Alternative zu OLE ad acta gelegt

Aus für Opendoc: IBM setzt voll auf Javabeans

21.03.1997

Als Apple, IBM und Novell 1993 Opendoc ankündigten, schien die mit Microsofts Object Linking and Embedding (OLE) konkurrierende Technologie vielversprechend. Sie sollte ein dokumentenzentriertes Modell durchsetzen, das auf schlanken, austauschbaren Softwaremodulen beruht.

Die ersten Gewitterwolken brauten sich jedoch im Herbst 1995 über der Objekttechnologie zusammen. Novell, für die Windows-Implementierung zuständig, stellte die Entwicklung ein. IBM mußte kurzfristig in die Bresche springen, die daraus folgende Verschiebung der Fertigstellung auf Ende 1996 vertrieb die verbliebenen Interessenten. Dabei handelte es sich vornehmlich um kleine Softwarehäuser, denen finanziell allmählich die Puste auszugehen drohte. Bei den Großen hatte Opendoc ohnehin keine Gegenliebe gefunden. Pikant dabei ist, daß sich die IBM-Tochter Lotus standhaft weigerte, Opendoc-Parts zu entwickeln, und statt dessen lieber OCX-Module für Microsofts Konkurrenzarchitektur anbot.

Im Unterschied zu Microsofts OLE sollte die Komponententechnologie auf mehreren Plattformen verfügbar sein und Entwicklern so einen größeren Markt bieten. Allerdings verloren die Windows-Alternativen Apple Macintosh und OS/2 ihrerseits zunehmend an Attraktivität.

Wie schon beim OS/2-Mißerfolg erwies sich IBMs Strategie als verhängnisvoll, nur die Infrastruktur anzubieten und bei der Applikationsentwicklung auf die Initiative unabhängiger Softwarehäuser zu warten. Die Folge war, daß für die Programmierung von Opendoc-Komponenten, sogenannten "Parts", kaum Werkzeuge zur Verfügung standen.

Wenig half es der Akzeptanz von Opendoc, daß der Quellcode - ganz im Unterschied zu OLE - über das Herstellerkonsortium CI Labs für jeden zugänglich war. Genausowenig nutzte es, daß die Object Management Group (OMG) Opendoc zum offiziellen Komponentenmodell gekürt hatte. Die Übereinkunft von IBM mit Sun, Oracle und Netscape, der OMG Javabeans als Standardarchitektur für Komponenten vorzuschlagen, besiegelt nun das Aus für Opendoc.

Der für Opendoc zuständige IBM-Manager Scott Hebner sieht darin weniger ein Scheitern der eigenen Technologie, sondern interpretiert die Ausrichtung an Javabeans als natürliche Folge des netzwerkzentrierten Computings, dem sich Big Blue verschrieben hat.

IBM geht nun ähnlich wie bei der nie fertiggestellten objektorientierten Anwendungsumgebung Taligent daran, die Codebasis auszuschlachten. Beispielsweise soll das Entwicklungswerkzeug "Visual Age for C++" auf diese Weise um Technologie für Objekt-Container ergänzt werden.

Wichtiger freilich ist für die IBM, Opendoc-Know-how in die Weiterentwicklung von Javabeans einbringen zu können. Schon seit letztem Herbst drängt sie den Java-Erfinder Sun zu einer Verschmelzung beider Technologien. Unter der Bezeichnung "Javadoc" arbeitete Big Blue an einer Spezifikation, die Javabeans um die Fähigkeit zur Erstellung zusammengesetzter Dokumente erweitern soll.

Sun widersetzte sich bis dato einer offiziellen Zusammenführung der beiden Architekturen. Nach Ansicht von Marktbeobachtern ist der Workstation-Hersteller besorgt, daß damit Entwickler abgeschreckt werden könnten, die bisher Komponenten für Microsofts Active X entwickeln.