Vom Entwurf bis zum Vertrieb

Produktdaten sind aktive Posten

12.06.2003
Von von Stefan

Ähnliche Einschränkungen trifft Allemann für die von der ERP-Seite kommenden PLM-Funktionen. Diese seien meist auf den Produktionsbereich fokussiert, der seinerseits nur einen gewissen Ausschnitt aus dem gesamten Produktlebenszyklus darstellt. Ein Problem hier sei zum Beispiel, dass sehr viele Produktversionen, die noch in der Entwicklung stehen, erst gar nicht für die Produktion freigegeben werden.Um diese Informationen dennoch verwalten zu können, brauche man ein neutrales PLM-System, das den gesamten Produktlebenszyklus von der ersten Produktidee bis hin zur Verschrottung abdeckt.Ähnlich wie CAD-nahes PLM erlaube es eine neutrale Lösung, mit relativ ungenauen Angaben eine konzeptionelle Produktstruktur zu pflegen und beispielsweise die konkreten Nummern beziehungsweise Namen zu einem späteren Zeitpunkt einzusetzen. Auch für IBM, selbst Anbieter von CAx und darauf angepasster PLM-Software, leidet ERP-nahes PLM unter der Schwäche, mit Historieninformationen nicht ausreichend umgehen zu können. Dazu gehören Angaben über die Logik, die sich hinter einer Baugruppe und Produktstruktur verbirgt, oder darüber, wie und aus welchen Gründen ein Produkt während seiner Entwicklung bis hin zur Freigabe der Serienfertigung verändert wurde.

Konkurrierende Ansätze

Für IBMs PLM-Spezialisten Thomas Wedel sind die aus dem ERP Umfeld kommenden PLM-Systeme dann die richtige Lösung, wenn der Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens nicht aus der Produktentwicklung, sondern aus der Produktion selbst kommt. Dazu zählen Firmen, deren Geschäft überwiegend aus der Serienfertigung von eher simplen Produkten besteht. Wer dagegen mit Einzelund Kleinserien zu tun hat, wie es im Anlagen- und klassischen Maschinenbau der Fall ist, der ist mit einer CAD-getriebenen Lösung besser bedient. Allerdings wirbt auch IBM wie Eigner in eigener Sache und spricht den neutralen PLM-Systemen das tiefe Verständnis für Produktstrukturen ab.

Völlig entgegengesetzt argumentiert die SAP, deren Mysap- Familie auch eine PLM-Lösung umfasst. Vor allem den Vorwurf, ein PLM-Anbieter mit ERP-Historie könne mit Daten aus der Entwurfsphase nicht umgehen, mag SAP-Spezialist Dirk Bössmann nicht gelten lassen. Schon die Be-zeichnung Lifecycle impliziere, dass auch der kreative Part der Ideenfindung von PLM abgedeckt sein müsse. Das System unterstütze Anwender bei der Aufgabe, im Laufe des Prozessfortschritts von den anfänglichen Freiheiten zu einem definierten Ergebnis zu gelangen. Dies setze natürlich eine direkte CAD-Integration voraus. Hinzu komme, dass die Konstruktion zwar ein wichtiger, aber nicht der einzige Bereich ist, der in der Produktentwicklung eine Rolle spielt. Auch Fertigung, Qualitäts- Management, Marketing und Service müssten ihren Einfluss im Rahmen eines kollaborativen Netzwerks geltendmachen.

Was Bössmann meint, lässt sich am genannten Anwenderbeispiel Hermle verdeutlichen. Dort gilt es, vor der Entwicklung eines neuen Produkts noch während der Entwurfsphase eine Reihe von Fragen zu klären. So etwa, ob der Markt eine Serienproduktion zulässt oder ob es bereits ähnliche Verfahren beziehungsweise Patentrechte gibt. Lösungsvorschläge erörtern die marktorientierten und technischen Abteilungen gemeinsam. Man hat eine Make-or-Buy-Entscheidung zu treffen, und es wird über Produktdimensionen und logistische Aspekte gesprochen. Aus diesen Informationen entsteht ein Pflichtenheft für die Konstruktion. Erst dann folgt der Übergang vom virtuellen Entwurf zur parametrischen Konstruktion.

Fokus auf CAD

Eine pragmatischere Sicht auf die PLM-Herangehensweise hat Joachim Stertz, der den Bereich Stuttgart des Competence Centers „Lifecycle Solutions“ von CSC Ploenzke leitet: „Bei mittelständischen Fertigern in der Größe von bis zu 250 Millionen Euro Umsatz ist SAP ohnehin nicht so häufig anzutreffen. Da andere ERP-Systeme mit Ausnahme von Baan jedoch über keine PLM-Komponente verfügen, erübrigt sich für viele Betriebe die ERP-seitige Option.“ Für die reine Zeichnungs und Modellverwaltung würden dort oft die dem CAD-Produkt angegliederten „Team-Data-Management“- Systeme genutzt. Bei einer bereichs- und betriebsübergreifenden Arbeitsweise empfehle sich allerdings der Einsatz einer PLM-Lösung.Hier kämen je nach Anforderung die Produkte der CAD-Hersteller oder die neutralen Angebote in Frage.

Prozesse definieren