Ratschläge für die erfolgreiche IT-Beschaffung

Zwanzig praktische Tips zum Umgang mit Anbietern

08.11.1996

Eric Duhon ist ein gebranntes Kind. Der Vice-President für Technologie bei Comsumer Credit Associates in Houston brauchte viele Monate, um zu merken, daß der Anbieter, den er für ein Millionen-Dollar-Projekt angeheuert hatte, nicht in die Gänge kommen würde. "Wir haben es versäumt, die Referenzen der Teammitglieder und den Background des Managers zu überprüfen", bekennt Duhon heute. Den nächsten Systemintegrator sah er sich gründlicher an. Und siehe da: Der neue Anbieter vollendete 95 Prozent der Projektarbeit mit einem Zehntel des veranschlagten Budgets und noch dazu einen Monat vor dem vereinbarten Abschlußtermin.

Laut Auer sind die Kunden ziemlich leicht zu beeindrucken, vor allem wenn es ihnen an Erfahrung und Selbstvertrauen mangelt. Aus diesem Grund säßen die Verhandlungsteams der Anbieter meist am längeren Hebel.

In Zusammenarbeit mit Auer und Brickman hat die CW-Schwesterpublikation "Computerworld" eine aus 20 Punkten bestehende Checkliste erarbeitet, mit deren Hilfe sich die Unternehmen einige Enttäuschung ersparen können. Die Ratschläge lassen sich in vier Kategorien einteilen: kritischer Blick auf die Spezifikationen, Durchleuchten aller beteiligten Personen, zielgerichtete Vertragsverhandlungen sowie Erkennen und Vermeiden von Problemen.

1. Fragen Sie die Referenzkunden des Anbieters, ob sie das Produkt nach dem Kauf überhaupt eingesetzt haben. Daß ein Anwender mit großem Namen das Produkt gekauft hat, heißt noch nicht, daß er damit zufrieden ist und das Produkt tut, was es soll.

2. War der Referenzkunde möglicherweise ein Betatester? Wenn ja, dann hatte er eventuell mehr Probleme als üblich.

3. Lassen Sie sich alles schriftlich geben. Fragen Sie den Anbieter, ob er seine mündlichen Versprechen - bezüglich Performance, Verfügbarkeit oder Support - in die Verträge einschließt. Falls er verneint: Warum nicht?

4. Testen Sie Hardware und Software in genau der Umgebung, in der das System laufen wird. Standard-Benchmarks, wie sie das Transaction Processing Performance Council definiert, eignen sich für grobe Durchsatzvergleiche. Aber sie sagen nichts darüber aus, wie schnell oder verläßlich das System in Ihrem Unternehmen arbeiten wird.

5. Verspricht der Anbieter lokalen Support, so überprüfen Sie die Referenzen des örtlichen Subunternehmers beziehungsweise der Third-Party-Firma. Der lokale Support ist nur so gut wie das vor Ort verfügbare Personal.

6. Finden Sie heraus, über welche Mitarbeiter Ihr Serviceanbieter Ihnen nichts erzählt und warum. Fragen Sie nach Referenzkunden für alle Mitarbeiter, nicht nur für die, die der Anbieter Ihnen vorstellt. Welche Teammitglieder haben ihre Aufgabe nicht gelöst und warum nicht?

7. Fragen Sie auch nach den Kenntnissen und Erfolgen des Managers, den der Anbieter mit Ihrem Projekt betrauen will. Konnte er die Teams zusammenhalten, oder erben Sie womöglich ein Management-Problem?

8. Fragen Sie die Referenzkunden, ob sie irgendwelche Mitarbeiter des Anbieters einstellen würden. Das ist der ultimative Maßstab für die Wertschätzung.

9. Entwerfen Sie Ihren eigenen Standardkontrakt. Das hilft Ihnen, die Initiative bei den Verhandlungen zu übernehmen.

10. Schließen Sie den Vertrag in Ihre Ausschreibung ein und bitten Sie die Anbieter, ihn zu kommentieren. Das verrät Ihnen, was die Anbieter bereit sind zu tun und wie flexi-bel sie unter Druck reagieren.

11. Sie sollten wissen, was Sie brauchen und wieviel Sie dafür zahlen wollen. Seien Sie bereit, ein schlechtes Geschäft einfach auszuschlagen. Dieser klassische Ratschlag wird viel zu oft ignoriert.

12. Legen Sie die Spezifikationen fest, bevor - nicht nachdem! - Sie sich ein Produkt installieren lassen. Wenn Sie erst einmal damit angefangen haben, auf ein Produkt zu bauen, werden Sie weniger wahrscheinlich eine harte Linie bezüglich des Preises oder anderer Bedingungen verfolgen können.

13. Nehmen Sie die kontroversen Themen zuerst in Angriff. Andernfalls kann Sie der Anbieter mit Trivialem hinhalten, bis Sie schließlich unter Zeitdruck geraten und seine Bedingungen für die wirklich wichtigen Punkte akzeptieren müssen.

14. Halten Sie eine Anbieterkonferenz ab. Das heißt: Bringen Sie Konkurrenten zusammen. Auf diese Weise brauchen Sie deren Fragen nur einmal zu beantworten. Und die potentiellen Partner werden sich des Mitbewerbs bewußt. Übrigens: Je kleiner der Raum, desto größer erscheint die Zahl der Bieter.

15. Bilden Sie ein Verhandlungsteam, das sich aus technischen, juristischen und finanziellen Experten zusammensetzt, die jeweils mit Ihren Anforderungen vertraut sind. Das hilft Ihnen, einen guten Vertrag abzuschließen, weil Sie dazu bereit sind - nicht weil der Anbieter Sie mit Preisnachlässen oder Zeitdruck zum Handeln zwingt.

16. Wenn Sie eine Anbieterliste zusammengestellt haben, dann lassen Sie jeden wissen, daß er "in der engeren Wahl sei" und daß Sie gegebenenfalls unverzüglich einen Vertrag unterzeichnen können. Das treibt die Anbieter dazu, ihre besten Angebote alle gleichzeitig auf den Tisch zu legen.

17. Gehen Sie sorgfältig mit Belohnung und (Geld-) Strafen um. Einige Kunden fürchten, daß die Androhung von Strafen zu gegenseitigen Beschuldigungen und nicht etwa zur Problemlösung führt. Andere hingegen sind überzeugt, daß sich damit Probleme vermeiden lassen, die sonst vor Gericht ausgetragen würden. Wie auch immer - sowohl Strafe als auch Belohnung sind am wirkungsvollsten, wenn sie mit meßbaren Resultaten verbunden sind.

18. Falls Teammitglieder ersetzt werden müssen, sollten Sie den Anbieter dazu bringen, daß er die Kosten übernimmt. Verlangen Sie zumindest teilweisen Ersatz für die Zeit, die notwendig ist, um den Ersatzmann in Schwung zu bringen.

19. Bestehen Sie auf der schriftlichen Zusicherung, daß sich ein Geschäftsführungs-Mitglied des Anbieters zu Ihnen bemüht, um den Stand des Projekts zu erörtern. Das gibt Ihnen einen Heimvorteil. Außerdem macht die persönliche Beziehung das weitere Vorgehen einfacher.

20. Setzen Sie einen formellen Prozeß der Änderungsverfolgung in Gang. Ihre Anforderungen und auch die Technologie werden sich im Laufe des Projekte unweigerlich wandeln. Aber Sie sollten im Vertrag festlegen, wer etwas fordern kann. Es ist wichtig, daß jede Änderung genehmigt wird. Denn sonst drohen Konfusion und die schleichende Ausweitung des Projektumfangs.