Telecom-Markt/Kommentar

Zwiespältige Bilanz

05.04.2002
Gerhard Holzwart Redakteur CW

Den deutschen TK-Markt ob des Niedergangs der vergangenen zwei Jahre in Bausch und Bogen zu verteufeln ist ebenso wenig legitim, wie in Jubel auszubrechen. Sowohl für die einstige Goldgräberstimmung als auch für den Einbruch lassen sich Erklärungen finden. Deshalb ist es geradezu müßig, sich einen der beteiligten "Akteure" besonders vorzunehmen. Wer würde es der Deutschen Telekom beispielsweise verdenken, dass sie "gelegentlich" darauf verweist, dass ihre exorbitante Verschuldung auch daher rührt, dass sie Milliarden in ihre Netzinfrastruktur investiert hat, in der es sich der Wettbewerb nun mit "Hängematten-Mentalität" bequem machen möchte? Ungekehrt ist natürlich der Hinweis genauso angebracht, dass ISDN und Glasfaser zum Großteil aus Monopolgewinnen finanziert wurden. Und was soll man einem Regulierer ins Stammbuch schreiben, der mit Hunderten gewonnener Gerichtsverfahren gegen den Marktführer und Ex-Monopolisten sowie dem durchaus respektablen Vergleich der hiesigen Wettbewerbslandschaft mit ausländischen TK-Märkten zumindest die Statistik auf seiner Seite hat?

Erbsenzählerei, auf das ein solches Pro- und Kontra-Argumentieren hinauslaufen würde, bringt den Standort Deutschland jedenfalls nicht weiter. Auch juristische Spitzfindigkeiten im Zusammenhang mit der anstehenden Novellierung des TKG nicht. Der Wettbewerb funktioniert in einzelnen Segmenten, in vielen Bereichen aber nicht. So einfach und schwierig zugleich ist die Lage. Deshalb nur zwei möglicherweise unorthodoxe Vorschläge: Wie wäre es mit einer schnellen (Rest-)Privatisierung der Telekom, um dadurch dem Verdacht der Verquickung von staatlicher Regulierung und Interessen des Mehrheitseigners Bund zu begegnen? Und wie wäre es mit Wettbewerbern, die endlich auch die gleiche Energie auf die Kreierung pfiffiger Dienste inklusive Investitionen verwenden, wie sie sie (für das derzeit durchaus berechtigte) Lobbying in eigener Sache aufbringen?