B2B-Clouds schaffen Aufbruchstimmung

23.05.2012
Das wachsende SaaS-Segment sei ein idealer Nährboden für deutsche Startups. Dem IaaS-Markt stehe hingegen eine Auslese bevor, warnt die Experton Group.

Das Cloud-Geschäft mit Unternehmenskunden lockt mit seinem schnellen Wachstum viele Anbieter an. Die Experton Group beziffert in ihrem neuen "Cloud Vendor Benchmark 2012" das Marktvolumen auf über drei Milliarden Euro in Deutschland, bis zum Jahr 2016 soll es sich auf 10,6 Milliarden Euro verdreifachen. Erhoben werden alle Umsätze mit Cloud-Diensten (etwa SaaS, IaaS, PaaS), mit Integrations- und Beratungsprojekten sowie mit Cloud-Technologien.

Angesichts der guten Aussichten verwundert es nicht, dass die Zahl der Cloud-Provider steigt: Experton zählt in Deutschland über 350 Anbieter. Nur wenige wirtschaften profitabel, vor dem Jahr 2015, da sind sich die Marktbeobachter sicher, wird kaum ein Cloud-Service-Provider die Gewinnzone erreichen. Ein Scheitern droht insbesondere den IaaS-Anbietern (Infrastructure as a Service), da diese viel Kapital in den Aufbau großer Data Center investieren müssen. Im harten Wettbewerb um Neukunden geben manche Provider mehr Geld für Marketing aus, als sie mit Cloud-Diensten einnehmen.

Bessere Rahmenbedingungen bietet das Softwaregeschäft rund um die Cloud. Als gelungenes Beispiel gilt etwa die Telekom-Ausgründung Zimory, die mit ihrer Cloud-Management-Plattform im Experton-Anbietervergleich funktional überzeugen konnte. Auch das SaaS-Segment ist ideal für Start-ups, weil sich die Vorabinvestitionen für eine Geschäftsidee in Grenzen halten. Scopevisio und Weclapp, SaaS-Anbieter von ERP-Lösungen, zählen zu den vielversprechenden Neugründungen, letzterer Anbieter wurde von Experton als "Newcomer des Jahres" ausgezeichnet.

Das wesentliche Element der Experton-Studie ist der Cloud-Anbietervergleich in 16 Kategorien. Die Analysten haben allerdings nur 109 von 350 Anbietern detailliert analysiert und positioniert. Viele vermeintliche SaaS-Angebote haben sich bei näherer Betrachtung als gehostete Instanzen normaler On-Premise-Software entpuppt und fielen so aus der Wertung. Auf der nächsten Seite stellen wir einige ausgewählte Ergebnisse des Vergleichs vor.

Public IaaS - Amazon setzt Maßstäbe: Im Markt für öffentliche IaaS-Cloud-Dienste bleiben die Amazon Web Services (AWS) Marktführer. Der Betreiber baut die Plattform konsequent in Richtung Enterprise-IT aus, hält dabei aber am Selbstbedienungskonzept fest. IBM punktet mit einem deutschen Rechenzentrum sowie geschäftskundenorientierten SLAs und Serviceangeboten. Die Google App Engine und Microsofts Azure bieten zwar gute Usability und Skalierbarkeit, doch an der integrierten PaaS-Umgebung bemängeln die Prüfer die dürftige Auswahlfreiheit, etwa was Entwicklungs-Tools betrifft.

Managed IaaS - T-Systems liegt vorn: Die Marktführer der Kategorie "IaaS Managed Cloud" sind allesamt etablierte Managed-Service-Provider und haben früh damit begonnen, in eigene Cloud-Infrastrukturen sowie in das Know-how ihrer Mitarbeiter zu investieren. Das ist nach Experton-Einschätzung T-Systems besonders gut gelungen, aber auch die Schwergewichte IBM, BT Germany und Fujitsu können mit ihren geschlossenen IaaS-Diensten überzeugen. Die Kombination von Managed-IaaS-Diensten und Netzservices macht Telcos wie Telefónica, Claranet und NTT zu interessanten Partnern. Bemerkenswert ist, dass US-Anbieter wie Savvis, Rackspace und Terremark mit lokalen Rechenzentren nach Europa drängen.

SaaS ERP - SAP führend unter wenigen: Das Angebot an SaaS-Lösungen für ERP ist überschaubar. Für deutsche Anwender zählten die Markt- beobachter lediglich sechs ernst zu nehmende Angebote, alle sonstigen Offerten fallen der strengen Cloud-Definition zum Opfer. SAP liefert mit Business ByDesign die SaaS-Lösung mit dem größten Funktionsumfang und der Option, auf größere Lösungen zu migrieren. Interessante Alternativen bieten die besagten Startups Weclapp und Scopevisio. Alle Angebote richten sich an kleine und mittelgroße Firmen. Cloud-Installationen für große Unternehmen gibt es bis dato nicht.

Hardware - Cisco überrascht: Der Markt für Cloud-Technologien wird von wenigen Konzernen dominiert, die als Komplettanbieter nahezu das gesamte Spektrum an Server-, Storage- und Netzkomponenten abdecken. IBM, HP, Fujitsu, Oracle und Dell zählen zu dieser Gruppe. Insbesondere Cisco hat mit dem Unified Computing System (UCS) einen eindrucksvollen Einstieg in den Server-Markt geschafft und konnte die Lösung zügig als eine der dominierenden Hardwareplattformen für den Aufbau und Betrieb von Cloud-Infrastrukturen etablieren.

Cloud-Management - VMware behauptet sich: Die Management-Plattformen sind die Schaltzentralen aller Cloud-Installationen. Die Mehrheit der Lösungen hat sich nach Beobachtung der Experton Group gegenüber dem letzten Jahr deutlich weiterentwickelt. Dies gilt für den Funktionsumfang der Lösungen, ihre Integrationsmöglichkeiten in Technologien von Drittanbietern und vor allem für die Gestaltung der Benutzeroberflächen. An der Spitze der Anbieter hält sich weiter VMware, doch der Platzhirsch muss sich ständig im Wettbewerb mit einer Vielzahl junger Softwarefirmen sowie mit den etablierten globalen Technologielieferanten beweisen. Zudem ist der Markt geprägt von vielen unterschiedlichen Kooperationen und Allianzen.

von Joachim Hackmann, jhackmann@computerwoche.de