Zehnter Jahrestag Anlaß zum Beschreiten neuer Wege:

ZEDA nicht mehr IBM-linientreu

08.02.1980

DÜSSELDORF - "Total weg von der IBM Orientierung" will die Wuppertaler ZEDA GmbH & Co.; dies ließ ZEDA-Geschäftsführer Bernhard Gabriel anläßlich der zum zehnjährigen Firmenjubiläum in einem Düsseldorf Hotel gegeben Pressekonferenz verlauten.

Fast zwanzig Jahre nachdem im ZEDA-Mutterhaus Vorwerk & Co. der erste Elektronenrechner Wuppertals installiert wurde - eine IBM-1401 -, verspürt man bei ZEDA "kein Honigsschlecken in der IBM-Linie" (Gabriel), wird "die IBM-Dominanz als Probleme empfunden" (ZEDA-Marketing-Chef Jörgen Kamm), mag man sich nicht mehr ausschließlich mit den Folgen von IBMs Announcement-Politik und dem schon irrationalen "Beharrungsvermögen" (Gabriel) des typischen IBM-Anwenders herumplagen ZEDA-Rezept für die achtziger Jahre: Zweite Beine schaffen ,beispielsweise Spezialisierung auf bestimmte Applikationen Kooperationsbereitschaft mit Hardware-Herstellern und Aktivitäten im Software-Engineering.

Die von den Wuppertalern proklamierte Kurskorrektur ist um so bemerkenswerter, als noch vor weniger als einem Jahr ein Beitrag Gabriels im ZEDA Hausblatt "Softainer" erschien, der die Überschrift. "IBM stärkt Softwarehäuser" trug und unter anderem den Satz enthielt: "ZEDA hat niemals eine deutlichere Anerkennung für ihre Leistung erhalten als durch dieses Announcement (der 4300 als Zusatzrechner für /370-Anwender; d. Red. des Marktführers."

In den zehn Jahren ihres Bestehens hat die ZEDA bei einer fast konstanten Beschäftigtenzahl von 170 ihren Umsatz von acht Millionen Mark 1970 auf 19,1 Millionen Mark 1979 gesteigert; der Umsatz je Mitarbeiter liegt jetzt bei 136 000 Mark; der durchschnittliche ZEDA-VB brachte im zurückliegenden Jahr über 1,3 Millionen Mark herein. Hauptumsatzträger sind ein integriertes Kreditbanken-Programm und der TP-/Multitasking-Monitor Shadow II. ZEDA zählt sich zu den zehn größten EDV Dienstleistungsunternehmen in der Bundesrepublik. Im ZEDA-RZ steht eine /370-168 mit fünf MB.

Stromlinienförmige Lösung

Besonders stolz, berichtete Gabriel sind die Wuppertaler auf Shadow II, denn Shadow werde zunehmend auch von Großrechner-Anwendern eingesetzt, die ja im Regelfall eigene Systemprogrammierung betrieben. Auch das DB-System Isogen II ("Das haben wir uns aus Australien geholt.") gewinne zusehends an Boden, nicht zuletzt, weil es zusammen mit Shadow eine stromlinienförmige One-Partition-Lösung darstelle. Überrascht zeigte sich Gabriel über das Stehvermögen von Quick-Draw, einem Diagnostik- und Dokumentationssystem für Alt-Software: "Totgesagte leben länger.'

Nach Gabriels Überzeugung wird GUTS, das Göteborg University Timesharing System, in nächster Zeit von sich reden machen, nicht pur weil dann ein Mangel behoben sein wird, mit dem er es jetzt "noch befrachtet" sieht: das fehlende Full-Screen-Support-Release. GUTS gilt bei ZEDA als so gut wie konkurrenzlos im Markt der IBM-Rechner und übertrifft beispielsweise TSO im Preis-/Leistungsverhältnis klar, wie man in internen Tests ermittelt haben will. Außerdem gebe es bereits ernsthafte Interessenten.

Eine Ist-Analyse, vorgenommen von Marketingleiter Kamm, enthielt folgende Hauptaussagen:

- 100 Kunden beanspruchen Dienstleistungen im Rahmen des regionalen RZ-Geschäfts der ZEDA. Durchschnittsumsatz pro Kunde und Jahr 10 000 Mark.

- 23 Kunden (Kreditbanken und Schuh-Einzelhandel) bedienen sich des Full Services und zahlen dafür im Durchschnitt 130 000 Mark pro Jahr an ZEDA.

- 170 Kunden, die insgesamt 250 ZEDA-Systemsoftware-Pakete installiert haben, kommen im Schnitt auf ein jährliches Zahlungsvolumen aus Mieten und Lizenzen von 20 000 Mark. Diese 170 Kunden stellen angeblich vier Prozent aller Betreiber von IBM-Rechnern /360, /370, 4300 und 303X in der Bundesrepublik dar.

Eine vom Markt her mögliche Steigerung der ZEDA-Umsätze scheitert nach Angaben Kamms an fehlendem VB-Personal. Für die achtziger Jahre hat die ZEDA sich eine Erweiterung ihrer Angebotspalette vorgenommen, die über das weiter betriebene Ausfindigmachen leistungsfähiger Systemsoftware um einiges hinausgeht. Als erstes will man mehr tun "in Richtung DB/DC und Kundenkomfort" (Gabriel).

Gemeint ist damit zum einen eine verstärkte Förderung von Shadow II samt umgebenden Softwareprodukten, zum anderen ein deutlicheres Hervorheben von Aspekten der Benutzerfreundlichkeit. Gabriel: "Mit den Erleichterungen die wir dem Kunden etwa bei Systemausfällen bieten können - keine großen Recovery-Läufe, kein DB-Laden - stehen wir neben IMS ziemlich alleine da."

Vom Frühsommer an werden die Wuppertaler neue, dialogorientierte und portable Systeme für Finanzbuchhaltung Auftragsabwicklung sowie Lohn- und Gehaltsabrechnung offerieren. Die Portabilität dieser Cobol-Programme, so erläutert der Software-Anbieter, werde durch parametergesteuerte Anpassung an die technischen Gegebenheiten der Zielmaschinen erreicht.

"Wir schämen uns nicht einzugestehen, daß wir Software-Literatur studieren und sind überrascht, wie fündig man da werden kann," erklärte Gabriel und stellte mit dieser Einleitung ein weiteres Vorhaben der ZEDA vor, das einstweilen unter dem Arbeitstitel "Formal-Methodische Projektabwicklung" (FMP) läuft.

FMP, so meinte Gabriel auf die Frage der COMPUTERWOCHE, sei nicht unähnlich dem Engineering-Konzept "Delta", entwickelt von der schweizerischen Sodecon AG und in Deutschland von der GMO, Hamburg, vertrieben, in der Wertigkeit aber höher einzustufen. Gabriel relativierend: "Bei FMP wird noch einiges zu tun sein."