaltigen Vorteil: Die Medien kosteten nur einen Bruchteil und boten deutlich mehr Speicherkapazität.

Festplatte verdrängt Magnetband

Bandlaufwerke waren bis zum enormen Anstieg des Speicherplatzes auf Festplatten und deren drastischen Preisverfall vor rund zehn Jahren eine feste Größe für Backups. Nicht nur in Firmennetzwerken, sondern auch als Langzeitspeicher für einzelne Arbeitsstationen. Innerhalb der letzten 20 Jahre sind zahllose Variationen und Formate auf den Markt gekommen - und wieder verschwunden.

Denn nicht jedes Band war dem rauen Alltag wirklich gewachsen. Gerade 8-Millimeter-Bänder der 80er Jahre und später DAT-Laufwerke gerieten schnell in den Ruf unzuverlässig zu sein, da sowohl die Magnetbänder als auch die Laufwerke unter hohem Verschleiß litten. Uneinheitliche Standards und inkompatible, neuere Generationen von Tapes, die sich mit älteren Laufwerken nicht mehr lesen ließen, trugen zudem zu einer Zersplitterung des Marktes bei.

Seit 2007 sind die Verkaufszahlen für Bandlaufwerke und Medien stark rückläufig, da diese Speichertechnik für Privatanwender und kleine Firmen kaum noch eine Rolle spielen. Laut den Marktforschern der Santa Clara Consulting Group gingen die Verkäufe von 1,56 Milliarden US-Dollar im Jahr 2010 auf 1,33 Milliarden US-Dollar zurück, ein Einbruch um 14,7%.

Grund für Optimismus gibt es nach den Aussichten der Marktforscher aber trotzdem: Während viele Bandformate definitiv auf dem Weg auf das Abstellgleis sind, soll LTO (Linear Open Tape) seine besten Zeiten erst noch vor sich haben.

Um das Tape fit für die Zukunft zu machen, entwickeln die Hersteller IBM, HP und Seagate/Quantum den Standard Linear Open Tape (LTO) seit dem Jahr 2000 gemeinsam in einem Konsortium. Anders als Hersteller-spezifische Formate ist LTO/Ultrium eine offene Spezifikation. Geräte sowie Medien müssen vom Konsortium zertifiziert werden und sind untereinander kompatibel. Zudem ist der Standard auf mehrere Geräte-Generationen ausgelegt, damit LTO schrittweise verbessert werden kann, ohne die Abwärtskompatibilität bei jedem Entwicklungsschritt zu verlieren. So müssen Laufwerke immer auch die Bänder der vorherigen LTO-Generation beschreiben und lesen können und die Medien der Generation müssen zumindest noch lesbar sein.

Insgesamt hat LTO in seinen den verschiedenen Entwicklungsstufen den Markt bereits klar erobert: LTO macht laut Santa Clara Consulting Group heute 91,18 Prozent der Laufwerksverkäufe und 83,58 Prozent der Medienverkäufe aus. Vorgestellt wurde LTO-1 (erste Generation) im Jahr 2000 und Ende 2012 steht nun mit LTO-6 die sechste Generation in den Startlöchern.

LTO im Wettlauf mit Festplatten

Von anfänglich 100 Gigabyte unkomprimierter Speicherkapazität ging die Entwicklung mit LTO-5 über die Terabyte-Grenze hinaus. Angepeilt werden in den nächsten Jahren Bänder mit bis zu 32 Terabyte Kapazität, um im Wettlauf mit Festplatten mitzuhalten. Aktuell kostet ein LTO-5-Band mit 1,5 Terabyte unkomprimierter Kapazität etwa 40 Euro und kommt damit auf 27 Euro pro Terabyte. Interne Festplatten mit 2 Terabyte Speicher kosten rund 100 Euro (Stand 2012) und bieten damit das Terabyte zu 50 Euro. LTO gelingt also das Kunststück, Festplatten bei den Kosten pro Gigabyte zu unterbieten. Relevant ist diese Rechnung für Unternehmen, die für den Geschäftsbetrieb erhebliche Datenmengen archivieren müssen oder ein schnelles Online-Backup auf Festplatte mit einem längerfristigen Backup auf Band ergänzen.

LTFS: Ein neues Dateisystem für Bänder

Die fünfte Generation von LTO brachte neben kürzeren Zugriffszeiten und höhere Speicherkapazität eine weitere Neuerung, die den Umgang mit den Daten auf Bändern erheblich vereinfacht: Das Dateisystem LTFS erlaubt den unkomplizierten Zugriff auf gespeicherte Dateien, als wären sie auf einer Festplatte gespeichert. LTFS teilt ein Band in zwei Partitionen auf. Eine Partition ist für die Metadaten der eigentlichen Daten auf der anderen Partition reserviert. Damit ist es möglich, trotz des sequenziellen Zugriffs auf das Band Dateien in Verzeichnis-Hierarchien zu organisieren. LTFS erlaubt das Lesen und Schreiben einzelner Dateien unabhängig von spezieller Backup-Software oder Tape-Datenbanken, da ein Medium die kompletten Informationen über seinen Inhalt selbst enthält. Die Spezifikationen wird von IBM als Open-Source entwickelt und steht unter der GNU Lesser General Public License (LGPL).

