Die Ziele von Symantec und Network-Associates

Antiviren-Anbieter: Service bringt mehr Geld als Tools

18.09.1998

Symantec und Network Associates benutzen ihre Erfahrung im Antiviren-Geschäft, um sich ein neues Standbein in der Unternehmens-DV zu schaffen, und beteuern dabei, daß sich ihr angestammtes Geschäft auch weiterhin lohnt. Laut Symantec-Marketier Hans-Joachim Diedrich ist das große Geschäft nicht im Niedrigpreis-Segment bei den privaten Computerbenutzern, sondern nur bei den Unternehmenskunden zu machen.

Dort jedoch müsse der Antiviren-Anbieter als umfassender Dienstleister und nicht als Softwareverkäufer auftreten, weil diese Klientel in den Tools eine Versicherung etwa gegen Ausfälle des E-Mail-Systems sieht. Damit durch derartige Vorfälle die Geschäftstätigkeit nicht empfindlich beeinträchtigt wird, verlangen Unternehmen hohe Sicherheitsgarantien und einen aufwendigen Service rund um die Uhr.

Großkunden investieren zwischen 15 und 25 Prozent der Installationssumme für Antiviren-Software in die jährliche Pflegegebühr. Bei der großen Anzahl an PCs, die dort installiert sind, entsteht hier eine breite und regelmäßig strömende Einnahmequelle.

Um an diese lukrative Klientel heranzukommen, bauen sowohl Symantec als auch Network Associates ihre Produktpalette in Richtung Desktop-Management aus. Die Wege, die sie dabei einschlagen, sind jedoch durchaus verschieden.

Aus der Sicht des Tool-Spezialisten Symantec stellen die Desktop-Systeme, die dort installierten E-Mail- und Betriebssysteme sowie die neben- und miteinander arbeitenden Anwendungen die Achillesferse der Unternehmens-DV dar. Hier seien die Ausfälle und der Virenbefall am häufigsten. Auf diese Grundhaltung stützt sich das Konzept von Symantec, die Antiviren-Software zu benutzen, um sich Zugang zur Unternehmens-DV zu verschaffen und dort dann die gesamte Tool-Palette zu verkaufen. Um den angepeilten Kunden dieses Ziel schmackhaft zu machen, ist die Anbindung der Tools, insbesondere der Antiviren-Software an große Netze und firmenweites System-Management geplant.

Die hauseigenen Desktop- Tools für Platten- oder Hauptspeicher-Management und die dort generierten Fehlermeldungen sollen unternehmensweit analysiert werden und in automatische Vorsorge und Problembehebungstechniken münden. Selbst Regeln für die Lösung von Schwierigkeiten zwischen Anwendungen ließen sich bei einer sinnvollen Auswertung ableiten.

Bei der Umsetzung dieser Absicht spielt ein Abkommen mit der IBM eine Schlüsselrolle, in dessen Rahmen Symantec für 16 Millionen Dollar ein sogenanntes digitales Immunsystem erworben hat, mit dem sich problematischer Code lokalisieren, verpacken, an ein Labor verschicken, analysieren und bei Virenbefall automatisch ein Gegenmittel erstellen und zu den Clients distribuieren läßt.

Wichtiger als die erworbene Technik ist jedoch, daß Symantec durch den Rückzug der IBM aus dem Antiviren-Geschäft deren rund 10000 Unternehmenskunden aus diesem Bereich in den Schoß gefallen sind.

Das eigentliche Geschäft steckt aus Symantec-Sicht aber in der Integration der Tools zu einem Desktop-Management-System, das dank der von IBM gekauften Technik netzweit benutzbar sein soll. Diedrich wehrt sich gegen die Vermutung, sein Unternehmen wolle den bereits einmal gescheiterten Versuch wiederholen, ins Netz-Management-Geschäft einzusteigen.

Koexistenz mit System-Management?

Anders als der Konkurrent Network Associates sei man nach leidvollen Erfahrungen zu der Erkenntnis gekommen, daß es hier neben Marktgrößen wie Hewlett-Packard (HP), Tivoli und Computer Associates (CA) keinen Spielraum für weitere Mitbewerber gebe. Vielmehr gehe es darum, die eigenen Tools in die Management-Umgebungen dieser Hersteller einzubinden. Die IBM habe im Antiviren-Bereich mit ihrer Konzern-Tochter Tivoli bereits Anfänge gemacht, die man fortführen wolle.

