Wirtschaftsfilmtage in Wien:

Zu wenig Beiträge zur Datenverarbeitung

05.09.1980

WIEN (to) - Der Zelloloidstreifen als Träger für die wirtschaftliche Informationsvermittlung wird alle zwei Jahre in einem Fachfilmfestival für die Länder Deutschland, Österreich und Schweiz auf seine Aussagekraft hin beurteilt. In den vor kurzem in Wien abgehaltenen Wirtschaftsfilmtagen wurden unter anderem Filme aus den Bereichen Elektro- und Nachrichtentechnik gekürt.

Mehr Qualität als in den vergangenen Jahren wurde augenscheinlich in den zur Ausscheidung gelangten Wirtschaftsfilmen aufgeboten. Werden üblicherweise etwa 25 Prozent der Streifen mit Medaillen ausgezeichnet, wurde in diesem Jahr aufgrund der punktemäßigen Staffelung 48 von 60 Filmen, die am Wettbewerb teilnahmen, Gold, Silber oder Bronze zuerkannt.

In der Wettbewerbsordnung ist eine bestimmte Punktgrenze festgelegt, die für die Zuerkennung einer Medaille bestimmend ist. Daß heuer eine so große Zahl der Wirtschaftsfilme von den sechs Juroren für wertvoll befunden wurde, veranlaßt die Veranstalter, die Punkteskala für die Zukunft neu zu überdenken.

Bronze bedeutet Mittelklasse

Peter Wauri, Leiter des Bereichs Filmarbeit der Henkel KGaA und Mitglied der Jury deckt die Hintergründe der Bewertung auf: "Durch das Punktesystem für die Beurteilung ist das Qualitätsspektrum besonders für die Bronzemedaille sehr groß. Ein von drei Schiedsrichtern schlecht beurteilter Film kann durch die Nennung der restlichen drei noch Bronze erlangen." Die Preiseflut betreffend beurteilt Wauri, daß die diesjährigen Filme - von wenigen Außenseitern abgesehen - im Vergleich zu den Vorjahren durchweg viel anspruchsvoller gewesen sind.

Eine Frage allerdings weiß der Filmfachmann nicht zu beantworten: Warum relativ wenige DV-Filme gemeldet werden? "Es gibt", so Wauri, "bereits eine Reihe sehr wertvoller Filme auf diesem Gebiet." IBM beispielsweise habe wirklich gute Filme drehen lassen. Der von dieser Seite 2 zur Ausscheidung gelangte Film fiel jedoch in der Bewertung als einziger der vier Wettbewerber aus dem Bereich Elektro- und Nachrichtentechnik durch.

Die Silberne errangen hier der Beitrag der BASF mit dem Titel "LVR-System" sowie derjenige der Siemens AG "EMS Wunschtelefon". Der vierte Bewerber dieser Gruppe, die GMD (Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung) errang mit einer Dokumentation über grafische Datenverarbeitung in der Gesellschaft die bronzene Auszeichnung.

Zu dem Wert einer solchen Ausscheidung äußert sich Wauri sehr objektiv: "Die Zweckmäßigkeit eines Industriefilms ist nicht unbedingt gleichzusetzen mit der positiven Beurteilung bei den Festspielen." Zwar

werde in der Regel ein gekürter Beitrag auch von seinem Publikum gut aufgenommen, Ausnahmen gäbe es jedoch vereinzelt. "Durchgefallene" Filme dagegen könnten sehr wohl ihren Zweck erfüllen.

Die steigende Qualität des Gesamtangebotes führt der Henkel-Mann auf den Druck der auftraggebenden Unternehmen zurück. "Die Industrie gibt nicht gern umsonst Geld aus." Erstaunlicherweise spielt auch im Wirtschaftsfilm die Regie-Erfahrung eine untergeordnete Rolle. "Es sind viele Newcomer unter den Filmern, die ihre erste Arbeit einreichen. Sie bringen neue, oft faszinierende Ideen. Wenn so eine Arbeit dann noch gut durchgeführt wird, dann kommt es sogar vor, daß während der Ausscheidung spontan applaudiert wird", berichtet Wauri.

Für die Festspiele kommmender Jahre wünschen sich die Veranstalter mehr Meldungen aus dem Bereich der Datenverarbeitung, denn gerade hier werde mit dem Medium Film verstärkt gearbeitet.