Wieder Parasiten im Internet

Wurm-Protest gegen Galileo

03.11.1989

MÜNCHEN(CW) - Die Virenbedrohung vom Kolumbustag und Freitag, dem 13., ist kaum überstanden, da kommt schon die nächste beunruhigende Meldung. Zum zweiten Mal wurde das amerikanische Internet-Netz von einem "Wurm" befallen (siehe auch Seite 94). Hintergrund: Protest gegen den Start der plutoniumbetriebenen Jupitersonde "Galileo".

Mit allen Mitteln hatten amerikanische Umweltschützer in den vergangenen Wochen und Monaten versucht, den Start des Space-Shuttles "Atlantis" zu verhindern, mit dem die Raumsonde "Galileo" auf den Weg zum Jupiter gebracht werden sollte. Sie befürchteten eine verheerende radioaktive Verseuchung durch den Plutoniumreaktor der Sonde, falls das Shuttle beim Start explodieren sollte.

Nach einem Bericht des Wall Street Journals bestätigte jetzt die NASA, daß sich seit den letzten Tagen vor dem Start ein "Wurm in einem seiner Computernetze ausgebreitet habe, der sich mit Meldungen wie" Würmer gegen nukleare Mörder" bemerkbar macht. Wie NASA-Sprecher Charles Redmond mitteilte, hat der Eindringling bis jetzt noch keinen Schaden angerichtet. Man fürchte jedoch, daß er irgendwann Daten zerstören könnte.

Betroffen ist wieder einmal das Internet-Netz, das bereits im November 1988 in die Schlagzeilen kam, als ein außer Kontrolle geratener Wurm 6000 daran angeschlossene Computer in die Knie zwang. Wie die NASA betont, sind die Systeme, die Galileo steuern, nicht an Internet angeschlossen. Nur einige Analysen von Galileo-Daten würden über das Netz gehen.

Bis zum Donnerstag vorletzter Woche hatte der Wurm mindestens drei NASA-Einrichtungen infiziert: das Goddard Raumfahrtzentrum in Maryland, das Jet Propulsion Laboratory in Pasadena und das Ames Research Center in der Nähe von San Francisco. Seine Spur konnte bis in die Schweiz zurückverfolgt werden.

Würmer sind Programme, die sich in einem Netz selbständig auf alle erreichbaren Rechner verbreiten. Im Unterschied zu Computerviren jedoch infizieren sie keine Programme, sondern Rechner, in denen sie als parasitäre Tasks laufen. Ihr Ziel ist es, in einem anderen Rechner im Netz eine Benutzerkennung samt zugehörigem Paßwort zu finden, die es ihnen erlaubt, sich dorthin zu kopieren und die Kopie auf diesem Rechner zu starten.