Zweierlei Muß

02.08.1985

Amerikanische DV-Manager reden gern enthusiastisch über die Zukunft im allgemeinen und die ihrer eigenen Produkte im besonderen. Bobby Inmans Rede zur Eröffnung der National Computer Conference in Chicago fiel aus dem Rahmen (CW Nr. 30 vom 26. Juli ; Seite 3: " NCC '85 spiegelt Slowdown der Branche wider " ). Seine Auseinandersetzung mit der Zukunft beeindruckte durch Sachlichkeit und gab Anlaß, über ein altes Problem nachzudenken.

Ein kritisches Thema weltweit, vor allem aber auch in der Bundesrepublik, ist das der technischen Weiterentwicklung und deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Kein Zweifel, Automatisierung kostet Arbeitsplätze. Aber High-Tech schafft auch Arbeitsplätze, nach neuen Untersuchungen möglicherweise mehr, als verlorengehen.

Daß dennoch nicht alles im Lot ist, liegt an einer zwar trivialen, aber offensichtlich nur schwer zu begreifenden Tatsache: Diejenigen, die Arbeit verlieren, können nicht die neu entstandenen Arbeitsplätze einnehmen - ein Qualifikationsproblem, das sich durch Ausbildung lösen ließe.

Bei einem zu entwickelnden Ausbildungskonzept müssen viele Institutionen mit- und zusammenarbeiten: Die Regierung, weil sie das Problem der Arbeitslosigkeit lösen will; die Wirtschaft, weil sie qualifizierte Kräfte benötigt die Hochschule, weil sie ihre Absolventen auf dem Arbeitsmarkt unterbringen möchte. Dabei müssen insbesondere Universität und Wirtschaft von ihren Ansprüchen Abstriche machen. Die Universitäten sollten einsehen daß sie bei dem derzeitigen Ausbildungskonzept lebensuntüchtige, weil praxisfremd ausgebildete Absolventen in die Arbeitswelt schicken. Die Wirtschaft kann anderseits nicht ausschließlich auf ihre Belange zugeschnittene Ausbildungskonzepte erwarten. Von der Regierung endlich darf man eine größere Flexibilität in der Ausbildungsfrage erwarten. Sie muß wegkommen von der Vorstellung, alles regeln zu wollen.