Artchalking: Das Funknetz als virtueller Raum

21.07.2003
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Nach Wardrivern und Warchalkern haben nun auch Künstler das Thema Wireless LAN entdeckt: Die Münchner Projektgruppe Artchalking spürt drahtlose Internet-Zugänge auf und macht die virtuellen Räume mittels Kunstaktionen "sichtbar".

In den Metropolen der westlichen Welt ist es eng geworden: Egal ob in New York, London, Paris oder München, bei einem Streifzug passiert der Spaziergänger - ohne es zu ahnen - zahllose virtuelle Räume. Es handelt sich dabei um drahtlose Netze, auch WLANs oder Hotspots genannt. Die Räume sind insofern nur virtuell, als sie sich lediglich durch den Bereich um einen Access Point definieren, in dem drahtloses Internet-Surfen möglich sein kann. Für das bloße Auge unsichtbar können sie erst mit Sniffer-Tools zum Beispiel "Netstumbler" aufgespürt werden.

Foto: Artchalking
Foto: Artchalking

Wie weit sich die Wireless-Technologie bereits verbreitet hat, zeigen die mittlerweile über 2500 Access Points, die das Münchner Kunstinfrastrukturprojekt Artchalking bei ihren Suchfahrten in der Isarmetropole und anderswo lokalisiert und auf seiner Website kartografiert hat. Insgesamt, so vermutet Mitinitiator Christian Kehl, existieren allein in München rund 20.000 drahtlose Netze. WLANs sind somit längst nicht mehr nur die Domäne großer Unternehmen, Behörden oder kommerzieller Betreiber.

Dank kostengünstiger Sets nutzen zunehmend auch Privatpersonen die Wireless-Technologie. Ein Blick in die Online-Datenbank zeigt außerdem, dass viele WLAN-Betreiber die Sicherheitseinstellungen oder Verschlüsselungen nicht aktiviert beziehungsweise geändert haben. Sie laden damit Außenstehende teils unfreiwillig, teils gewollt zum kostenlosen Surfen ein.

Mit dem Aufspüren und Veröffentlichen der WLANs frönen die Artchalking-Mitglieder nicht nur ihrer Sammelleidenschaft. "Wir wollen damit eine Diskussion entfachen, wie stark die Wireless-Technologie bereits Einzug ins öffentliche Leben gehalten hat", erklärt Kehl. Nach Ansicht von Artchalking sind offene WLAN-Zugänge nichts anderes als eine weitere Form öffentlicher Infrastruktur: neu in der Technik und den Möglichkeiten, aber als öffentlicher Raum ein uraltes gesellschaftliches Phänomen.