Vorgänger Allaire wird CEO und Anne Mulcahy President

Xerox feuert CEO und President Rick Thoman

26.05.2000
MÜNCHEN (CW) - In einem überraschenden Schritt hat sich das immer noch vor allem mit Kopierern assoziierte US-Unternehmen Xerox Corp. von seinem CEO (Chief Executive Officer) und President Rick Thoman getrennt. Sein Vorgänger Paul Allaire will für die kommenden zwei Jahre die Geschicke des Unternehmens wieder selbst bestimmen.

Als President und COO (Chief Operating Officer) unterstützt ihn dabei die bisherige Marketing-Chefin Anne Mulcahy, die bereits seit 1976 für Xerox arbeitet. Neues Führungsgremium wird ein "Office of the Chairman", dem darüber hinaus Finanzchef Barry Romeril und Vice Chairman William Buehler angehören. Beobachter sehen in der neuen COO Anne Mulcahy bereits die kommende Xerox-Chefin.

Thoman, ehemaliger Topmanager von IBM, der das Amt erst im vergangenen April von Allaire übernommen hatte, konnte offenbar die in ihn gesetzten hohen Erwartungen nicht erfüllen. Obwohl der Abgang angeblich "in beiderseitigem Einverständnis" erfolgte, handelt es sich offenbar um einen klassischen Rausschmiss. Das "Wall Street Journal" zitiert einen Insider mit der Aussage, Allaire habe in den letzten Wochen den Vorstand auf seine Seite gebracht und Thoman anschließend mit der Entscheidung konfrontiert. "Thoman wusste von nichts. Er dachte, er steht besser da", meinte der Informant.

Konkrete Gründe für die Entlassung konnte oder wollte der einflussreiche Verwaltungsratschef Allaire nicht nennen. Er erklärte allerdings, sein Unternehmen brauche "eine Führung mit mehr Xerox-Erfahrung und -Background". David Nadler von der New Yorker Delta Consulting Group, die Xerox seit Jahren berät, bringt ein wenig mehr Licht ins Dunkel: "Rick hatte zwar die richtige strategische Ausrichtung, konnte diese aber nicht effektiv umsetzen." Die habe "beide Seiten frustriert".

Noch im vergangenen Jahr hatte Paul Allaire die hervorragende Qualifikation Thomans über den grünen Klee gelobt. Bei IBM war der Gerstner-Zögling zuletzt CFO (Chief Financial Officer) gewesen; zuvor hatte er den PC-Bereich verantwortet. Thoman erschien mithin als der richtige Mann, um erfolgreich ins digitale Zeitalter zu führen. Daraus wurde bis dato nichts.

Anfang Oktober vergangenen Jahres schickte zunächst eine Gewinnwarnung für das dritte Quartal die Xerox-Aktie um knapp 25 Prozent in den Keller. Im März dieses Jahres kündigte das Unternehmen dann die Entlassung von 5200 Mitarbeitern oder fünf Prozent seiner gesamten Belegschaft an. Am 4. April schließlich musste Xerox für das erste Quartal des laufenden Fiskaljahres einen Fehlbetrag von 243 Millionen Dollar ausweisen. Die Xerox-Aktie hat in den vergangenen neun Monaten mehr als 60 Prozent an Wert verloren und dümpelt derzeit bei knapp über 25 Dollar.