Unterstützung für LTFS gibt es für Windows 7, Windows Server 2008 R2, Red Hat Enterprise Linux, SUSE Linux Enterprise und Mac OS X 10.5.6. Die Unterstützung wird per Treiber nachgerüstet. Der Zugriff auf das Dateisystem erfolgt über eine standardisierte POSIX-Schnittstelle. Normale Dateimanager können damit Inhalt eines Tapes anzeigen und auf Dateien zugreifen. Die Metadaten erlauben die Lokalisierung einer gewünschten Datei im Index. Nach der Positionierung des Bandes, die weiterhin vergleichsweise lange dauert, wird die Datei einfach im Dateimanager ohne spezielle Backup-Software vom Band an den gewünschten Ort kopiert.

Der Verzicht auf proprietäre Verwaltungssoftware für Bänder macht LTO ab der fünften Generation auch zum Austausch großer Datenmengen zwischen Firmen, Abteilungen und verschiedenen Systemen geeignet. Der Cloud-Dienstleister Thought Equity Motion, der für Publisher, Studios und Filmproduktionsfirmen mehrere Petabyte an Master-Aufnahmen speichert, ist nach eigenen Aussagen deshalb auf LTO-5 mit LTFS umgestiegen. Für die Kunden sei es einfacher, per LTFS Videodaten von leicht zu transportierenden Band zu lesen, als mit Festplatten zu hantieren, so Mark Lemmons, CTO von Thought Equity Motion. Die Open-Source-Lösung LTFS macht die Bänder von der jeweiligen IT-Infrastruktur unabhängig, benötigt wird nur ein passendes Laufwerk und ein LTFS-Treiber für das verwendete Betriebssystem.

Günstige Medien - teure Laufwerke

Trotz steigender Kapazitäten, geringen Kosten pro Terabyte, schneller Schreib-Lese-Vorgänge und LTFS sind LTO-Bandlaufwerke der aktuellen Generation kein Medium für jeden Zweck. Denn es bleibt ein Bandlaufwerk und erfordert angepasste Backup-Strategien. Im Gegensatz zu Festplatten sind Bänder aufgrund der sequenziellen Zugriffe mit LTFS extrem langsam beim Lesen einzelner Daten über den Index und eignen sich nicht als schnell verfügbarer Online-Speicher.

Die Stärken von Tapes liegen auch weiterhin beim sequenziellen Speichern großer Dateien, bei Archiven und Langzeit-Backups im Verbund mit schnelleren Festplatten. Damit Bänder auch wirklich noch nach Jahren lesbar sind, ist zudem eine richtige, klimatisierte Lagerung nötig. Unternehmen sollten mit Wiederherstellungs-Tests die Lesbarkeit der Datenträger regelmäßig überprüfen. Der Anschluß ist ab LTO-5 nur noch über Serial Attached SCSI (SAS) möglich, so dass eine Workstation oder ein Server über eine entsprechende Controllerkarte für PCI Express verfügen muss.

Zudem bleiben die Laufwerke selbst teuer: Ein externes LTO-5-Laufwerk von Tandberg kostet im Handel etwa 1800 Euro (Stand 2012) und zur Ausfallssicherheit müssen es mindestens zwei Laufwerke sein. Tape-Libraries für eine teil-automatisierte Backup-Strategie kosten rund das Dreifache eines externen Lauwerks.

Für den gleichen Preis bekommt man rund 50 Festplatten zu je 1 TB für den Einbau in ein NAS. Der höhere Aufwand und die hohe Anfangsinvestition für LTO-Technologie ist also nur dann gerechtfertigt, wenn es um längerfristige Speicherung erheblicher Datenmengen von mehreren hundert Terabyte geht. Für mittelständische Unternehmen, die unabhängig davon nach einer Tape-Lösung suchen, sollte es aber LTO ab der fünften Generation sein, da der LTFS-Standard den Verwaltungsaufwand erheblich reduziert und eine größere Unabhängigkeit von Betriebssystemen und Backup-Software bietet. Für den Austausch sehr großer Datenmengen, etwa zwischen Niederlassungen oder zwischen Dienstleister und Kunde, sind LTO-5-Tapes ebenfalls geeignet.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation PC-Welt. (mhr)