Anwender stecken den Kopf in den Sand

Zwei von drei Unternehmen in USA hatten Probleme mit Computerviren

10.01.1992

SAN JOSE (IDG) - Computerviren werden zunehmend zu einer ernsthaften Bedrohung für das Wirtschaftsleben.

Das ergab eine Studie, die von der Marktforschungsfirma Dataquest und der amerikanischen Industrievereinigung National Computer Security Association (NCSA) in den USA und in Kanada durchgeführt wurde. Untersucht wurden mehrere hundert Unternehmen und Behörden, die zusammen mehr als 600 000 Personal Computer im Einsatz haben.

Die Ergebnisse waren alarmierend: Annähernd zwei Drittel (63 Prozent) der Organisationen hatten 1991 eine Vireninfektion erlebt, an jedem elften Standort (neun Prozent) hatte sich eine "Virenkatastrophe" (mindestens 25 infizierte PCs) ereignet.

62 Prozent der Betroffenen meldeten deutliche Produktivitätseinbußen, 41 Prozent berichteten von Bildschirmstörungen und "Systemhängern", bei 38 Prozent wurden Dateien zerstört. Angesichts der zunehmenden Vernetzung und des immer intensiveren Informationsaustauschs rechnet Andrew Seybold, der Chef von Dataquests DV-Abteilung, für die nächste Zukunft mit einem starken Anstieg der Schadensfälle. Bereits jetzt verdopple sich die Zahl der Infektionen alle 5,2 Monate.

Mindestens 50 Prozent davon gehen laut Seybold auf das Konto von zwei Viren: In 48 Prozent aller gemeldeten Fälle wurde der Stoned-Virus entdeckt, in 37 Prozent war der Jerusalem-Virus beteiligt.

Doch während die Zahl der Programmparasiten steigt - allein im MS-DOS-Bereich wurden bislang über 1000 entdeckt - und zugleich immer raffiniertere und bösartigere Varianten auftauchen, steckt die Mehrzahl der Gefährdeten noch immer den Kopf in den Sand: Gerade 15 Prozent der von Dataquest und NCSA untersuchten PCs werden mit Anti-Viren-Software geschützt.

"Die meisten", so Seybold, "gehen davon aus, daß ihnen schon nichts passieren wird. Aber nachdem es in der letzten Zeit einige von den großen Unternehmen erwischt hat, scheint man in den Firmen langsam aufzuwachen. Ich glaube, sie begreifen jetzt, daß sie mit diesem Problem leben müssen und daß es sich möglicherweise schon bald erheblich verschärfen könnte."