Verstärkung um Customer-Relationship-Management

Zitterpartie: Peoplesoft kauft Vantive

15.10.1999
MÜNCHEN (gfh) - Mit der Übernahme von Vantive will Peoplesoft sein Angebot betriebswirtschaftlicher Pakete um Software für Customer-Relationship-Management (CRM) erweitern. Obwohl Analysten diesen Schritt lange gefordert haben, hält sich ihre Begeisterung jetzt in Grenzen.

Ohne eine Lösung für das Management von Kundenbeziehungen kann sich heute kein Anbieter von betriebswirtschaftlichen Paketen mehr bei Marktanalysten und Kunden sehen lassen. Auch E-Commerce-Strategien bleiben ohne CRM-Funktionen wie Direkt-Marketing oder Post-Sales-Betreuung unvollständig. Insofern erscheint es konsequent, wenn Peoplesoft mit Vantive ein Paket erwirbt, das hier über alle nötigen Funktionen verfügt. Hilfreich ist auch, daß Vantive neben Siebel schon seit rund einem Jahr Peoplesoft-Partner ist, daher viel Integrationsarbeit geleistet hat und die Anwender sich kaum umgewöhnen müssen. Schließlich bringt Vantive noch über 850 Kunden in die Ehe mit Peoplesoft ein (siehe Interview mit dem deutschen Peoplesoft-Geschäftsführer Hans Seidel auf Seite 8).

Wenn die Übernahme dennoch in der US-Presse meist als Zitterpartie bezeichnet wird, so liegt das an der geschäftlichen Situation der Partner. Kann Peoplesoft für den Rückgang seines Lizenzgeschäfts noch den allgemeinen Trend in der ERP-Branche verantwortlich machen, so gilt gleiches nicht für Vantive. Dessen Konkurrent Siebel beweist mit stetigen Wachstumszahlen, daß selbst der Jahrtausendwechsel das Geschäft mit Software zum Management von Kundenbeziehungen nicht bremsen muß. Vantive dagegen hat die Geschäftsjahre 1997 und 1998 mit Verlust abgeschlossen und konnte den Abwärtstrend auch in den ersten drei Quartalen dieses Jahres nicht bremsen.

Konkret meldete Vantive Ende Juni einen Halbjahresverlust von 3,53 Millionen Dollar und erwartet jetzt im dritten Quartal rote Zahlen in Höhe von 1,5 Millionen Dollar vor Steuern. Die Wallstreet-Analysten hatten dagegen ein ausgeglichenes Quartal prognostiziert.

"Es wäre nur logisch, wenn die Vantive-Übernahme zu einer Auflösung der Partnerschaft mit Siebel führt", macht Peoplesoft-Geschäftsführer Hans Seidel auf ein mögliches Problem aufmerksam. Bislang hatte das Unternehmen das Geschäftsfeld Customer- Relationship-Management als Partnergeschäft aufgefaßt, nun bindet es sich an den bisher glücklosen Partner Vantive und verliert dabei den erfolgreichen Branchenprimus Siebel. Allerdings könne Siebel kein Interesse daran haben, die in der Peoplesoft-Partnerschaft gewonnenen CRM-Kunden nicht mehr zu unterstützen, beruhigt Peoplesoft-Manager Seidel die Anwender.

Die Übernahme soll einen Gesamtwert von 433 Millionen Dollar haben und wie üblich per Aktientausch erfolgen. Vantive soll in Peoplesoft integriert werden. Über die daraus resultierenden personellen und organisatorischen Konsequenzen ist noch nichts bekannt.