Studie für den österreichischen Forschungsminister ergibt:

Wiener Regierung stärkt IBMs Monopol

11.12.1987

WIEN (apa) - Eine wissenschaftliche Untersuchung im Auftrag des österreichischen Wissenschafts- und Forschungsministeriums lieferte kürzlich den Beweis, daß Big Blue bei staatlichen DV-Aufträgen eine Monopolstellung genießt. Die alpenländischen Innovationsforscher empfehlen nun - wenigstens bei der Software - eine Art österreichischen Protektionismus.

Rund 2,5 Milliarden Schilling investiert der Staat pro Jahr in die Anschaffung von DV. Innerhalb eines Jahrzehnts haben sich diese Ausgaben nahezu vervierfacht. Den Grundsätzen und Tendenzen in der Beschaffungspolitik des Großabnehmers Staat sind Forscher am Institut für sozio-ökonomische Entwicklungsforschung und Technikbewertung (ISET) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften nachgegangen. Der Titel: "EDV-Beschaffung als Instrument staatlicher Technologiepolitik."

Fazit der Untersuchung, die die Jahre 1974 bis inklusive 1985 berücksichtigte: Größere Flexibilität bei der Vergabepraxis von Aufträgen, vor allem im Bereich der Software, könnte dazu führen, die Innovationsmöglichkeiten heimischer Firmen zu fördern. Anhand zahlreicher Interviews wurde die Beschaffungspraxis, der gesamte Vorgang von der Projektierung über die Ausschreibung bis zur Auftragsvergabe, durchleuchtet.

Insgesamt hat die Vergabepraxis bei staatlichen DV-Aufträgen die Monopolstellung der IBM vor allem auf dem Hardwaresektor lange Zeit hindurch "bestätigt und gestärkt". Österreichische Anbieter kamen kaum zum Zug. Durch die Festlegung auf technische Standards dieses einen Herstellers habe sich gezeigt, so die Studie, daß die Entscheidungsfreiheit der beschaffenden Behörde schon in einem Bereich eingeschränkt ist, wo sich ein Großabnehmer wie die Republik doch einige Bewegungsfreiheit offenlassen sollte. Der Versuch heimische Anbieter verstärkt in der Beschaffungspolitik des Bundes zu berücksichtigen, sei deshalb als gescheitert zu beurteilen.

Österreich sei aber, merkten die Autoren an, keinesfalls als technologisches Entwicklungsland einzustufen. Der Grad der Computerisierung entspreche weitgehend dem der BRD; Unterschiede bestehen nur in der Anlagengröße: Die "typische" deutsche Anlage liege in der Größenordnung von 1 Million Mark, während die "typische" österreichische bei 1 Million Schilling liege. In Österreich sei es aber nicht gelungen, eine nationale DV-Industrie aufzubauen. Und in der Vergangenheit gab es für heimische Firmen durch die Auftragsvergabepolitik staatlicher Stellen, die sich immer auf die sogenannte Önorm 2050 beruft, kaum Anreize zu innovativen Aktivitäten. Die in der Önorm vorgesehenen Möglichkeiten österreichische Anbieter zu bevorzugen, würden aber nur selten genutzt.

Die Wissenschaftler konzedieren zwar, daß die Konzentration des Großabnehmers Staat bei der Beschaffung von Hardware und in bestimmten Bereichen auf einen Anbieter durchaus sinnvoll sein kann (eingespieltes System, gute Serviceleistungen), vor allem, wenn es praktisch keine gleichwertigen heimischen Anbieter gibt. Im Gegensatz dazu hätte ein verstärktes Heranziehen österreichischer Produzenten bei der Anschaffung von Software jedoch ein innovationsfreudigeres Klima in diesem Bereich geschaffen.

Die Forscher zeigen einige Strategien auf, die dem DV-Markt in der Alpenrepublik neue Impulse geben könnten. Da die österreichischen Anbieter auf ein äußerst kleines Spektrum reduziert sind, sei für eine technologie- und innovationspolitische Einflußnahme ein Neubeginn notwendig. Chancen bestünden vor allem darin, auf die nationalen Bedürfnisse bei Spezialgebieten (Software) einzugehen und das Know-how unter Zukauf der nötigen Technologie zu entwickeln.