ECM-Expertenrat

Anwender fordern Problemlösungen

22.02.2010
Von Stefan Gneiting

ECM setzt sich durch

Ulrich Kampffmeyer, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Project Consult, ist sich deshalb sicher, dass sich ECM über kurz oder lang im Markt durchsetzen wird: "Es ist nicht die Frage, ob die Unternehmen ECM nutzen werden, sondern lediglich, wann sie ein solches System installieren werden." Allerdings ist die Resonanz derzeit noch verhalten. Beispielsweise ergab eine Umfrage des Beratungshauses Pentadoc, dass ECM-Projekte in vielen Firmen angesichts einer wirtschaftlichen Flaute schnell auf die lange Bank geschoben werden. Auf die Frage "Wie wichtig schätzen Sie aktuelle Investitionen in ECM ein, um nach der Krise wichtige Wettbewerbsvorteile zu garantieren?", antworteten 21 Prozent der Befragten, dass Investitionen in ECM-Projekte eher unwichtig seien. Der Nutzen von ECM-Lösungen scheint also noch nicht in jedem Unternehmen bekannt zu sein oder gilt derzeit nicht als ausschlaggebend, folgern die Marktforscher.

Ulrich Kampffmeyer, Geschäftsführer Project Consult: "Es ist nicht die Frage, ob die Unternehmen ECM nutzen werden, sondern lediglich, wann sie ein solches System installieren werden."
Ulrich Kampffmeyer, Geschäftsführer Project Consult: "Es ist nicht die Frage, ob die Unternehmen ECM nutzen werden, sondern lediglich, wann sie ein solches System installieren werden."

Die Zahlen muss man allerdings mit Vorsicht interpretieren, warnen Experten. Im Zweifel steht nicht die Seriosität der Studie, sondern vielmehr, ob der Begriff ECM sich im Markt bereits durchgesetzt hat und ob die Entscheider in den Unternehmen ihn überhaupt kennen oder wissen, was er genau bedeutet. "Oft merkt der Unternehmer gar nicht, dass er bereits ein ECM-Projekt betreibt", sagt Kampffmeyer. Die Zahl derjenigen, die eine Investition in ECM trotz oder wegen der Wirtschaftskrise für wichtig erachten, könnte also höher liegen, als die Zahlen der Pentadoc-Studie vermuten lassen.

Manfred Leisenberg, Hochschullehrer an der Fachhochschule des Mittelstands in Bielefeld: "Der Begriff ECM ist insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft noch nicht verankert."
Manfred Leisenberg, Hochschullehrer an der Fachhochschule des Mittelstands in Bielefeld: "Der Begriff ECM ist insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft noch nicht verankert."

"Der Begriff ECM ist insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft noch nicht verankert", konstatiert Manfred Leisenberg, Hochschullehrer an der Fachhochschule des Mittelstands in Bielefeld und Unternehmensberater. "Die Fragen drehen sich meist um Einzelprobleme aus dem Gesamtkomplex ECM." In der Sprache vieler Unternehmen machen sie also kein ECM, sondern nutzen ein Archivierungssystem, eine elektronische Personalakte, eine E-Mail-Management-Lösung oder setzen auf Wikis zur Bündelung der Informationsflut. "Viele Anwender sprechen von Archiv, wenn sie ein Dokumenten-Management suchen", nennt Stefan Jamin, Business Development Manager Enterprise Information Management beim Beratungshaus Cenit, ein Beispiel.

Dass die potenziellen Kunden von den Begriffen verwirrt sind, darüber sind sich die versammelten Experten einig. Wie ein typisches Kundengespräch abläuft, beschreibt Wolfgang Hackenberg, Rechtsanwalt und stellvertretender Leiter der Steinbeis Transferzentrums für Projektgestaltung und Vertragsmanagement: "Zunächst kommt das Unternehmen auf die Berater oder Hersteller mit dem Wunsch nach einem unternehmensweiten elektronischen Dokumentensystem zu. Bohrt man dann etwas nach, stellt sich heraus, dass der Kunde eigentlich eine elektronische Akte oder Archivlösung benötigt, und die auch nicht unternehmensweit, sondern nur punktuell, zum Beispiel für Finanzdaten, Personalakten oder E-Mails." Sich auf den Begriff ECM zu fixieren ist in der Praxis also wenig hilfreich. "Wir brauchen weniger Schlagworte und mehr Problemorientierung", fasst Zöller das Problem zusammen.