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"Wir haben die Talsohle noch nicht erreicht"

08.08.2001
Cisco verzeichnete in seinem vierten Fiskalquartal einen Umsatzrückgang von 1,4 Milliarden Dollar oder 25 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Firmenchef John Chambers rechnet künftig mit weiteren Einbußen.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Zahlen, die Cisco Systems am gestrigen Dienstagnachmittag für das vierte Fiskalquartal 2001 vorlegte, lagen zwar im Rahmen der Analystenerwartungen, der Ausblick für das laufende Quartal drückte jedoch auf die Stimmung an der Börse. Der kalifornische Netzwerkausrüster rechnet im ersten Geschäftsquartal 2002 mit einem Umsatzrückgang von bis zu fünf Prozent gegenüber dem gerade abgelaufenen Berichtszeitraum. Der Cisco-Kurs, der im regulären Handel um 1,43 Prozent niedriger bei 19,26 Dollar geschlossen hatte, rutschte nachbörslich um weitere 1,87 Prozent auf 18,90 Dollar ab.

Im vierten Fiskalquartal, das am 28. Juli endete, verzeichnete Cisco einen mageren Nettoprofit von sieben Millionen Dollar oder Null Cent je Aktie. Ein Jahr zuvor hatten die Netzwerker noch einen Nettogewinn von 796 Millionen Dollar gemeldet. Immerhin schrieb Cisco im vierten Geschäftsquartal wieder positive Zahlen, nachdem das Unternehmen im dritten Fiskalquartal aufgrund von hohen Abschreibungen für Lagerüberbestände einen Nettoverlust von 2,69 Milliarden Dollar ausgewiesen hatte - den ersten Quartalsverlust in der Geschichte des Unternehmens überhaupt (Computerwoche online berichtete).

Ohne Berücksichtigung von Abschreibungen unter anderem für Akquisitionen und anderen einmaligen Sondereffekten erwirtschaftete Cisco im abgelaufenen Fiskalquartal einen Gewinn von 163 Millionen Dollar oder zwei Cent je Aktie. Im vergleichbaren Vorjahresquartal lag der Pro-forma-Profit bei 1,2 Milliarden Dollar oder 16 Cent pro Anteilschein.

Der Umsatz fiel gegenüber dem vierten Fiskalquartal 2000 um 25 Prozent oder 1,4 Milliarden Dollar auf 4,3 Milliarden Dollar. Im Vergleich zum dritten Geschäftsquartal 2001 gingen die Einnahmen um neun Prozent zurück.

Laut Cisco wurde im vierten Fiskalquartal mit 17 Prozent vom Umsatz ein ungewöhnlich hoher Anteil mit Service- und Support-Verträgen eingenommen. Auf der anderen Seite seien die Umsätze aus dem Geschäft mit Telekommunikationsanbietern gegenüber dem dritten Geschäftsquartal um 15 Prozent zurückgegangen.

Geschäftsjahr 2001

Im gesamten Geschäftsjahr 2001 verbuchte der Router-Spezialist einen Nettoverlust von 1,01 Milliarden Dollar oder 14 Cent je Aktie. Ein Jahr zuvor hatte Cisco noch einen Profit von 2,67 Milliarden Dollar oder 36 Cent pro Anteilschein gemeldet. Der Umsatz kletterte jedoch von 18,93 Milliarden Dollar im Jahr 2000 auf 22,29 Milliarden Dollar.

Für das erste Geschäftsquartal 2002, das im Oktober endet, rechnet Cisco-Chef John Chambers mit einem Umsatzrückgang von fünf Prozent gegenüber dem gerade abgelaufenen Berichtszeitraum. "Unsere Branche hat die Talsohle noch nicht erreicht", erklärte er. Chambers sagte, er habe "einige Zeichen" für eine Marktstabilisierung in den USA ausgemacht: "Wir sind verhalten optimistisch, dass die Talsohle in den USA in den kommenden ein bis zwei Quartalen erreicht sein wird." Allerdings befürchtet der Cisco-Chef, dass aufgrund der sich verschlechternden Lage in Europa und Asien erneute Schwierigkeiten auf den US-Markt zukommen könnten.

Langfristig rechnet Chambers wieder mit Wachstumsraten von 30 bis 50 Prozent, wie man sie in der Vergangenheit erlebt hatte. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass sich der Markt erhole und das Unternehmen richtig handele. Den Marktbeobachtern riet der Cisco-Chef, ihre Prognosen konservativ zu halten.

Chambers: Keine weiteren Entlassungen

Die jüngsten Kostensenkungsmaßnahmen haben dem Unternehmen im abgelaufenen Fiskaljahr eine Milliarde Dollar an operativen Kosten eingespart. Im April hatte das Unternehmen die Entlassung von 8500 Beschäftigten angekündigt. Betroffen waren 6000 der 44.000 festangestellten Mitarbeiter und 2500 Teilzeitkräfte. Chambers rechnet künftig nicht mit weiteren Stellenkürzungen. Finanzchef Larry Carter erklärte jedoch, dass die Personalzahl aufgrund der natürlichen Fluktuation sinken werde.

Einige Marktbeobachter erklärten, der von Cisco prognostizierte Umsatzrückgang von fünf Prozent im laufenden Fiskalquartal entspreche ihren Erwartungen. Eine Analystin von SG Cowen Securities sagte, Chambers habe zwar von Stabilisierungssignalen gesprochen, gleichzeitig die Tür jedoch für einen Negativtrend offen gelassen: "Alles in allem ist das Schlimmste aber vorbei, was den Überraschungseffekt anbelangt. Positiv ist, dass Cisco eine gewisse Stabilität erreicht hat und sein operatives Geschäft auf Profitabilität ausrichtet."