IT hilft Business

Wo ITIL sich in Fachabteilungen bewährt

11.11.2014
Von 
Daniela Hoffmann ist freie IT-Fachjournalistin in Berlin.
Der jahrelange Kostendruck auf die interne IT hat dazu geführt, dass sie ihre Serviceprozesse hervorragend im Griff hat. Wo viele Fachbereiche von effizient gestalteten und straff organisierten Abläufen weit entfernt sind, kann die IT-Abteilung als Prozessberater weiter helfen.
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Die Unternehmens-IT stand traditionell viel stärker als Fachabteilungen unter Druck, nicht Cost-Center sondern Profit-Center zu werden. Effiziente und automatisierte Abläufe haben sich in den letzten Jahrzehnten etabliert, eine Ausprägung des Drucks zur Standardisierung ist ITIL (IT Infrastructure Library). In ihr werden Best Practice formuliert, die sich Unternehmen als Blaupause greifen können, anstatt das Rad immer wieder neu zu erfinden - ohne dass es gleich rund läuft. Besonders geeignet sind dafür ITSM-Plattformen, die sich häufig als Grundlage eignen, auch die fachbezogenen Prozesse abzubilden.

Viele Unternehmen wissen gar nicht, auf welchen Schätzen sie sitzen, meinen deshalb ITSM-Experten. Denn viele Prozesse in den Fachabteilungen laufen durchaus analog zu den Aufgaben in der IT und die Fachbereiche könnten von der vorhandenen Prozessreife profitieren. Beispiel Gebäudemanagement: Im Fuhrpark ist eine Glühbirne kaputt. Das ist nicht weit vom defekten Monitor in der Buchhaltung entfernt. Ob Incident Request oder Wartungsanfrage, ob Change Request oder der Auftrag, eine neue Lampe anzuschaffen: die Abläufe ähneln sich. Das gilt für viele Bereiche, wie zum Beispiel das Beschwerdemanagement oder das Bewerbermanagement.

Eine Hürde ist die Kommunikation zwischen Fachabteilungen und IT. Für ITIL-Prozesse Werbung zu machen, dürfte wohl der falsche Weg sein, die Theorie ist vielen Praktikern zu abstrakt. Wenn die IT aber ihr Ohr an den Fachbereichen hat, bekommt sie viel über die konkreten Probleme dort mit. In den Service-Bereichen haben viele Unternehmen noch nicht ihre Prozesse zu Papier gebracht, es gibt also einen breiten Spielraum für die Experten aus der IT. Praktische Beispiele, wie sich ein Problem mit einem ITIL-Prozess lösen lässt, überzeugen und helfen dabei, das Bild der IT zu verbessern.

ITIL in der Logistik

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"Wir nutzen das aus der IT bekannte Prinzip des Service Desk nicht nur in der IT, sondern zunehmend auch für Abteilungen, die mit Kunden zu tun haben", berichtet ein Projekt-Manager aus dem IT-Service-Umfeld eines großen Logistikkonzerns. Incident-, Problem- und Change-Management folgten den gleichen Prinzipien, auch wenn die Ausprägungen in der Praxis ganz unterschiedlich aussehen. Bei Problemen werden automatisch Tickets angestoßen und Prozesse im Hintergrund sorgen für die effiziente Bearbeitung - nicht nur bei IT-Problemen. "IT-Service-Management ist im Endeffekt die bestmögliche Unterstützung von Geschäftsprozessen mit IT", sagt der IT-Manager. Innerhalb des Unternehmens gibt es mittlerweile sogar eine strategische Richtlinie, für Service-Prozesse als einheitliche Plattform die Lösung des ITSM-Anbieters ServiceNow zu nutzen.

Keyword-Recherche in der Datenbank

Ein Beispiel dafür ist die Bearbeitung von nicht angekommenen Lieferungen. Kundenanfragen dazu werden auf Basis von ITIL-Prozessen automatisiert an den nachgelagerten Support im jeweils zuständigen Land weitergeleitet. Auch eine intensive Analyse ist möglich, um Zusammenhänge festzustellen, die ohne den übergreifenden Blick auf die Tickets nicht möglich wäre - beispielsweise um zu erkennen, ob etwa Lieferungen immer an der gleichen Stelle in der Lieferkette verschwinden. Wie beim Knowledge Management können die Mitarbeiter nach Keywords in einer Datenbank mit Artikeln recherchieren, um zu der Problembeschreibung der Kunden Hinweise auf den besten Lösungsweg zu finden und gegebenenfalls gleich am Telefon die richtigen Informationen abzufragen. Neue Lösungswege werden wiederum in die Knowledge Base eingepflegt.

Auch für andere Anfragen werden ITIL-Prozesse auf Basis von ServiceNow genutzt. "Eine Abteilung hat uns ihr Problem geschildert, dass der Eingang von mehreren 1000 unstrukturierten E-Mails am Tag, die sortiert werden mussten, kaum noch zeitlich zu handhaben war. Auch hier passte das Prinzip des Service Desk für das gegebene Problem, denn es eignet sich unabhängig davon, ob die Lösung 50 oder 500 Mitarbeiter betrifft", erinnert sich der Projekt-Manager. Zuvor lief alles manuell: Die Anfragen kamen per E-Mail oder Telefon herein, hinzu kam eine erhebliche Anzahl von Mails, mit denen Kollegen Anfragen an einen anderen Kollegen weiterleiteten. Die Abteilung nutzte ein E-Mail-Postfach und arbeitete mit MS Office. Zwar könne man auch dort einiges an Logik einbringen, doch die Automatisierung fehle, konstatiert der Experte.

Automatische E-Mail-Analyse und Weiterleitung

In der neuen Best-Practice-Anwendung werden all diese Anfragen gesammelt, E-Mails anhand von Keywords analysiert und zum richtigen Ansprechpartner weiter geleitet. Für den Restbestand, der sich nicht zuordnen lässt, wurde der Fragestellungsprozess für die richtige Zuordnung automatisiert. Unterm Strich habe man den internen Austausch wegen nicht zuordenbarer Mails erheblich verringern können, so der IT-Manager.

Doch warum eignen sich die ITIL-Prozesse besonders gut, um für andere Bereiche adaptiert zu werden? Im Grunde sei es nahe liegend, ITIL einheitlich konzernweit einzusetzen. Das Framework bietet erprobte Abläufe für Serviceaufgaben. Zwar wurde es einst für die IT-Prozesse entworfen, mittlerweile zeigt sich aber, dass sich die Best-Practices durchaus auch auf andere Segmente im Unternehmen übertragen lassen. Neben den Serviceabläufen weist der Manager des Logistik-Konzerns auch auf das Potenzial des Asset-Managements hin, das sich ebenfalls als Anwendungsgebiet für Non-IT-Bereiche eignet.

Die Gestaltung der Abläufe anhand des ITIL-Frameworks sorgt für Anerkennung und tut dem Standing der IT innerhalb eines Unternehmens gut. "Das Bild der IT ist ein anderes geworden: Der Austausch an sich hat sich verändert, die IT wird nicht mehr nur als Zulieferer wahrgenommen, sondern als Ansprechpartner, der gute Ideen hat, wie sich Abläufe besser automatisieren lassen", schildert der ITIL-Experte die Veränderung.