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VMware spielt Zukunftsmusik

14.09.2007
Von Dennis Zimmer
Mit seiner Keynote-Rede am dritten Tag der VMworld hat VMware-Mitbegründer und Chief Scientist Mendel Rosenblum einen Ausblick auf die Entwicklungstrends des Virtualisierungsspezialisten gegeben.

Von Dennis Zimmer*

Nicht lange hielt sich Rosenblum mit seinem Überblick über die Zusammenarbeit mit Prozessorherstellern in Sachen Virtualisierung und erweiterte Funktionen zur Live Migration auf. Zügig kam er zur ersten Überraschung: "Storage VMotion". Mit dieser Technik ist nicht nur die Migration aktiver virtueller Maschinen zwischen den Host-Systemen möglich, sondern darüber hinaus auch ein Wechsel des Speichermediums. Diese Neuerung war ansatzweise schon als "DMotion" seit dem Upgrade von ESX 2 auf ESX 3 geboten. Sie versetzt Administratoren in die Lage, Planungsfehler nachträglich ohne Ausfall zu beheben und flexibel auf Änderungen der Performance- oder Kapazitätsanforderungen zu reagieren.

Außerdem zeigte Rosenblum die Möglichkeit des direkten Downloads virtueller Appliances vom VMTN Marketplace aus den VMware-Management-Systemen. Was sich zuerst noch etwas simpel anhört, wird durch das Streaming hochinteressant. Die virtuellen Appliances können direkt gestartet werden, obwohl die virtuelle Maschine noch nicht komplett heruntergeladen ist: Sie wird wie ein Video gestreamt. Das wird unter anderem für die Nutzung der Virtual Desktop Infrastructure (VDI) wichtig sein. Es ist ein Zeichen an Citrix, dass VMware den Bereich Desktop-Virtualisierung aggressiv angeht. Denn Streaming-Technik ist auch beim Spezialisten für Server-based Computing recht neu.

Wer nun meint, VMware habe damit alle hervorhebenswerten Neuerungen auf den Tisch gelegt, hat weit gefehlt. Mendel führte ein neues Konzept des Continous High Availability vor, eine Erweiterung von Continuous Data Protection (CDP): Eine virtuelle Maschine mit laufendem Microsoft Exchange wurde dabei auf ein weiteres Hostsystem repliziert – in Echtzeit. Jede einzelne Aktivität, sogar Mausbewegungen und Tastatureingaben, werden auf die zweite virtuelle Maschine repliziert. In der Demo waren keine nennenswerten Performance-Verluste zu erkennen. Das könnte ein Meilenstein in der ausfallsicheren Nutzung virtueller Infrastrukturen werden.

Aufgeschlossene Anwender

In Unterhaltungen mit Anwendern habe ich hauptsächlich sehr positive und interessierte Meinungen erlebt. Jeder ist gespannt, was die Zukunft bringt, und manche Neuerung wird optimistisch schon in wenigen Jahren erwartet. Besonders reizvoll scheint die Vision zu sein, virtualisierte Hardware könne es auch in PCs und Notebooks geben. Verbunden ist damit die Hoffnung, auch bei diesen Maschinen ein installiertes System ohne Abstürze und Treiberanpassungen auf andere Modelle übertragen zu können.

Außerdem sind viele Kunden überrascht, auf der VMworld Stände der Konkurrenz zu sehen. Neben der Präsenz im Bereich "Solutions Exchange" nutzen sie die VMworld als Gelegenheit zum Launch neuer Produktversionen. Anwesend sind beispielsweise Virtual Iron mit "Virtual Iron 4", Citrix/XenSource mit "XenSource 4" und SWsoft mit "Virtuozzo 4". Man darf gespannt sein, ob VMware der Konkurrenz diese Möglichkeit auch in den nächsten Jahren noch bieten wird.

Besonders von Betreibern sehr großer VMware-Umgebung ist allerdings auch etwas Unmut zu spüren. Sie sind nicht zufrieden, dass es "nur" Announcements neuer Funktionen und Produkte gibt. Einhellige Meinung dieser Anwender ist, VMware solle sich auch mehr um die Stabilität der vorhandenen Produkte bemühen.

VMworld-Fazit

Die VMworld ist zweifellos beeindruckend. Die zahlreichen technischen Neuerungen, die hohe Zahl der Besucher und die Menge der ausstellenden Partnerfirmen sprechen für sich. Diese Faktoren belegen auch, dass Virtualisierung auf dem Weg vom Trend zum Standard ist. Alle namhaften Unternehmen bieten mittlerweile Produkte rund um die Virtualisierung, deren Verwaltung und Überwachung an. Weiterhin werden, das gestern berichtete Beispiel Novells zeigt es, Betriebssysteme so angepasst, dass sie als Gastsystem in virtuellen Umgebungen besser arbeiten.

Bemerkenswert ist, welche positiven Auswirkungen die Virtualisierung im Bereich Massenspeicher hat und welche neuen Möglichkeiten entstehen. Fast jeder Massenspeicherhersteller ist als Partner im Bereich Solutions Exchange mit einem eigenen Stand vertreten, um spezielle Lösungen für die Virtualisierung anzubieten. Ein Trend zur Storage-Virtualisierung und zur Replikation ist deutlich erkennbar, um Rechenzentrums-übergreifende Lösungen zu schaffen – alles im Namen von Business Continuity.

Die Teilnehmerzahlen sprengen den seit vier Jahren gewohnten Rahmen. In diesem Jahr erschienen fast 11.000 Besucher, gleich ein Drittel mehr als 2006. Daher wird ab nächstem Jahr neben der VMworld in den USA zusätzlich eine eigene VMworld Europe stattfinden. Als der Termin ist der 26. bis 28. Februar, als Ort das französische Cannes bereits festgelegt. Damit werden die zwei Kontinente mit den höchsten Interessentenzahlen eigene Virtualisierungsmessen erhalten.

*Dennis Zimmer, VMware-Consultant bei Pillar Data Systems in München und Betreiber der Website www.vmachine.de, berichtet exklusiv für die COMPUTERWOCHE von der VMworld 2007 in San Francisco.

Eine Zusammenfassung der auf und im Umfeld der VMworld vorgestellten Neuheiten von VMware und den Wettbewerbern sowie eine Einschätzung ihrer Folgen für die Situation auf dem Virtualisierungsmarkt lesen Sie in der COMPUTERWOCHE, Ausgabe 38/2007, ab dem 21. September.