Es gilt jedoch die Frage der Fachleute, ob es nicht zu aufwendig ist, sämtliche PCs eines Unternehmens durch eine flächendeckende Installation von Desktop-Agenten in das System-Management einzubeziehen. Diese müßten ständig über alle Veränderungen am Desktop informiert sein.

Weit mehr als bei Symantec ist die Strategie bei Network Associates vom Internet geprägt. Die Gefahr, so das Konzept, droht weniger von "Speicherschutzverletzungen" im Betriebssystem, als von außen. Dabei ist die Unternehmens-DV nicht nur von Viren bedroht, sondern auch von Hacker-Angriffen oder Industriespionen, die vertrauliche E-Mail-Konversationen abhören. Diesen Gefahren, so Firmenchef Bill Larson, begegnet man am besten nicht erst am Desktop, sondern sofort beim Eindringen in das Unternehmen, am Server.

Als Plattform setzt das Unternehmen weitgehend auf Windows NT in der Hoffnung, das Betriebssystem werde seinen Siegeszug auf dem Server fortsetzen. Da insbesondere die Mail- und Internet-Server derzeit jedoch überwiegend unter dem Unix-Betriebssystem laufen, bietet Network Associates auch dafür Lösungen an. Das Fehlen von Server-Lösungen sieht Larson als eines der größten Hemmnisse für Symantec beim Versuch, sich in der Unternehmens-DV zu etablieren. Das eigene Geschäftsmodell ziele dagegen darauf, alle Tool-Anwender vom PC auf Server-Ebene zu heben.

Konkret zielt Network Associates auf die Schaffung eines möglichst umfassenden Sicherheitspakets auf Server-Ebene. Dazu gehören Antiviren-Software, Firewalls, Verschlüsselungstechniken und eine Helpdesk-Lösung, um die einzelnen Tool-Komponenten miteinander zu verbinden und Automatismen zur Problembehebung zu erstellen.

Mit Firmenübernahmen kommt das Know-how

Die notwendigen Komponenten sowie das Know-how für die geplante Sicherheits-Suite holt sich das Unternehmen durch gezielte Firmenaufkäufe - sieben waren es seit Dezember 1997. Insbesondere der hohe Preis von 640 Millionen Dollar für den Virenspezialisten Dr. Solomon hat den Konkurrenten Symantec dazu verleitet, von Panikkäufen zu sprechen. Das Unternehmen übernehme sich bei dem wahrscheinlich vergeblichen Versuch, all das Know-how einzukaufen, das es braucht, um in dem bereits besetzten Markt für Netz- und System-Management einzudringen.

Insbesondere die Helpdesk-Lösung, deren Datenbank bei der Fehlerbehebung hilft, aber auch bei der Software-Verteilung und beim Asset-Management, bringt Network Associates in direkte Konkurrenz mit den Anbietern von System-Management-Lösungen wie CA, Tivoli und bei der Software-Verteilung auch mit Microsoft. Die Gates-Company betrachtet Larson als gefährlichen Partner: "Wir leben als kleiner Fisch immer auch von dem, was der große Hai übrigläßt. Wir müssen nur darauf achten, ihm nicht vors Maul zu kommen."

Vor Computer Associates, immerhin Marktführer im Geschäft für System-Management, zeigt der CEO weit weniger Respekt. Sein Unternehmen könne alles bieten, was dem aus der Großrechnerwelt kommenden System-Management-Spezialisten fehle. Dagegen führt CA dieselben Argumente auf wie gegen Symantec und verweist auf das neue Paket von in Unicenter integrierbaren Desktop-Management-Tools. Zweifel am Erfolg bei den Unternehmenskunden läßt Larson erst gar nicht aufkommen. Anders als Symantec stünden längst die Top-1000 unter den Unternehmen auf der Kundenliste. Dieser Kreis erweitere sich mit jeder Übernahme. Außerdem gebe es ganz einfach noch kaum umfassende Sicherheitslösungen auf Server-Ebene.