Pierer wendet Klage ab

Ex-Siemens-Manager zahlen Millionen

02.12.2009
Der frühere Siemens-Chef Heinrich von Pierer hat mit seinem Einlenken im Schadenersatz-Streit die drohende Klage des Elektrokonzerns abgewendet.
Heinrich von Pierer auf der Siemens-Hauptversammlung 2007
Heinrich von Pierer auf der Siemens-Hauptversammlung 2007
Foto: Siemen

Der Siemens-Aufsichtsrat billigte die am Vorabend bekanntgewordene Einigung mit Pierer und fünf weiteren früheren Top-Managern am Mittwoch bei seiner Sitzung in München. Dazu gehören auch Pierers damaliger Nachfolger Klaus Kleinfeld sowie die Ex-Vorstände Johannes Feldmayer, Jürgen Radomski und Uriel Sharef sowie der frühere Aufsichtsratschef Karl Hermann Baumann, wie die Siemens AG mitteilte. Inklusive der Zahlungen von drei weiteren früheren Managern, die bereits vor Monaten einlenkten, fließen damit fast 20 Millionen Euro an das Unternehmen.

Den Vereinbarungen müssen jetzt allerdings noch die Aktionäre auf der nächsten Hauptversammlung im Januar 2010 zustimmen. Mit den Ex-Vorständen Thomas Ganswindt und Heinz-Joachim Neubürger wird sich das Unternehmen dagegen voraussichtlich vor Gericht auseinandersetzen. Ihnen stehen noch vor dem Aktionärstreffen Schadenersatzklagen ins Haus. Gegen beide Ex-Manager laufen strafrechtliche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München, mit ihnen habe man sich nicht einigen können, erklärte Siemens.

Siemens hatte den früheren Managern vorgeworfen, bei den Geschäften des Unternehmens nicht genau genug hingeschaut und so das System aus schwarzen Kassen und fingierten Beraterverträgen begünstigt zu haben. Darüber sollen über Jahre hinweg rund 1,3 Milliarden Euro in dunklen Kanälen verschwunden und als Schmiergeld zur Erlangung von Aufträgen im Ausland eingesetzt worden sein. Pierer wies dies auch am Mittwoch nochmals zurück. "Das Eingehen auf den von Siemens gemachten Vorschlag bedeutet (...) nicht, dass Herr Dr. von Pierer die erhobenen Vorwürfe anerkennt", erklärten seine Anwälte. Dies werde in der Vereinbarung mit Siemens auch ausdrücklich so festgehalten.

Finanzielle Details der Einigung wurden nicht genannt. Dem Vernehmen nach soll Pierer fünf statt der ursprünglich von Siemens geforderten sechs Millionen Euro zahlen. Der zweithöchste Betrag entfällt mit vier Millionen Euro auf Sharef, danach folgen Radomski und Feldmayer mit jeweils drei Millionen, Kleinfeld mit zwei Millionen und Baumann mit einer Million Euro. Bereits Ende August hatten sich die Ex-Vorstände Klaus Wucherer, Rudi Lamprecht und Edward Krubasik zur Zahlung von jeweils 500.000 Euro bereiterklärt.

Erst am Vorabend war bekanntgeworden, dass Pierer in dem seit fast eineinhalb Jahren währenden Schadenersatz-Streit überraschend doch noch eingelenkt hat. Der Ex-Manager hatte mit dem Rücktritt vom Siemens-Aufsichtsratsvorsitz im April 2007 die Konsequenzen aus dem Korruptionsskandal gezogen. Eine persönliche Verwicklung in die dubiosen Zahlungen bestritt er stets und räumte lediglich eine "politische Verantwortung" für die Affäre ein.

Gegen Pierer und die andere Mitglieder der früheren Siemens-Führung ermittelt auch die Staatsanwaltschaft München wegen einer Verletzung der Aufsichtspflicht in einem sogenannten Ordnungswidrigkeiten-Verfahren. Anders als bei Wucherer, Lamprecht und Krubasik, deren Verfahren parallel zur Einigung Ende August bereits eingestellt wurden, bleiben die Ermittlungen gegen die anderen betroffenen Ex-Manager vorerst bestehen, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München der Deutschen Presse-Agentur dpa sagte.

Parallel zu der Aufsichtsratssitzung protestierten am Mittwoch hunderte Siemens-Beschäftigte gegen den Stellenabbau bei dem Elektrokonzern. Die Beschäftigten aus München, Erlangen, Berlin und anderen Siemens-Standorten warfen Siemens vor, systematisch Stellen abzubauen und dies unter dem Schlagwort "Portfoliopolitik" zu verschleiern. An der Demonstration nahe der Siemens-Konzernzentrale in der Münchner Innenstadt beteiligten sich unter anderem Beschäftigte der Siemens-Sparte Electronic Device Manufacturing (EDM), von Siemens IT Solutions and Services sowie des Gemeinschaftsunternehmens Nokia Siemens Networks, das besonders stark von einem Stellenabbau betroffen ist. (dpa/tc)